Selten hat man den Wörgler Gemeinderat so ratlos gesehen wie bei der Sitzung am 10. Dezember 2015, als das Gremium eine „Überschreitung des Budgets in der Höhe von 98.213,76 Euro zur Bezahlung des Altlastensanierungsbeitrages für die Deponie Sprungschanze“ beschließen sollte. Eine weitere „WIG-Altlast“, wie sich im Lauf der Diskussion herausstellte, die im Beschluss mündete, beim Zollamt Innsbruck – das die Abgabe mit Säumniszuschlag eintreibt – um „Nachsicht“ anzusuchen. Die Chancen dafür wurden aber als gering eingestuft.
Der geforderte Altlastensanierungsbeitrag betrifft Bodenaushub-Ablagerungen in den Jahren 2010 und 2011 am Feld eines Bauern östlich der Skischanzenanlage am Fuß des Hennersberges. Das Zollamt Innsbruck, das aufgrund einer Anzeige tätig wurde, stellte jetzt die Rechnung: Die Deponie, für die erst 2013 ein Deponieprojekt ausgearbeitet und behördlich bewilligt wurde, war zum Zeitpunkt dieser Ablagerungen illegal. Die Vorschreibung bezieht sich auf die Ablagerung von 12.036 Tonnen Bodenaushubmaterial.
Ein weiterer Fall für den WIG-Untersuchungsausschuss…
„Wer hat diese illegale Deponie in Auftrag gegeben?“ wollte Grün-Gemeinderat Richard Götz die Vorgeschichte wissen. „2008 wurde erstmals von der Stadt eine Rechnung über Flurentschädigung an den Grundeigentümer gezahlt“, erklärte daraufhin Bürgermeisterin Hedi Wechner, wobei sich dann im Lauf der Diskussion herausstellte, dass schon 2006 abgelagert wurde. Man sei damals davon ausgegangen, dass so wenig gelagert wird, dass dafür keine Genehmigung benötigt werde. „Das hat dann eine Eigendynamik erhalten. Das bedauere ich zutiefst. Es gibt allerdings keine schädlichen Auswirkungen oder Ablagerungen“, stellte Wechner fest.
„Gibt es einen Vertrag zwischen Gemeinde und Bauer?“ wollte Götz weiter wissen. „Es soll einen mündlichen Vertrag geben“, informiert Raumordnungsreferent Vizebgm. Dr. Andreas Taxacher, der darauf hinwies, dass die Deponie nichts mit der Sprungschanze zu tun habe, nur aufgrund der räumlichen Nähe so bezeichnet werde. „12.000 Tonnen – das sind rund 1.200 Lkw-Ladungen!“ rechnete Götz vor und bezeichnete den Umstand, dass darüber keine Aufzeichnungen vorliegen, als „unmögliche Schlamperei“. Götz leitet den WIG-Untersuchungsausschuss und teilte mit, dass bereits 2006 von der WIG 7.500 Kubikmeter Aushub der Nordtangente dort gelagert worden seien.
FWL-Ersatzgemeinderat Lorenz Moser wollte wissen, wer angezeigt hat, worauf das Bauamt mitteilte, dass man es nicht wisse. Taxacher teilte mit, dass 2013 bei der Besprechung mit der Bezirkshauptmannschaft mehrere Punkte diskutiert worden seien.
Gemeinderat Korbinian Auer wollte wissen, ob nur die WIG dort abgelagert habe. Neben der Strabag deponierte die Stadt dort auch Material aus den Hochwasser-Rückhaltebecken, teilte Wechner mit. „Wo ist der Schaden?“ stellte UFW-GR Ing. Emil Dander die Frage und meinte, dass man das nicht bezahlen solle, weil es keinen Geschädigten gibt. „Geschädigt ist niemand, ich gehe davon aus, dass der Grundbesitzer etwas erhalten hat. Tatsächlich wurde dort aber mehr gelagert als erlaubt und sicher ist, dass es angezeigt wurde und gezahlt werden muss. Geschädigt ist damit die Stadt“, so Wechner.
