Manipulation durch vorenthaltene Unterlagen?

Aus einer Liste mit über 30 Unterlagen, die der Wörgler Gemeinderat nie gesehen hat – die aber wichtige Entscheidungsgrundlagen seien,  zitierte Wörgls Vizebürgermeister Roland Ponholzer am 29. September 2025 im Rahmen einer Pressekonferenz der Liste Wir für Wörgl – Liste Roland Ponholzer und forderte, dass diese Gutachten und Berichte dem Gemeinderat nicht weiter vorenthalten werden dürften. Besonders im Hinblick auf anstehende Entscheidungen zum WAVE und dem geplanten Schwimmbadneubau ortet Ponholzer bei voller Information des Gemeinderates ein anderes Abstimmungsverhalten der MandatarInnen.

„Unsere Whistleblower-Sammlung von 1.500 Seiten hat sich nochmal erweitert“, leitete Ponholzer ein, der mit dem Innsbrucker Rechtsanwalt Mag. Roland Seeger einen juristischen Berater engagiert hat. Ponholzer ortet Informationsdefizite des Gemeinderates in vielen Belangen. Besonders gravierend seien die Auswirkungen vorenthaltender Informationen bei millionenschweren Großprojekten. „Wir wollen Schaden von der Stadt abwenden“, so Ponholzer beim gemeinsamen Auftritt mit GR Patricia Kofler, GR Astrid Rieser, GR Walter Altmann und Ersatzgemeinderat Gottfried Schneider.

Statt unsicherem Schwimmbad-Neubau WAVE-Sanierung ernsthaft prüfen

Gerade am Beispiel WAVE würden fehlende Unterlagen zu fragwürdigen Entscheidungen im Gemeinderat führen, die in Kenntnis aller Fakten anders ausfallen dürften, ist Ponholzer überzeugt und legte ein dem Gemeinderat nicht zugänglich gemachtes Sachwertgutachten vom 20. April 2022 vor, in dem „der Gebäudewert ohne Technik und ohne Außenanlagen mit 8,1 Millionen Euro netto beziffert wird“, so Ponholzer, und weiter:  „In der Bilanz 2019/20 wurde der Gebäudewert mit 20.000 Euro angegeben. Was war dafür die Grundlage? Wie kommt man dazu?“

Besagtes Gutachten vom April 2022 sei „ausschließlich für den Gebrauch durch den Stadtamtsdirektor und den Bürgermeister erstellt worden. Darin enthalten ist eine Auflistung von einzelnen Gebäuden samt Wertminderung durch nötige Sanierungsarbeiten. Beim Sportbad wird vom Neubaupreis in Höhe von 2.965.000 Euro eine Wertminderung von 200.000 Euro geltenden gemacht. Beim Bathai beim Neubaupreis von 1.080.000 Euro eine Wertminderung von 90.000 Euro und beim Hauptbad beim Wert von 6.366.000 Euro eine Wertminderung von 350.000 Euro“, so Ponholzer.

„Am 12. Juni 2019 wurde ein Sanierungsbedarf im Umfang von 7-9 Millionen Euro festgestellt. Derzeit würde demnach eine Gesamtsanierung des Wave zwischen 10-12 Millionen Euro kosten“, so Ponholzer. Wobei es 2019 noch keine Landesförderung gab. Statt eines Schwimmbad-Neubaues am Scheiberfeld plädiert Ponholzer für einen anderen Ansatz: „Das Bathai wird die Sauna, dazu ein großes Freibad und das Sportbad als allgemeines Schwimmbecken neu bauen. Dieses Konzept ist machbar.“ Wobei dafür spreche, dass der Grund der Stadt gehöre, die entsprechende Widmung und alle nötigen Genehmigungen vorhanden seien und zu den bestehenden Vermögenswerten am WAVE-Areal auch der Baurechtsvertrag zähle, bei dem der Wörgler Wasserwelt „30.000 Quadratmeter für einen Euro jährlich auf weitere 25 Jahre zur Verfügung stehen!“

Das neue Schwimmbadareal am Scheiberfeld verursache der Stadt hingegen hohe Baurechts-Kosten, sobald eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege. Monatlich rund 24.000 Euro – und das wertgesichert auf 100 Jahre. Wobei Mag. Seeger die Vorgangsweise bemerkenswert findet: „Im Vorvertrag wurde ein Baurechtszins von 85 Cent festgelegt, wobei dieses Angebot bis 1. Juni 2024 galt. Der Gemeinderat beschloss im Oktober 2024 dann einen Euro pro Quadratmeter.“

Höfekomission des Landes redet mit

Und dabei muss es nicht ein Schwimmbad werden, die Widmung könne alles sein – sofern das Land zustimmt. Und das könne der nächste Stolperstein sein, denn da habe die Höfekomission des Landes noch ein Wort mitzureden. „Beim Grundeigentümer handelt es sich um einen geschlossenen Hof. Ein Baurecht ist im Grundbuch zu führen. Eine Abspaltung der Parzelle 267/1 des geplanten Schwimmbadareals ist bisher nicht erfolgt, im Grundbuch steht immer noch die landwirtschaftliche Nutzung. Die Höfekommission muss dieser Abspaltung zustimmen“, erläuterte Mag. Roland Seeger den Sachverhalt.

