Umstrittene Rückwidmung beim Badl-Areal

Die unendliche Geschichte rund ums Wörgler „Badl“ geht in die nächste Runde: Die vom Gemeinderat am 19. Februar 2019 mehrheitlich gefassten Beschlüsse zur Rückwidmung des Areals auf den ursprünglichen Verwendungszweck bedeuten das Aus für das geplante, innovative Projekt der Eigentümer-Gesellschaft.

Naturkindergarten, Schule, Demenz- und Burn Out Einrichtungen, Start-Ups – die Eisenstein GmbH feilte in den vergangenen Jahren an einer Mischnutzung des Areals, bei dem nicht die Profit-Maximierung, sondern sozialer Mehrwert angepeilt wurde. Eine Einigung mit der Stadt kam bislang aber nicht zustande. „Da mit der Eisenstein GmbH hinsichtlich der Sonderflächennutzung keine Einigung erzielt werden konnte und bis heute kein schlüssiges Konzept für die Nutzung des Areals vorliegt, ist die Stadtgemeinde gezwungen, die bestehende Widmung aufzuheben und die ursprünglich vorhandene Widmung Sonderfläche Tennisplatz und Freiland wieder in Kraft zu setzen“, heißt es im Antrag des Technik-Ausschusses.

Keinen zwingenden Grund zur jetzigen Rückwidmung hingegen sahen die Mandatare der Wörgler Volkspartei, vom Team Wörgl, der Liste Junges Wörgl sowie der Wörgler Grünen – und so vielen die Beschlüsse betreffen die Änderung der Flächenwidmung sowie der Raumordnung mit 13 Ja-Stimmen der Liste Hedi Wechner sowie der FWL bei 7 Gegenstimmen und einer Enthaltung.

Die Entscheidungsgrundlage für die Änderung des Raumordnungskonzeptes arbeitete die Terra Cognita Claudia Schönegger KG aus: „Ausgehend vom bestehenden sanierten Bestand soll die Ausflugsgastronomie ausgebaut werden. Qualitätsvolle, standortbezogene Nutzungen insbesondere im Bereich Erholung und Sport sollen ermöglicht sowie durch ein spezialisiertes Beherbergungs- bzw. Regenrationsangebot ausgebaut und ergänzt werden.“ Auch „naturbezogene Bildungsangebote sollen ermöglicht werden.“ Es solle aber kein „baulicher Entwicklungsbereich geschaffen werden“, die Erweiterung des Bestandes bei Neubauten und Anlagen solle entsprechend der „vorhandenen Infrastruktur (Zufahrtsstraße) dimensioniert“ werden. Somit sind Sondernutzungen für Freizeit, Erholung, Regeneration, Sport inkl. Gastronomie und Beherbergung sowie naturraumbezogene Bildungsangebote möglich. Die Schaffung von Freizeitwohnsitzen ist nicht zulässig. Wie sich auf Nachfrage herausstellte, der Bau eines Feriendorfes aber sehr wohl.

Kontroverse Diskussion im Gemeinderat

Bei der aktuellen Entscheidungsfindung spielt die Vorgeschichte eine nicht zu unterschätzende Rolle, wobei hier die Gesprächsbasis von Misstrauen und Vorurteilen beeinträchtigt wird. Das „Badl“ war politischer Zankapfel, seitdem die Immobilie des traditionsreichen Wörgler Ausflugszieles vor über 10 Jahren zum Verkauf angeboten wurde.

