„Ich weiß, das klingt alles sehr kompliziert …“ – mit diesem Ausspruch beschrieb 1983 der österreichische Bundeskanzler Fred Sinowatz die Regierungserklärung seiner SPÖ-FPÖ Koalition. Doch was würde er heute erst sagen, wenn er bei der Wörgler Gemeinderatsitzung am 9. November 2017 dabei gewesen wäre? Die Beschlüsse zur Umsetzung der „ICG-Maßnahmen“ zur Budgetkonsolidierung sorgten für maximale Verwirrung und Verunsicherung, was denn da nun wirklich beschlossen wurde. Über 79 Maßnahmen des 95 Punkte-Paketes wurde abgestimmt, womit bis auf den Beschluss betreffs 10 % Kürzung der Stadtmarketing-Finanzen (da war die Liste Wechner-FWL-Allianz mit 13 Stimmen dagegen) alle teils mehrheitlich, teils mit 19 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen beschlossen wurden. Wieviel das von den 3,3 Mio. Euro Einsparungsziel abdeckt, ging aus dem Sitzungsverlauf ebenso wenig hervor wie unbeliebte Kürzungen nun doch nicht stattfinden und querfinanziert werden sollen.
Der Amtsschimmel wieherte gewaltig im Wörgler Sparkassensaal, als über die Ergebnisse der „Taskforce Budget“ nach deren Bearbeitung in den Ausschüssen abgestimmt wurde. Wer bei diesen Beratungen im Vorfeld nicht dabei war, für den sind die Beschlussvorschläge vielfach nicht nachvollziehbar und wurden deshalb auch von jenen Fraktionen hinterfragt, die aufgrund des Ausschlusses von Vertrauenspersonen in den Ausschüssen bei diesen Sitzungen nicht dabei waren. Als Entscheidungsgrundlage diente ihnen eine nicht öffentliche Excel-Tabelle mit Bemerkungen. Ob diese nun auch beschlossen und damit gültig seien? Keinesfalls – denn was bei einem Punkt galt, traf auf einen anderen dann wieder nicht zu.
Während Bgm. Hedi Wechner eine Block-Abstimmung je Ausschuss anpeilte, schlug Vizebgm. Hubert Aufschnaiter zu kritischen Beschlüssen Einzelabstimmungen vor. Was dann auch so praktiziert wurde. Viele der beschlossenen Maßnahmen sind nicht beziffert – die möglichen Einsparungspotenziale müssen da erst noch erhoben werden. Andere wiederum sind eindeutig – wie die Anhebung der Citybus-Tarife. Diese Beschlüsse dienen nun als Basis für die Budgeterstellung 2018.
Maßnahmen im Technik-Resort
Die Beschlussvorschläge des Technikausschusses, die mit 19:2 Stimmen beschlossen wurden: AG01.001 Straßenbau: Prioritätensetzung (aber nicht, welche). AG01.002a Übernahme der Nordtangente vom Land (Wunschformulierung ohne Erläuterung – was wird wohl das Land dazu sagen?) AG01.004 Prüfung von geplanten Bauvorhaben: Notwendigkeit bzw. Umfang (Gebäude) – ohne weitere Erläuterung. AG01.005 Streichung von geplanten Kosten für geplante Bauvorhaben – ohne weitere Erläuterung. AG01.006 Controlling von Straßenbau-Projekten und Sanierungen/Nachverrechnung an entsprechende Unternehmen. AG 01.010 Mehreinnahmen aus verstärkter Verkehrsüberwachung. AG 01.027 Fritz Atzl-Straße: Notwendigkeit prüfen/Raumnutzung überdenken. AG 01.041 Baurecht Südtiroler Siedlung vergeben. AG01.043 Notwendigkeit von teuren Gutachten und Planungskosten hinterfragen/reduzieren. AG02.003a Neue Abgaben Benutzung öffentlicher Raum. AG01.003 Bebauungspläne intern erstellen (und Kosten für Gutachten an Bauwerber verrechnen) AG01.022: Kurzparkzone konsequente Überwachung sicherstellen (Mehreinnahmen)