„Derzeit ist also nicht einmal sicher, dass das Land einer Schwimmbadwidmung am Scheiberfeld zustimmt“, zieht Ponholzer daraus seine Schlüsse und sieht vor diesem Hintergrund hinsichtlich der am 1. Oktober 2025 beantragten Gemeinderatsbeschlüsse betreffend das Wave-Areal die „Absicht des Bürgermeisters, hier ohne Notwendigkeit unumkehrbare politische Fakten zu schaffen. Jetzt einen Abriss zu beschließen, obwohl eine Sanierung mit Fördermitteln möglich wäre und eine gültige Schwimmbad-Flächenwidmung fürs Scheiberfeld nicht vorliegt, ist Vermögensvernichtung und irrsinnig!“

WAVE-Entscheidungen vertagen und alle Unterlagen offenlegen

Ponholzer will erreichen, dass die Tagesordnungspunkte 4 und 5 vertagt werden und der Gemeinderat vor Beschlussfassung Einblick in alle relevanten Gutachten und Unterlagen erhält, beruft sich dabei auch auf das seit 1.9.2025 geltende Informationsfreiheitsgesetz. Beim Tagesordnungspunkt 4 wird „eine Beteiligung an den Freimachungskosten am Wave Areal“ beantragt, unter Punkt 5 die Beendigung des Baurechtsvertrages der Stadt mit der Wörgler Wasserwelt GmbH & Co KG, demzufolge die Stadt das WAVE-Areal um einen Euro jährlich bis 2050 zur Verfügung stellt. Ponholzer stört auch, dass „die Stadtwerke für den WAVE-Abriss jetzt eine Million Euro zahlen sollen – das zahlen alle WörglerInnen.“

Eine Wave-Sanierung samt Tilgung der aushaftenden Schulden für die Wörgler Wasserwelt von über fünf Millionen Euro gelte es gegen einen Schwimmbad-Neubau abzuwägen – und dafür sollen alle Unterlagen offengelegt werden. „In einer Kostenanalyse im November 2023 wurde der Regionalbad-Neubau mit 35 bis 37 Millionen Euro beziffert. Einen Monat später wurden dem Land Kosten von 73 Millionen Euro mitgeteilt. Wer hat welche Unterlagen erhalten?“, so Ponholzer, der auch kritisiert, dass der Baurechtsvertrag fürs Scheiberfeld vor Festlegung der Widmung abgeschlossen wurde: „Hätte der Gemeinderat alle Informationen, wäre dieser Vertrag zur Verschuldung der Stadt auf 100 Jahre vermutlich nicht zustande gekommen.“

WAVE-Areal Verwertung

Viele Fragen ploppen für Ponholzer hinsichtlich der seitens der Stadtführung angestrebten Verwertung des WAVE-Areals auf. Etwa hinsichtlich des geplanten Biomasse-Heizkraftwerkes, für das die Stadtwerke 5.000 bis 8.000 Quadratmeter vom WAVE-Areal erhalten sollen: „Es gibt beim Wertstoffhof ein genehmigtes Kraftwerk mit ÖMAG-Förderung“, so Ponholzer, der auf ein Stadtwerke Aufsichtsratprotokoll vom 15.2.2021 sowie den Geschäftsbericht vom 24.8.2021 hinweist: „Demnach wurden für das Craftwerk als Syncraft-Anlage zur Einspeisung von Strom und Wärme im Budget 2,4 Millionen Euro bewilligt. Die Baumeisterarbeiten wurden ausgeschrieben. Es ist gewerbebehördlich bewilligt. Was ist mit diesem Projekt?“

Ponholzer will vom Bürgermeister Auskunft über allfällig abgeschlossene vorvertraglicher Zusagen – auch im Hinblick auf andere Projekte. „Vorverträge führen zur Zahlungspflicht“, wies Seeger auf die Rechtsverbindlichkeit solcher Vorverträge anhand des Scheiberfeld-Baurechtsvertrages hin. „Wer nötige Informationen zum Sachverhalt nicht hat, soll nicht zustimmen. Politische Entscheidungen brauchen Informationen. Der Gemeinderat muss hinterfragen“, rät der Innsbrucker Rechtsanwalt den MandatarInnen und hat auch eine klare Meinung zum Konstrukt der WERGEL AG.  Dieses sei zwar rechtlich zulässig, aber die hier geübte Praxis  „würde ich privatrechtlich niemanden empfehlen, da müsste man wahnsinnig sein.“

„Das Statut ist so ausgelegt, dass der Gemeinderat außen vor ist“, kritisiert Ponholzer, will Geschäftsfälle rechtlich abklären und kritisiert durch die WERGEL AG zementierte Machtverteilung und personelle Überschneidungen in Funktionen. Die Wergel AG habe jetzt mit Stadtwerke-Chef Dr. Kandler einen dritten Vorstand.

Ponholzer kündigte eine neuerliche Anfrage im Gemeinderat betreffend die Verrechnung von Personalkosten zwischen WERGEL-AG und der aufgelösten, verschuldeten Stadtmarketing GmbH an, deren Agenden von den Stadtwerken übernommen wurden. „Den Verlust der insolvenzreifen Stadtmarketing GmbH von 700.000 Euro zahlen die Stadtwerke“, so Ponholzer.

Fragen zu Zentrumsprojekt und Citylink

Die Stadt hat den Schachtnergrund gekauft, baut aber selbst aufgrund fehlender Finanzen kein Bürgerhaus. Ponholzer will wissen, „ob es hier vorvertraglich Zusagen gibt. Wir haben keine Infos. Dem Vernehmen nach verhandelt der Bürgermeister über ein Baurecht mit der Neuen Heimat zur Errichtung von 41 Wohnungen.“ Auch beim Projekt Citylink neben dem Bahnhofsgelände solle es neue Planungen geben, von denen dem Gemeinderat nichts mitgeteilt wurde: „Ursprünglich wurde hier beim Raumprogramm eine 3.000 Quadratmeter große Nutzfläche für die Stadt eingeplant. Was ist damit?“