Zwischenbilanz der Wörgler Stadtregierung zur Arbeitsübereinkunft

Im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz präsentierten am 11. Mai 2017 die beiden Gemeinderatsfraktionen Liste Hedi Wechner und Freiheitliche Wörgler Liste FWL eine Bilanz über die ersten eineinhalb Jahre Zusammenarbeit. „Die Zusammenarbeit funktioniert hervorragend“, stellte Bürgermeisterin Hedi Wechner fest und kündigte an: „Wir werden das in der Arbeitsübereinkunft vereinbarte Programm in den nächsten fünf Jahren abarbeiten.“

Die Liste Hedi Wechner mit 9 Mandataren und die FWL mit 4 Mandataren, die mit 13 von 21 Gemeinderatsitzen über eine Mehrheit verfügen, einigten sich nach der Gemeinderatswahl 2016 auf ein gemeinsames Vorgehen in einer Reihe von Projekten und Maßnahmen.

„Wir haben die Ausschüsse von 18 bis 21 auf sechs reduziert, wobei vier Bereiche mit je zwei Referenten bearbeiten und die anderen beiden der gesetzlich erforderliche Kontrollausschuss sowie der Ortsausschuss Bruckhäusl sind“, leitete Bgm. Wechner die Rückschau ein. Vieles aus dem Arbeitsprogramm sei bereits abgearbeiten, vieles in einem laufenden Prozess. Wie der weitere Ausbau der Fernwärme.

Asylberechtigten-Zuzug als Herausforderung

„In punkto Kindergarten- und Pflichtschulausbau kommt noch einiges auf uns zu“, kündigte Wechner an. Wörgl verzeichne einen „starken Zuzug von Asylanten, weil die Diakonie hier Wohnungen anbietet.“ Die Stadt stehe hier vor einem Problem. „Wir erfahren weder, wieviele Asylwerber hier sind noch wieviele anerkannte Flüchtlinge hier leben. Die Asylwerber wollen in Ballungszentren. Die Diakonie zahlt für Mietwohnungen am freien Markt jeden Preis und ist damit ein Preistreiber am freien Wohnungsmarkt. Die Volksschulen sind mit traumatisierten Kindern konfrontiert, die nicht deutsch sprechen. Hier wird man sich was einfallen lassen müssen. Es kann nicht sein, dass private Vermieter verdienen und die Kommunen auf den Kosten für die Infrastruktur sitzen bleiben. Ich will dieses Thema auch bei der nächsten Bürgermeisterkonferenz ansprechen“, so Wechner.

Keine weitere Flüchtlingsunterbringung will die Stadtführung beim Badl: „Das geplante Projekt, dort 150 Flüchtlinge mit 24-Stunden-Betreuung und Security unterzubringen  läuft 2018 aus und wird nicht realisiert. Jetzt wird an einem anderen Konzept gearbeitet“, so Wechner. Wörgl erfülle damit zwar nicht die vom Bund vorgeschriebene Quote, nehme das aber zugunsten der Betreuungsqualität in Kauf. „Die qualitative Unterbringung ist uns wichtiger. Wie ich von Polizeikommandant Hubert Baldemair weiß, gibt es in Wörgl auch keinerlei Probleme mit Flüchtlingen.“ „Seit Herbst 2016 finden monatliche Vernetzungstreffen aller Flüchtlingsbetreuungseinrichtungen statt, die Abstimmung funktioniert jetzt besser und die Flüchtlingsbetreuung funktioniert friktionsfrei“, erklärt dazu Sozialreferent GR Christian Kovacevic.

Positive Lösungen sieht Wechner beim Musikschulneubau und der Tennisplatz-Problematik vor der Realisierung. „Ich nehme an, dass der Musikschul-Neubaubeschluss am Fischerfeld in einer der nächsten Gemeinderatsitzungen gefällt wird. Damit haben wir auch ein neues Probelokal für die Stadtmusik und einen Veranstaltungssaal für bis zu 300 Personen“, so Wechner. Unter welchen Bedingungen dieser Neubau-Beschluss erfolgen soll, wurde nicht näher erläutert. „Für die Zukunft des Tennissportes in Wörgl gibt es nur eine Lösung für beide Vereine, wir werden nicht zwei Standorte subventionieren. Derzeit sind wir in Grundstücksverhandlungen beim Areal zwischen ÖAMTC und Inlineskatingplatz“, teilt Bgm. Wechner mit.