Die Erfolgschancen eines Einspruches gegen die Zahlungsvorschreibung stufte Bauamtsjurist Dr. Peter Egerbacher mit „gleich Null“ ein, da es sich nicht um eine Strafzahlung, sondern um eine gesetzliche Vorgabe handle. Lediglich was den Säumniszuschlag von 4.000 Euro betrifft könne man es versuchen. Vizebgm. Evelin Treichl hinterfragte, woher man wisse, dass von Mai 2010 bis September 2011 von der Strabag im Auftrag der Stadt deponiert worden sei. „Das wurde über die WIG abgerechnet“, informierte Finanzabteilungsleiterin DI Carola Schatz. Da hakte GR Manfred Mohn nach. Das Material aus den Auffangbecken sei Sacher der Stadt, aber: „Der Straßenbau wurde bezahlt und da wird wohl das Wegliefern des Aushubes dabei sein. Wenn das so ist, dann Geld zurück! Sonst hätten wir die Straße ja vielfach bezahlt! Das gehört genau geprüft – 100.000 Euro, das ist ja Wahnsinn!“
Woher das abgelagerte Material stammt, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Dass es keine schriftlichen Aufzeichnungen gibt, bezeichnete STR Dr. Daniel Wibmer als „heftig“. „Die Deponie war nicht genehmigt und ist nicht betrieben worden. Wir werden die Informationen im Amt zusammen suchen“, kündigte Taxacher an.
Wer die Abmachungen mit dem Bauern getroffen hat, ließ sich in der Gemeinderatsitzung nicht beantworten. „Aktuell läuft ja noch der WIG-Untersuchungsausschuss. Wir wissen, dass da nicht alles transparent und sauber gelaufen ist – da ist viel unkoordiniert passiert. Wir haben die Lehre daraus gezogen und heute sind wir weit entfernt von den damaligen Zuständen“, meinte SPÖ-GR Christian Kovacevic.
Fragen könnten die handelnden Personen von damals wie der WIG-Geschäftsführer oder der damalige Bürgermeister Arno Abler beantworten – ob und unter welchen Umständen diese das tun, ist aber offen. Unabhängig davon steht für die Stadt nun die Zahlung von fast 100.000 Euro an. Nach langer Diskussion, in der auch nach anderen Aushubdeponieflächen gefragt wurde, einigte sich der Gemeinderat mit einstimmigem Beschluss darauf, um Nachsicht der gesamten Summe bei der Behörde anzusuchen. Sollte die Forderung aufrecht bleiben, müsse man dann über die Budgetüberschreitung abstimmen.
Teure Brückenübernahme: Wer zahlt 40.000 Euro Reparatur?
Gleich der nächste Hammer folgte beim Tagesordnungspunkt betreffend die „Dornhäuslgrabenbrücke“ in Wörgl Boden. Im Sommer stürzte dort ein junger Modeplenker in die Tiefe und verletzte sich schwer. Er hatte auf dem Brückengeländer gesessen, das unter ihm zusammenbrach. Nach erfolgter kurzfristiger Absicherung wurde die Brücke im Oktober 2015 einer Prüfung unterzogen mit dem Resultat, dass die „derzeitige Belastbarkeit der Brücke von 12 Tonnen auf maximal 7,5 Tonnen reduziert werden muss“ und eine Sanierung im Jahr 2016 40.000 Euro kosten werde.
„Die Brücke wurde ins Eigentum der Stadt übernommen. Wurde sie vorher nicht angeschaut?“ wollte FWL-STR Mario Wiechenthaler wissen und Ortsvorsteher GR Korbinian Auer wollte wissen, warum die Brücke überhaupt übernommen worden ist, nachdem der Ortsausschuss sich bereits im Jahr 2008 klar dagegen ausgesprochen hatte. Schon damals mit dem Hinweis auf die teuere Brückenerhaltung.
„Die Brücke wurde am 16. Mai 2011 mit Stadtratsbeschluss vom Land Tirol übernommen. Sie war Zufahrt zur Mülldeponie und er hieß, sie sei vom Land Tirol saniert und asfaltiert worden, worauf es zur kostenlosen Übernahme kam“, klärte Bürgermeisterin Wechner auf. „Da stimmt etwas nicht – so nehme ich das nicht zur Kenntnis“, meldete sich STR Dr. Wibmer und plädierte dafür, die Tonnage-Beschränkung wegen Gefahr in Verzug sofort zu erlassen und was die Sanierung betrifft, das Land in die Pflicht zu nehmen. Es hätte auf Mängel hinweisen müssen, und dann hätte die Gemeinde entscheiden können, ob man die Brücke übernimmt oder nicht.
Mit einstimmigem Beschluss wurde daraufhin die Tonnagebeschränkung verhängt und das Bauamt beauftragt, mit dem ehemaligen Eigentümer Verhandlungen aufzunehmen.