Für verbalen Schlagabtausch sorgten die Maßnahmen „VVT-Jahrestickets: keine Stützung mehr“ (ab 2019, für 2018 besteht noch eine vertragliche Bindung) sowie die „Citybus Linien-/Kostenoptimierung und Erhöhung der Gebühren“, konkret: Das 24 Stundenticket mit 2 Euro bleibt, der Monatstarif steigt von 5 auf 10 Euro, der Jahreskartentarif von 50 auf 80 Euro. In der Weihnachtszeit soll die Citybusbenützung nur mehr an Samstagen gratis sein, zu Allerheiligen bleibt er gratis. Damit nicht einverstanden waren die Bürgerliste Wörgler Volkspartei, die Junge Wörgler Liste, das Team Wörgl und die Wörgler Grünen. „Der öffentliche Verkehr soll leistbar sein. Diese Erhöhungen in Kombination mit weiteren Maßnahmen wie Kürzung der Mietzinsbeihilfe und Gebührenerhöhungen, daran werden viele Familien zu knabbern haben“, erklärte Ersatzgemeinderätin Catarina Peherstorfer von den Wörgler Grünen, die das Maßnahmenpaket generell nicht mittragen. FWL-Vizebgm. Mario Wiechenthaler rechtfertigte die Gebührenanhebung mit einem Vergleich: „In Kufstein kostet das Tagesticket 2,60 Euro, die Monatskarte 23 Euro und das Jahresticket 136 Euro. Wörgl ist da noch relativ günstig.“ Verkehrsreferent Ing. Emil Dander bezifferte die Jahreskosten für die Citybusse mit 760.000 Euro. Er sieht mit der Erhöhung der Jahresgebühr einen Anreiz zum Kauf für das VVT-Tirol-Ticket um 180 Euro, mit dem auch die Citybusse benützt werden können.
Mit Gegenstimmen beschlossen wurde Anhebung der Kurzparkzonen-Strafhöhe auf 25 Euro sowie die Anhebung der Erschließungskosten auf 4 bzw. 5 %.
ICG-Maßnahmen im Verwaltungsausschuss
Im Paket beschlossen wurde (19 Ja-Stimmen , 2 Grüne Enthaltungen): Gemeindeeigene Flächen/Gebäude nutzen. Stadtfeuerwehr Zuwendungen überprüfen. Kurzparkzone Gebührenerhöhung um 30 %, Kostenübertragung an Nutzer bei Spielplätzen/Anlagen mit ausschließlich privater Nutzung, Kostenwahrheit bei Gratis-Bauhofleistungen (für Vereine) herstellen. Bauhof: Entlehntarife erhöhen und Tarifkatalog. Spielplätze – teilweise Auflösung und Kündigung von Pachtflächen (betrifft Spielplatz Sepp Gangl-Str.), Standgebühr Kerzenautomat Friedhof, Lagerkapazitäten für Mengeneinkäufe schaffen (Salzsilo), Mitgliedschaften und Kooperationen hinterfragen. Neue Abgaben: Erhebung diverser Steuern (ohne weitere Erläuterung). Anpassung Friedhofsgebühr. Ersatzleistung für Verkauf Wörgl-Gutscheine (ohne Erklärung). Protogebühr Feuerwehr optimieren. Stadtwerke-EDV: Verträge (Tarife/Konzept) neu. Optimierung Förderungspaket. Förderprojekt für gemeindeübergreifende Aufgaben/Tätigkeiten. Vertragsoptimierung auf Basis Vertragsinventur. Keine automatische Indexanpassung bei Verträgen. Liegenschaften: An-/Vermietungen optimieren. Bruckhäusl: Verrechnung Kindergarten und Volksschule nach tatsächlicher Kinderzahl. Bruckhäusl: Veränderung des Verrechnungsschlüssels z.B. nach Aufwand. Erhöhung Kostensätze für Bauhof. Zusammenlegung/Aufgabenteilung mit umliegenden Gemeinden. 1. Ärztliche Hilfe Ambulanz Kursana streichen. Verselbständigung/Ausgliederung gemeindeeigener Betriebe in Gesellschaften. Nutzung und Vermietung von räumen, Freiflächen im Kindergarten und Seniorenheim (derzeit größtenteils gebührenfrei). Benützungsgebühren für Kindergarten-Hallen, Volksschulen und SPZ-Hallen anheben. Standgebühren für Marktplätze erhöhen. Verfügungsmittel Politik um 10 % reduzieren. Städtepartnerschaften reduzieren. Potenzial Einnahmen durch öffentliche Plakatflächen.