Und so wurde die Chronologie auch bei der aktuellen Gemeinderatsitzung in Erinnerung gerufen. Zunächst vom Rechtsanwalt Dr. Andreas Widschwenter, der als Ersatzgemeinderat den abwesenden Gemeinderat Hubert Mosser vertreten hat: „Im Februar 2014 wurde das Gelände mit der Großbeherbergungswidmung erworben. Und diese Widmung wurde vor Abschluss des Kaufvertrages von der Gemeinde bestätigt.“ Die Eisenstein GmbH erwarb das Grundstück, für das die Gemeinde 2010 eine Sonderflächenwidmung für den Bau eines Hotels mit 100 Zimmern und 200 Betten erteilt hatte. Die damalige Betreibergesellschaft Home of Balance hat das geplante Projekt nicht realisiert. „Die Gemeinde kam daraufhin auf die Eisenstein GmbhH zu, dass man etwas Passenderes entwickeln solle“, so Widschwenter. Das Resultat war ein Kaufangebot der Stadt, das von den beiden Vizebürgermeistern unterzeichnet wurde, nicht aber von der Bürgermeisterin. „Ende 2014 war ein Komplementärmedizin-Zentrum beabsichtigt. Während der Flüchtlingskrise 2015 trat das Land an die Eigentümer heran, dort Flüchtlinge unterzubringen“, so Widschwenter. Worauf die „Ruine“ von der Eisenstein GmbH vorbildlich saniert wurde und das Flüchtlingsheim mit 53 Betreuungsplätzen im Dezember 2015 in Betrieb ging.  Bei der Weiterentwicklung der Restfläche habe man für das innovative Konzept bereits positive Signale von der Raumordnungsabteilung des Landes erhalten, so Widschwenter, der betonte, dass es da „nicht um Wohnbau und Gewerbetriebe geht“ und die positive Diskussion jetzt durch eine nicht zwingende Widmungsänderung in Gefahr sei. Er appellierte, „gemeinsam eine Lösung zu finden“ anstatt die Flächen wieder in Freiland zu widmen. Was Widschwenter angesichts der jetzigen betrieblichen Nutzung als Flüchtlingsheim (vormals Gasthof mit Eigentumswohnung)  als „kühn“ bezeichnete.

Bürgermeisterin Hedi Wechner erklärte, sie wolle „die berührende Historie mit Fakten“ ergänzen. Ihre Unterschriftsverweigerung begründete sie damit, dass der Kaufpreis um 250.000 Euro höher gewesen wäre als jener Betrag, den die Eisenstein GmbH für das Gelände bezahlt hatte. Auch sei kein Nachnutzungskonzept vorgelegen. „Wir wollen hier keinen Persilschein für Gewerbe und Wohnen für 20 bis 30 Personen – das ist Wohnbau“, so Wechner. Auch die Tennisplatz-Lösung gefällt ihr nicht. Der Verein miete die Plätze jetzt um 12.000 Euro im Jahr, das sei zu viel. Wechner kritisiert die Regelung, dass diese Vereinbarung nicht auf eine festgelegte Zeit abgeschlossen wurde, sondern mit der Vereinbarung „bis zum Eigenbedarf der Betreiberin“. „Kann der Tennisverein dann nicht mehr auf die Plätze zurückgreifen?“ so Wechner. Die Pachthöhe kritisierte auch Vizebgm. Mario Wiechenthaler und wies darauf hin, dass der TC ja nicht nur Flächen der Eisenstein GmbH nütze. Wenn nun die Dorfinteressentschaft ebenfalls mehr Pacht wolle, könne das der Verein ohne finanzielle Hilfe nicht mehr stemmen. Wiechenthaler rief ebenfalls die Historie in Erinnerung: „Vor 2010 wollte die Gemeinde das Badl kaufen, um weniger als eine Million Euro. Das wurde von der ÖVP abgelehnt. Und als das Badl dann über eine Million Euro gekostet hat, wart ihr dafür.“

„Wozu erst rückwidmen, wenn es Gespräche gibt? Der Zeitpunkt ist mehr als merkwürdig und macht einen trotzigen Eindruck“, meinte GR Michael Riedhart von der Jungen Wörgler Liste, der auch anmerkte, dass „die emotionalen Wogen aus den vergangenen Perioden hoch gehen“ und sich der Tennisclub „über eine Lösung gefreut hat.“ Riedhart betonte, dass die Ansiedlung von Start Ups wichtig sei für die Stadt. „Das wurde dort von der Aufsichtsbehörde beim Land als Zersiedelungstendenz gewertet und abgelehnt“, merkte der stellvertretende Technik-Ausschussleiter GR Andreas Schmidt an.