Zum noch fehlenden Lückenschluss beim Hochwasserschutz stellte Wechner fest, dass „Wörgl hier ans Land Tirol gebunden ist“.

„In den letzten eineinhalb Jahren ist mehr passiert als in den letzten 18 Jahren“, stellte Vizebgm. Mario Wiechenthaler von der FWL seinem Statement voran. Die Stadtpolizei wurde um einen Beamten aufgestockt, die Parkraumüberwacherin auf Vollzeit-Basis angestellt. „Wir wollen das Stadtmarketing auf breitere Füße stellen und eventuell mit einem Standortmarketing kombinieren. Derzeit wird das Konzept ausgearbeitet“, so Wiechenthaler. Bis 30. Juni 2017 ist Stadtamtsleiterin Mag. Simone Riedl noch interimsmäßig Geschäftsführerin der Stadtmarketing GmbH, der Posten soll auf Basis des neuen Konzeptes ausgeschrieben werden.

„Beim Stadtfest haben wir heuer schon 15 % mehr Anmeldungen – 51 Wörgler Vereine wollen mitmachen, Gewerbetreibende sind keine dabei“, so Wiechenthaler.

Wohnungsvergaben: Keine Bevorzugungen

„Wir haben die Kindergartenordnung und die Wohnungsvergaberichtlinien aktualisiert“, stellte Sozialreferent und 2. Fraktionsvorsitzender der Liste Hedi Wechner in seinem Statement fest. Hinsichtlich der Kinderbetreuung seien zwei Projekte mit privaten Betreibern „in der Pipeline“. Zu den größeren Themen zähle eine Bedarfserhebung über Notschlafstellen in Zusammenarbeit mit dem Bezirk und dem Land, hier wolle man mit regionaler Vernetzung einen Impuls zur Verbesserung der Situation setzen. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Bekämpfung des Drogenmissbrauches: „Wir erhalten immer wieder Beschwerden aus Siedlungen. Über die Jugendarbeit und Gesundheitsbetreuung arbeiten wir an einem Projekt, ein Vernetzungtreffen von Stadtpolizei, Bundespolizei, Bezirkshauptmannschaft, Ärzten und Vereinen hat bereits stattgefunden. Im Sommer wird es einen Workshop für Jugendarbeiter, Schulen und Jugendgruppen geben. Wir hoffen, damit das Problem einzudämmen“, so Kovacevic.

Ins Sozialresort fällt auch die Wohnungsvergabe. „2016 wurden in der Fritz Atzl-Straße die ersten drei Wohnungen für betreutes Wohnen adaptiert, zwei Mieter sind bereits eingezogen“, teilte Kovacevic mit und erklärte, es sei ihm ein Anliegen, „viele Unwahrheiten betreffend die Wohnungsvergabe“ auszuräumen: „2016 trafen wir ein Übereinkommen mit allen beteiligten Fraktionen, die Wohnungsvergabe ausschließlich aufgrund sachlicher Kriterien abzuwickeln. Bei rufen heute noch Leute an, die glauben, aufgrund persönlicher Bekanntschaften einen Vorteil zu haben. Das gibt es nicht. Und der zweite Punkt: Es wird immer wieder behauptet, dass Inländer vernachlässigt werden. Das möchte ich klarstellen und wiederlegen. Von April 2016 bis April 2017 nahmen wir 132 Wohnungsvergaben vor. 3 % der neuen Mieter sind türkischer Herkunft, 7,5 % aus Ex-Jugoslawien. Das Gefühl, dass Ausländer bevorzugt werden, ist also sehr subjektiv“, stellte Kovacevic fest. Aktuell liegen bei der Stadt 377 Wohnungsansuchen vor.

