Schwimmbad-Lösung entzweit Gemeinderat

Freibad statt Regionalbad, Gesellschaftsgründung vor Projektfestlegung, keine faktenbasierte Standortabwägung – die Diskussionen um eine Schwimmlösung für Wörgl entzweiten am 19. Februar 2025 den Wörgler Gemeinderat, der nach langer Diskussion in namentlicher Abstimmung mit 14 Ja-Stimmen bei sechs Gegenstimmen und einer Stimmenthaltung grünes Licht für die Gründung einer Schwimmbad Errichtungsgesellschaft WSE GmbH unter dem Dach der WERGEL AG gab.

Die WSE GmbH soll als Projektgesellschaft die Errichtung eines Freibades mit möglichen Erweiterungen um Sauna und Hallenbad (dafür werden Vorbehaltsflächen eingerichtet) auf dem Scheiberfeld in der Federer Straße übernehmen. Das Konstrukt wurde von Arno Abler jun. von der Steuerberatungskanzlei Awion erklärt. Eine Weiterverwendung der WAVE-Gesellschaft wurde aufgrund der finanziellen Vorbelastungen aufgrund noch aushaftender Schulden und Abbruchkosten verworfen. „Die WSE GmbH wird in die WERGEL AG eingegliedert, deren Hauptzweck die Führung und Überwachung städtischer Betriebe ist“, so Abler. Die WERGEL AG habe „Distanz zur Tagespolitik“ und könne „schnellere und fundiertere Entscheidungen treffen und freier agieren wie der Gemeinderat.“ Statt mit jährlichen Überschreitungsbeschlüssen solle eine Dividende ausbezahlt und wieder in die Gesellschaft eingelegt werden, um den Zuschussbetrieb, der ein Schwimmbad immer sei, auf diese Weise „budgetschonend“ zu gestalten.

Beirat mit GemeinderätInnen

Als weitere Maßnahme will Bürgermeister Michael Riehart „einen Beirat schaffen, der die Gestaltungsrolle übernimmt und die Funktion einer Arbeitsgruppe hat, die sich alle 2 bis 3 Wochen trifft.“ Wer da mitwirkt, bekennt sich zum Standort Federer-Straße und zur Zusammenarbeit mit dem Amt und externen Spezialisten wie dem Stadtwerkechef Kandler. Wieweit Gastro und der TVB in Form eines Private Partnerchip-Models einbezogen werden, sei noch zu klären.

Absage an WAVE-Standort

Riedhart erteilte dem WAVE als Standort neuerlich aus Kostengründen eine Absage, erinnerte an das unrühmliche Ende der Wörgler Wasserwelt mit der Versteigerung des Inventars, die gerade einmal „250.000 Euro für  einen Wert von 9 Millionen Euro eingebracht hat“, so Riedhart. Fürs Wave sind noch 6 Millionen Kreditrückzahlung offen, der Abbruch werde eine weitere Million Euro kosten. Da man das 3 Hektar große Grundstück als Gewerbegrund verwerten wolle und dafür von der Raumordnungsabteilung des Landes positive Signale habe, würde das Bad nun auf einem neuen Grundstück errichtet. Die Einnahmen aus dieser Verwertung sollen zur Abgangsdeckung beim neuen Schwimmbadbetrieb an der Federer Straße verwendet werden.

„Wir wissen ja noch nicht einmal, was wir uns leisten können. Warum jetzt schon die WSE GmbH gründen und nicht erst arbeiten?“ wollte WfW-GR Astrid Rieser wissen. Riedhart begründete die vorgezogene Gesellschaftsgründung damit, sofort „die Vorsteuer abziehen“ zu können, bereits bei allen Planungsleistungen.

Einblick in den Planungsstand fürs Freibad mit 50-Meter-Wettkampfbecken, Kinderbecken und Park nahm LHW-Ersatz-GR Andreas Schmid und zeigte sich sehr angetan davon.  Grün-GR Becherstorfer fragte sich angesichts des Prüfberichtes des Landes, ob „wir uns ein Bad überhaupt leisten können“ und wollte wissen, welche Entscheidungen die WSE GmbH und welche der Beirat trifft.

Park soll Lärmproblematik im Freibad entschärfen

Keine Bedenken hinsichtlich der Kreditaufnahme sieht Bgm. Riedhart, denn den Kredit nehme nicht die Stadt, sondern die Gesellschaft auf. Und er präsentierte gleich noch eine Idee zur Finanzierung: „Bis 2032 könnten wir für die offene Darlehenssumme fürs WAVE nur die Zinsen zahlen und den Tilgungsbeitrag von einer Million Euro für die Finanzierung des neuen Bades hernehmen.“ Riedhart meinte zudem, dass ein Hallenbad bei Bau und Abgang teurer sei als ein Freibad und führte für den Standort Federer Straße die Nähe zur Fernwärmezentrale bei der TirolMilch ins Rennen. Die Lärmproblematik wolle man durch Positionierung der Becken im östlichen Bereich und einen Park im westlichen Bereich entschärfen.

