Machtpolitik im Wandel der Zeit – dieser gesellschaftspolitisch hochbrisanten Thematik widmete sich am 6. April 2017 ein Abend im Tagungshaus Wörgl mit dem der Politikwissenschafter Martin Senn vom Institut für Politikwissenschaft an der Uni Innsbruck und den beiden Wörgler Buchautoren Walter Hohenauer und Andreas Madersbacher, die mit einer Lesung anhand von Figuren aus ihren Büchern „Zur Hölle mit den Bürokraten“ und „Der Folterknecht Gottes“ unterschiedliche Aspekte der Macht beleuchteten.
Kann Macht durch Moral gezähmt werden? Welche Formen von Machtpolitik gibt es heute? Was sind die Motive dahinter? Befindet sich unser politisches System in einer Krise? Und wie begegnet eine demokratische Gesellschaft dem Machtstreben etwa von Populisten oder Konzernen heute? Viele Fragen und eine spannende Diskussion bot der Abend, aus dem der Moderator Martin Senn, der selbst 10 Jahre in Wörgl gelebt hat, als Quintessenz forderte, verstärkt in politische Bildung, die derzeit ein Schattendasein friste, und Vermittlung von Medienkompetenz zu investieren.
„Die Machtpolitik erlebt derzeit eine Renaissance“, stellte Martin Senn, der sich als Politikwissenschafter mit dem Bereich internationaler Politik befasst, einleitend fest. Machtpolitik sei ein vielschichtiges Phänomen, das von Androhung von Gewalt über Bestechung, Regeln und Institutionen bis hin zu dem, was Menschen glauben und wollen wirke. „Diese verschiedenen Schattierungen von Macht sind alle in den Büchern angesprochen. Politik ist ein Wechselspiel von Streben und Zähmen von Macht, das beleuchten beide Werke“, so Senn.
Anhand von Figuren aus den Romanen ging Andi Madersbacher dem ungezügelten Machtstreben im 13. Jahrhundert vor der Entstehung des Humanismus nach und Walter Hohenauer konzentrierte sich auf die Zähmung der Macht in der heutigen Demokratie. „Beide Werke sind eine Warnung und ein Statement. Zu denken, man brauche einen starken Führer, ist heute die größte Gefahr“, erklärte Senn.
Beide Romane zeigen die Werkzeuge der Machtpolitik, die sich im Laufe der Jahrhunderte gewandelt haben. Setzt der Folterknecht auf Anwendung von Gewalt, so bedienen sich die machthungrigen politischen Umstürzler in Hohenauers Buch, das im heutigen Österreich spielt, der Macht der Manipulation der Gedanken durch die Medien. Die Folgen sind in beiden Fällen fatal.
Um den Umgang mit Macht heute kreiste die Publikumsdiskussion. „Ich möchte keine Regierung, die machtlos ist“, lautete ein Statement, das die Frage aufwarf, was Nationalstaaten heute der Wirtschaftsmacht von international operierenden Konzernen auf globaler Steuerflucht entgegensetzen können. „Der Politiker ist heute zum Spielball geworden und verschiedenen Kräften ausgeliefert“, resümierte Bürgermeisterin Hedi Wechner. Durch die social media-Kultur im Internet sei ein Politiker heute sehr viel mit Außendarstellung beschäftigt und komme auf Inhalte nicht mehr zu sprechen.
Die Inhalte kommen auch in der Medienberichterstattung vielfach zu kurz. „Ein Indikator dafür ist allein die Sendungslänge von Nachrichten“, erklärte Senn. Den Trend zum Infotainment kennt auch Andi Madersbacher, der selbst beim Radio arbeitet und die Praxis kennt: „Es gibt den Abschaltfaktor, der besagt, dass jedes gesprochene Wort über 1 Minute und 30 Sekunden zu viel ist. Redakteure sind angehalten, dieses Zeitlimit einzuhalten.“ „Die Medienlandschaft beinhaltet aber auch ausführliche, gut recherchierte Printmedien – die Frage ist nur, wer sie noch liest“, stellte Walter Hohenauer fest. „Wir stellen bei unseren Studenten fest, dass heute viele nicht mehr wissen, was Sache ist und auch der Infobedarf nicht mehr da ist. Jungen Menschen muss mehr Medienkompetenz mitgegeben werden. Nachrichten vergleichen, hinterfragen – da hat die nächste Generation ein Defizit“, weiß Martin Senn und sorgt sich, dass die US-amerikanische konzerngesteuerte Meinungsmanipulation am Sprung nach Europa ist – Stichwort frei Erfundenes wie „Alternative Fakten“ von Donald Trump. „Da stehen Konzerne dahinter und durch die neuen Medien sind diese massiv öffentlichkeitswirksam“, so Senn.
Abschließend wurden die beiden Buchautoren nach weiteren Veröffentlichungen gefragt. Während Mag. Walter Hohenauer die nächste Aschermittwochrede, aber kein weiteres Buchprojekt auf seiner Agenda stehen hat, schreibt Mag. Andreas Madersbacher an zwei weiteren Büchern: „In drei Wochen erscheint der Roman „Der Organist“. Ein blutrünstiges Werk, für das die historische Vorlage ein Menschenfresser aus Schlesien geliefert hat. In Arbeit ist „Der Feuervogel“, die Geschichte eines jungen Mannes zur Zeit des Kriegszuges von Hannibal über die Alpen. Dieser Roman wird Ende 2017 erscheinen“, teilte Madersbacher mit.
Und wer die beiden Bücher „Zur Hölle mit den Bürokraten“ von Walter Hohenauer und „Der Folterknecht Gottes“ von Andreas Madersbacher, der unter dem Pseudonym Malte Alsen schreibt, noch nicht gelesen hat, sollte sich die gleichermaßen unterhaltsame wie spannende Lektüre nicht entgehen lassen.