Wohnbau-Bremse

Was den künftigen Wohnbau angeht, will Bürgermeisterin Hedi Wechner   nach Realisierung der bereits bewilligten Projekte eine „Nachdenkpause“: „Wir können nicht ohne Ende Wohnungen bauen, da muss auch die Infrastruktur mit Schulen, Kindergärten und Straßen Schritt halten.“ Beschlossen sind die Erneuerung der Südtiroler Siedlung im Stadtzentrum, wobei der erste Bauabschnitt 2017 mit 82 Wohneinheiten geplant ist. Am Fischerfeld sollen 94 Mietwohnungen entstehen. Weitere Großprojekte seien derzeit nicht in Planung, auch nicht am Areal der Neuen Heimat in der Ganglstraße. Hier seien in noch bestehenden „Offiziershaus“ zwei Wohnungen gerade erst renoviert worden, weshalb man von einer raschen Bebauung nicht ausgehe.

Klausur zum Arbeitsprogramm im Sommer 2017

„Die Zusammenarbeit von FWL und Liste Hedi Wechner funktioniert hervorragend“, bestätigte NR GR Carmen Schimanek und kündigte für den Sommer 2017 eine gemeinsame Klausur zur Erstellung eines „Leitfadens für die nächsten Jahre“ an. Man wolle „auf sachlicher Ebene konstruktiv etwas weiterbringen“. „Der Streit ist jetzt abgestellt“, so Schimanek, in deren Resort die Neuregelung der Wirtschaftsförderung ab 2018 fällt. „Das Konzept ist derzeit in Begutachtung. Kernpunkte dabei sind die Lerhlings- und Investitionsförderung, wobei wir mit Kern- und Randgebieten arbeiten und die Bahnhofstraße Priorität hat“, so Schimanek.

Als wirtschaftsfördernde Maßnahme werde mit dem Stadtmarketing ein Wirtschaftsfrühstück für Wörgler Unternehmer ins Leben gerufen – als Vernetzungstreff für Wirtschaftstreibende, bei dem sich Unternehmen auch vorstellen können. „Das erste Wirtschaftsfrühstück richtet im Juni 2017 die Tirol Milch aus“, kündigt Schimanek an.

Ein Anliegen ist ihr auch die familienfreundliche Gemeinde – hier sei es gelungen, mit dem 5-Uhr-Tee im Volkshaus in Zusammenarbeit mit beiden Wörgler Seniorenvereinen einen Treffpunkt zu schaffen. Auch der erste gemeinsame Musikantenhoagascht sei ein voller Erfolg gewesen.

Budgetkonsolidierung und Freigeld als Weltkulturerbe

„Wir wollen, dass das Wörgler Freigeld als immaterielles Unesco-Weltkulturerbe anerkannt wird“, teilte Bgm. Hedi Wechner mit und informierte weiters über den laufenden Budgetkonsolidierungsprozess mit der Firma ICG, die das Budget nach Einsparungsmöglichkeiten durchforstet. Einbezogen ist dabei auch die Stadtverwaltung. Ende Mai sollen Vorschläge am Tisch liegen, mit denen sich dann die „Budget-Taskforce“ befassen wird. Wo eingespart werde, sei dann eine politische Entscheidung.

Demokratiepolitik in der Praxis

Den Rauswurf der Grünen Ersatzgemeinderätin im Bildungssausschuss machte bei der Pressekonferenz der Tirol TV-Journalist zum Thema und fragte, ob das nicht demokratiepolitisch bedenklich sei. Wechner bezeichnete diesen als „provozierten Eklat“, da die betreffende Vertrauensperson nicht mitgeteilt habe, dass sie den Amtseid bereits abgelegt hat. „Vertrauenspersonen in dieser Form sind in der TGO nicht vorgesehen. Das wären Sachverständige. Das haben wir im Gemeinderat geändert, damit alle Fraktionen Informationen erhalten. Diese Vertrauenspersonen ohne Amtseid sind vogelfrei, man kann ihnen nichts anhaben, wenn sie etwas ausplaudern“, so Wechner, die bei Vizebgm. Wiechenthaler Rückhalt hat: „Wenn diese Vertrauenspersonen in der TGO nicht vorgesehen sind, werden wir uns Gedanken darüber machen müssen, ob wir sie noch zulassen – aber dann sind die Fraktionen von den Informationen abgeschnitten“. Wobei Wechner nachsetzte: „Und das will ich nicht.“ Man werde sich jetzt die Gemeinderatsgeschäftsordnung ansehen, in welcher Form dieser „Service für die Fraktionen“ aufrecht erhalten werden könne.