Wissenswertes rund um Geld & Währungen

Geld und Währungen unterliegen im Wandel der Zeit stetig Veränderungen. Heute dominieren Währungsmonopole wie Euro oder Dollar. Aufkommende Regional- und Kryptowährungen zeigen aber, dass Geld auch anders funktionieren kann. Was Geld ist, war und wird – darauf ging der internationale Geldexperte und selbständige Berater für Komplementärwährungen Dr. Leander Bindewald bei seinem informativen Vortrag am 10. März 2020 in Wörgl im Rahmen des Interreg-Kleinprojektes „Gemeinsam Grenzüberschreitend Geld & Gesellschaft gestalten – Komplementäre Währungen als Gestaltungsmittel für die Kommunal- und Regionalentwicklung“ ein.

Bindewald ist Mitarbeiter beim Netzwerk für monetäre Vielfalt monneta.org und befasst sich seit über 10 Jahren intensiv mit dem Thema Geld. Nach dem Studium von Neurobiologie, Philosophie und Wirtschaft befasste er sich in seiner Doktorarbeit in Ökonomie mit dem Thema „The grammar of money“ mit Sprache und Begriffsdefinitionen rund um Geld und Währung. „Geld ist heute nur noch ein abstraktes, soziales Konstrukt – ein Versprechen. Es geht nur noch um Vertrauen“, diagnostiziert Bindewald und räumt ein: „Sogar die Bank of England gibt zu, dass niemand weiß, was Geld eigentlich ist.“

In der Begriffsdefinition ist Geld die Idee, mittels Einheitensystem die Zusammenarbeit einer Gemeinschaft zu regeln, und Währung die Umsetzung dieser Idee auf unterschiedliche Art, für unterschiedliche Zwecke und verschiedene Gemeinschaften. So gefasst sind auch die Wörgler Kerbhölzer im Heimatmuseum eine Währung – sie stellten über Jahrhunderte einen sozialen Vertrag für die Bewirtschaftung gemeinschaftlich genützter landwirtschaftlicher Flächen dar, waren eine doppelte Buchhaltung in Arbeitszeit.

Mehr Kreativität beim Geld, darin hat Wörgl mit dem Wörgler Freigeld  in den 1930er Jahren als basisdemokratisch legitimiertes Bürgergeld historische Tradition. Bei der Umsetzung der Idee Geld entstehen heute neben Zentralbank-Währungen, die von Banken geschaffen werden, zunehmend andere Gelder.  Die Monopol-Struktur der „flachen Vielfalt“ der staatlichen Währungen bewege sich hin zu mehr „tiefer Vielfalt“ beim Geld. Bindewald zieht dabei den Vergleich mit der Ökologie, in der Monopolkulturen zwar für Effizienz, aber auch für Anfälligkeit stehen, während Diversität im Ökosystem die Widerstandsfähigkeit stärkt. „Mit mehr Währungen lassen sich auch mehr Werte abbilden“, sieht Bindewald als Vorteil.

Von 2012 bis 2015 leitete Dr. Leander Bindewald für die New Economic Foundation in London das EU-Projekt „Complementary Currencies in Action“ CCIA, an dem 8 Organisationen aus vier Ländern beteiligt waren. Die Kosten von 5,5 Millionen Euro trug zur Hälfte die Europäische Union. Beim bisher größten transnationalen Projekt auf dem Gebiet der Komplementärwährungen arbeiteten Experten aus dem gesamten nordwestlichen Raum Europas mit, es begleitete sechs Pilot-Währungen im Vereinigten Königreich, in Belgien, den Niederlanden und Frankreich. Zur Zielsetzung zählte, durch Komplementärwährungen Dienstleistungen und Organisationen zu demokratisieren, Ungleichheit und soziale Ausgrenzung zu vermindern, ökologisches Handeln und die mittelständische Wirtschaft zu unterstützen.

Zu den beteiligten Initiativen zählte die Regionalwährung Bristol Pound sowie soziale Zeitwährungen.  Die solidarische Bank der Stadt Nantes in Frankreich brachte ihre Erfahrungen bei der lokalen Kreditvergabe nach dem Prinzip des WIR-Frankens in der Schweiz ein und ein belgischer Abfallentsorger schuf mittels Punktesystem einen lohnenden Anreiz fürs Mülltrennen. Dokumentiert sind Ergebnisse und Erfahrungen des Projektes im Buch „People Powered Money“ auch online, Info auf https://monneta.org/tag/ccia/

„Heute gibt es weltweit hunderte B2B-Währungen, herausgegeben von Unternehmen“, informierte Bindewald und wies auch auf Komplementärwährungen im öffentlichen Sektor hin. Dabei nannte er u.a. die Torekes in Ghent/Belgien, die mit sozialen Diensten verdient und für die Bezahlung der Pacht von Schrebergärten eingeführt wurden.

Beim bis Mai 2020 laufenden Interreg-Kleinprojekt „Gemeinsam Grenzüberschreitend Geld & Gesellschaft gestalten“ ist die Stadtgemeinde Wörgl Projektträger. In der Umsetzung arbeiten unter der Projektleitung von Mag. Joanna Egger vom Verein komm!unity das Unterguggenberger Institut in Wörgl und auf der bayerischen Seite der Euregio-Region die Chiemgauer Regionalwährung als Projektpartner zusammen. Ziel ist die Bündelung von Wissen und Erfahrungen bestehender Komplementärwährungen und langfristig der Aufbau eines Kompetenz-Zentrums für Währungsdesign.

Weitere Infos auf https://unterguggenberger.org/geld-im-umbruch-was-anders-wird/