Keine Einstimmigkeit gab´s bei den Beschlussfassungen zur Schließung der öffentlichen WC-Anlage bei der Musikschule (16:5), bei der Einforderung von Winterdienstkosten von Privaten (20:1) und bei der Erhöhung der Hunde-Abgabe (19:1 bei einer Enthaltung).
Team Wörgl-GR Dr. Andreas Taxacher meldete sich zum beschlossenen Punkt Wiedereinführung Wirtschaftsförderung zu Wort: „Ist damit auch die Höhe von 120.000 Euro, die in den Bemerkungen steht, beschlossen?“ Die Antwort lautete in diesem Fall nein. Und nicht ohne Polemik kommentierte Taxacher den Beschlussvorschlag zur Kürzung der Verfügungsmittel für die Politik um 10 %: „Da werden mir die Linsen trüb, wenn ich das lesen muss – da nur 10 % und bei den Vereinen will man 20 % kürzen. Das kann ich nicht mittragen.“ Bei der Politik sollten mindestens ebenso 20 % eingespart werden.
Das Abstimmungs-Tohuwabohu erreichte bei den ICG-Maßnahmen betreffend das Stadtmarketing und den Bildungsausschuss seinen Höhepunkt. Die kryptische Formulierung lautete: „Subvention Stadtmarketing um 10 % reduzieren. Die Subvention für 2019 solle um 15 % reduziert werden zugunsten Feuerwehr-Fehlalarm“. Bgm. Wechner sprach sich gegen die 15 %-Kürzung aus und meinte ebenso wie Vize Wiechenthaler, dass das Fehlalarm-Geld der Feuerwehr gehöre und dass man das Stadtmarketing nicht „zu Tode sparen“ wolle. Bei der Abstimmung lehnten die Mandatare der Liste Hedi Wechner sowie die FWL die Einsparungsmaßnahmen beim Stadtmarketing ab und verfügten damit über die Stimmenmehrheit, während sich die Mandatare von Team Wörgl, Grünen, der Bürgerliste Wörgler Volkspartei und die Junge Wörgler Liste für Kürzungen beim Stadtmarketing aussprachen.
Vereinssubventionen – Kürzung beschlossen, Subventionen bleiben aber gleich
Weder bei der Verköstigung von Vereinen noch bei Vereinssubventionen sparen will Team Wörgl-GR Dr. Taxacher und wies darauf hin, dass bereits 2012 die Kultur- und Sportsubventionen um 20 % gekürzt wurden. „Die Vereinssubventionen werden nicht gekürzt, das wird kompensiert“, teilte Sportreferent Vizebgm. Hubert Aufschnaiter mit, worauf Kulturreferentin Mag. Gabi Madersbacher das erläutern wollte und daraufhin von Bgm. Wechner das Wort entzogen bekam, worauf sie darüber empört den Saal verließ, später aber wieder kam.