Freibad reicht Schulen nicht

„Ein Freibad hilft uns nicht weiter“, erklärte WfW-Ersatzgemeinderat und Mittelschuldirektor Gottfried Schneider, der dafür plädierte, „bei den Bundesschulen Quellen anzuzapfen. In Wörgl gibt´s 2.500 Schüler!“

„4.600 Schulschwimmstunden wurden beim Regionalbad angenommen“, rechnete Riedhart vor und sieht das Land gefordert, das Prioritäten setzen solle: „Das Land entscheidet, ob ein Tunnelprojekt im Oberland, das keiner will, gebaut wird, oder Schwimmbäder. 75 Millionen Euro für 5 Jahre sind zu wenig. Laut Bäderstudie braucht es in Wörgl und Imst eine Lösung. Wenn das Land alle fünf Jahre einen Schwerpunkt setzt, sind 3 Bäder in 15 Jahren gebaut“, so Riedhart. Doch dazu habe er in Innsbruck drei Mal ein Nein gehört.

Dringlichkeitsantrag abgelehnt

„Wir brauchen erst ein umsatzreifes Projekt samt Finanzierungsmodell, bevor wir die WSE GmbH gründen“, meldete sich LA STR Christian Kovacevic zu Wort. Die Gesellschaftsgründung solle der letzte Schritt sein, nicht der erste. Kovacevic´s Dringlichkeitsantrag zur Offenlegung aller Projektunterlagen zum Regionalbad/Schwimmbad erhielt nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Wie berichtet, würde Kovacevic auch das Wave aufgrund vorhandener Infrastruktur als möglichen Standort prüfen. Zur Analyse sollten alle Fakten auf den Tisch. Worauf Riedhart sein Angebot wiederholte, dass alle Gemeinderäte auf Anfrage bei ihm Einsicht in die bisherigen Planungen erhalten würden.

Was den neuen Beirat angeht, sollten sich dessen Mitglieder im Klaren sein, dass „alle in einem Boot sitzen und es um den Freibad-Neubau Federer Straße geht, nicht um das Luftschloss Wave-Sanierung.“ Wer in der Arbeitsgruppe dabei sein will, müsse auch zum neuen Standort stehen. Sportreferent STR Thomas Embacher erinnerte an die Volksbefragung zur Erhaltung des WAVE vor der Gemeinderatswahl, bei der 70 % für die Sanierung stimmten. Diese wurde unter Bgm. Wechner aus Kostengründen abgelehnt – und jetzt seien die Kosten doppelt bis dreifach so hoch. „In den vergangenen beiden Jahren wurde kein Hallenbad unter 40 Millionen Euro gebaut“, so Embacher, der die Bäderfonds-Mittel als „Scheinförderung“ bezeichnete.

„Der Neubau am Wave-Areal ist die wirtschaftlichste Lösung“, ist WfW-GR Patricia Kofler überzeugt. Neue Technik in noch bestehender Infrastruktur, dazu solle bewertet werden, was beim Wave noch brauchbar ist. „Heute die WSE-Gründung im Blindflug beschließen“ lehnte Kofler ab und hinterfragte die Rolle sowie die Haftung des Beirates, wieweit diese in den privatrechtlichen Bereich greife. Nach Auskunft von Arno Abler jun. sei dieses Risiko „überschaubar“. „Wir wollen erst den Gesellschaftsvertrag und die Beiratsstruktur sehen, bevor darüber entschieden wird“, so Kofler, die kritisierte, dass „bei einer Eingliederung in die WERGEL AG keine Transparenz gegeben ist, da hat der Überprüfungsausschuss keine Kontrollmöglichkeit!“

Als Reaktion auf Koflers Wortmeldung stellte Riedhart fest, dass die Fraktion Wir für Wörgl – Liste Roland Ponholzer nicht im Beirat vertreten sein wird: „Ihr seid nicht im Boot.“

Kovacevic wies darauf hin, dass im Gegensatz zur Ausgangslage 2019 bei Wave-Sanierungskosten von 9 bis 12 Millionen Euro das Land 700.000 Euro beigesteuert hätte, während jetzt zwischen 13,5 bis 18 Millionen Euro Förderung im Raum stünden. Kovacevic „stört massiv die Aussage, dass durch die WSE der Stadt keine Kosten entstehen – de facto ist das alles Steuergeld und natürlich belastet das die Stadt.“ Kovacevic und Madersbacher wiesen beide die Kritik am Land zurück – Bäderfonds und Förderrichtlinien waren viel Arbeit. Die Verantwortung aufs Land zu schieben lehnte auch GR Kofler ab. GR Becherstorfer schloss sich der Argumentation Koflers an – man wolle nicht einen Gesellschaftsvertrag ohne vorherige Einsicht wie „eine Katze im Sack“ beschließen, allerdings im Beirat konstruktiv mitarbeiten.

Personelle Ausstattung des neuen Beirates

Mit Zustimmung des Gemeinderates gehören diesem Beirat Bgm. Michael Riedhart, STR Thomas Embacher, Emil Dander, Gabi Madersbacher, Dr. Andreas Widschwenter, Novela Steinlechner, Christopher Lentsch, Andreas Schmid und Catarina Becherstorfer an. Die Beratungstätigkeit des Beirates endet mit der Fertigstellung des Schwimmbades bzw. der Gemeinderatsperiode.

Die Geschäftsführung der WSE GmbH übernimmt unentgeltlich Bgm. Riedhart. Die Gründungskosten werden von der WERGEL AG übernommen, die auch eine Kapitalausstattung in Höhe von 100.000 Euro bereitstellt und den Baurechtszins zahlen wird. Zweck der Gesellschaft ist die Errichtung eines Familienschwimmbades, bestehend aus Freibad, ganzjährig nutzbarem Stadtpark (während der Badesaison nur für Badegäste) sowie optional die Planung einer Saunalandschaft und Reservierung einer Vorbehaltsfläche für ein mögliches Hallenbad.