„Die Vorgeschichte aufwärmen bringt nichts“, erklärte Technik-Ausschussleiter Stadtrat Ing. Emil Dander und hält die vorgelegte Raumordnungsänderung für einen „Meilenstein“. Der Vorschlag für die Liegenschaft sei gut und solle nun mit Leben erfüllt werden.

Stadt will weitere Gespräche führen

Im Hinblick auf die weitere Vorgangsweise erkundigte sich Widschwenter nach einem Schreiben Dr. Sallingers im Auftrag der Badl-Eigentümer an die Stadt und was dieses beinhalte. „Nach §73 TROG2019 kann der Grundeigentümer eine Flächenwidmung beantragen. Er hat Rechtsanspruch auf eine Behandlung, wenn dieser Antrag gestellt ist. Es muss ein Planungsgespräch durchgeführt werden, wenn drei Monate lang im Gemeinderat keine Entscheidung fällt. Und dann muss binnen sechs Monate ein Beschluss gefasst werden“, erklärte Bauamts-Jurist Dr. Peter Egerbacher den Sachverhalt. „Wir werden dieses Planungsgespräch führen“, kündigte Wechner an. Eine Widmung könne dann nur punktgenau erfolgen. „Selbstverständlich sind uns weitere Gespräche ein Anliegen“, so Wechner.

„Durch die heutige Raumordnungsänderung sollen die Voraussetzung für ein einreichfähiges Projekt geschaffen werden“, so Schmidt. Es beinhalte „einen Großteil der beabsichtigten Nutzung außer Gewerbe und Wohnbau“.

Grün-GR Richard Götz stellte ebenfalls fest, dass „jetzt kein Zwang für eine Rückwidmung besteht“ und fragte nach, wie es denn dann in ähnlichen Fällen gehandhabt wird: „Werden dann alle nicht genützten Sonderflächenwidmungen rückgewidmet?“ Da gäbe es einige, ein großes etwa an der Innsbrucker Straße. Beantwortet wurde diese Frage nicht.

„Jetzt ist im Raumordnungskonzept ein Beherbergungsgroßbetrieb verzeichnet. Das hätte man schon 2013 aufheben sollen, das kann nicht so bleiben“, erklärte GR Dr. Herbert Pertl von der Liste Hedi Wechner. Damit sei man 6 Jahre in Verzug. Das von der Eisenstein GmbH vorgelegte Projekt sei jetzt noch „inhaltslos und nicht genehmigungsfähig. Wer ist der Betreiber? Welche Institutionen?“

Bgm. Wechner beleuchtete nochmals die Widmungs-Historie: „Die Widmung erfolgte zu einer Zeit, als eine Änderung des Raumordnungskonzeptes erfolgte.“ Die Home of Balance-Gesellschaft hatte die Option, bis 2015 den Beherbergungsgroßbetrieb zu bauen. Wechner: „Mit dem neuen elektronischen Flächenwidmungsplan wäre die Rückwidmung ex lege nach fürn Jahren automatisch vorgenommen worden.“

Abgestimmt wurde schließlich über die Änderung des Raumordnungskonzeptes, die Rückwidmung auf Sonderfläche Tennisplatz und Freiland sowie über eine Änderung des Flächenwidmungsplanes betreffend eine Fläche von 4.184  Quadratmeter, die bei Realisierung des Hotels als Ausweichfläche für den Tennisverein vorgesehen war, aber nicht gebraucht wurde, da der Tennisplatz bis auf weiteres auf der bereits bestehenden Anlage genützt wird.

Rechtsanwälte am Zug

„Unser Projekt, so wie es geplant war, ist damit gestorben. Den Rest klären jetzt die Anwälte“, kommentiert Roland Ponholzer für die Eisenstein GmbH die Gemeinderatsbeschlüsse. Das Thema sei für ihn „momentan beendet“.