So wurde also unter AB02.026 mit 12 Ja bei 6 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen die Reduzierung der Verköstigung von Vereinen sowie die Kürzung der Vereinssubventionen um 20 % beschlossen. Nicht im Paket abgestimmt wurde die Streichung der Subvention für den Trabrennverein (15 Ja, 3 Nein, 2 Enthaltungen), wozu Taxacher anmerkte, dass der Verein nur einmal 2008 eine Subvention erhalten habe.
Im Paket mit 19:2 Enthaltungen beschlossen wurden folgende Maßnahmen: Kopierbeitrag an Schulen sammeln. Die Durchführung von Ehrungen um 50 % reduzieren (Sport, Kultur, Politik), Miete für Schulräumlichkeiten der Volkshochschule verrechnen, Bruckhäusl: 50 % (sonstiges Heimatpflege Kirche) – Konsumation Vereine 1.000 Euro einsparen, Anpassung Nutzungsverträge in den beiden Vereinsheimen. Ehrenring-Ehrenzeichenfeier, Zapfenstreich um 5.000 Euro reduzieren. Sportbus Einführung einer Benützungsgebühr (Betriebskosten an Vereine weiterverrechnen, 2.000 Euro). Christbaumfeier: Weisenbläser durch Spenden finanzieren, um die Hälfte reduzieren – Einsparung 1.957,00 Euro. Und schließlich: Komma-Mieterhöhung um 10 %.
Einsparungen im Sozialausschuss
Für einen verbalen Schlagabtausch sorgte im Sozialbereich die Kürzung der Mietzinsbeihilfe – der Gemeindeanteil soll von 30 % auf 15 % halbiert werden. Diese Maßnahme treffe die Ärmsten und sei abzulehnen, meinten Grüne ebenso wie GR Hubert Mosser, der sich für dieBürgerliste zu Wort meldete und befürchtet: „Das Land wird dann die 70 % auch kürzen.“ „226 Personen beziehen Mietzinsbeihilfe, nur bei 56 Personen macht das mehr als 100 Euro im Jahr aus“, erklärte GR Jasmine Oberhauser von der Liste Hedi Wechner und meinte, das mache für jeden einzelnen nur eine kleine Summe, für die Gemeinde unterm Strich aber doch eine größere Summe aus. Bei der Beschlussfassung stimmten 13 Mandatare von Liste Wechner und FWL für die Kürzung, alle anderen dagegen.
Mit 13:8 wurde weiters die Einführung einer Kindergarten-Koordinator/in beschlossen sowie die Streichung der Seniorenweihnachtsfeier, die aber trotzdem weiterhin stattfinden soll – Bgm. Hedi Wechner kündigte an, dass diese aus einem anderen Bereich finanziert werde. Die Wörgler Grünen und die Junge Wörgler Liste stimmte gegen die Erhöhung der Kindergartengebühr um 10 % ab 2018/19, alle anderen dafür.
Die Jahressubvention des Vereines Komm!unity sollte laut ICG-Katalog um 10 % gekürzt werden, was eine Einsparung von 30.900 Euro bringen würde. Der Sozialausschuss einigte sich darauf, stattdessen die Komm!unity-Subvention nur um 10.000 Euro zu kürzen und den Rest aus anderen Bereichen zu kompensieren. Bei der Abstimmung enthielt sich GR Kayahan Kaya der Stimme. Die Beschlussfassung erfolgte mit 13 Ja-Stimmen bei 7 Gegenstimmen.
Mit 19 Ja-Stimmen bei 2 Enthaltungen (Grüne) wurde die Abbuchung des Jausengeldes, die Einführung von Probewohnen im Heim als Zusatzangebot, die Neuberechnung und Erhöhung der Gebühren für Heimbewohner anderer Gemeinden, eine realistische Kostenberechnung der Leistungen für Dritte und Angleichung der Sätze für Parkplätze und Essenslieferungen, die Abgangsdeckung der Tagesbetreuung und die Kürzung der Subvention für private Kinderbetreuungseinrichtungen um 10 % beschlossen.