Almkultur mit aufrüttelnden Natur-Impressionen

Mehr Autosafari als Wanderung war heuer bei der vierten Auflage des Stationen-Theaters auf der Alm der Kulturinitiative Langer Grund in der Kelchsau am 14. August 2021 angesagt. Aufgrund der von Extrem-Wetterereignissen verursachten Schäden an Straßen und Brücken gestaltete sich die Anfahrt bereits abenteuerlich. Die Natur zeigt dem Menschen Grenzen auf – neben unterhaltsamem Kultur- und köstlichem Kulinarik-Genuss stimmte das die rund 60 teilnehmenden Almkultur-Fans auch nachdenklich.

Sensibel für die seit Jahrhunderten gepflegte Kulturlandschaft und die hier mit mühevoller Arbeit erzeugten Lebensmittel machen, ein Naturerlebnis für alle Sinne mit Kulinarik & Kultur verbinden – das war bei der Gründung  der Kulturinitiative Langer Grund die Absicht der beiden Wörgler Initiatorinnen, der Bio-Yak-Bäuerin Gabi Brunner und der leidenschaftlichen Theatermacherin Irene Turin, beide übrigens von Beruf Lehrerin. Tatkräftig unterstützt werden sie von Herbert Gwercher, der mit seinen Simonson-Grillern die ideale „Outdoor-Küche“ für Feinschmecker baut, und Ulf Ederer, der fotografisch und organisatorisch anpackt.

Noch ein Jahr Corona-Pause kam für sie nicht in Frage, und so stellte das eingespielte Team wieder ein ansprechendes Kulturprogramm auf die Beine, für das man heuer früher aufstehen musste. Denn die Anfahrt in die Kelchsau war aufgrund der gesperrten Landesstraße nur über den Glantersberg und damit im Blockabfertigungs-Modus möglich. Bei der Mautstelle ging´s nach obligater Covid19 3G-Nachweiskontrolle weiter in den Langen Grund – aufgrund der dortigen Kraftwerks-Baustellen auf einem Umweg über den Hinterkar-Forstweg, der fahrtechnisch den Autolenkern einiges abverlangte. Gabi Brunner lotste den Konvoi weiter auf den Zirbenweg durchs steile Gelände bis zur Abzweigung zur ersten Station, der Neuhögenalm auf rund 1.600 Metern Seehöhe, auf der auch ihre 23 Yaks den Almsommer verbringen.

Nach kurzer Wanderung grüßten bereits von weitem Alphorn-Klänge, während die Yaks gemächlich wiederkäuend gelassen den Vorbeigehenden nachblickten. Das Alpenduo Franz & Hannes aus Rum – seit sieben Jahren verbindet Franz Nolf und Hannes Ellmerer musikalisch die Liebe zum archaischen Instrument – bot den ersten kulturellen Leckerbissen. Sie steuerten bei jeder Station Alphorn-Klänge und Lieder bei, Franz griff auch zur Gitarre. Nach der Verpflegung mit Gourmet-Yak-Burgern durch Gabi Brunner, Herbert Gwercher und Maxi Heufler folgte dann im „Event-Stall“ ein Auszug aus der Arche Noe-Theaterproduktion „Der Kontrabass“ von Patrick Süsskind. In der Rolle des leidenschaftlich mit seinem Instrument wie mit seinem Leben ringenden Orchestermusikers schlüpft Peter Mair, der nach dem mitreißend vorgetragenen Monolog ebenso wie Regisseur Stefan Bric begeisterten Applaus erntete. Das ganze Stück gibt´s noch bis 17.10.2021 in der Arche Noe in Kufstein, Termine unter www.archenoe.at

Sonnenschein, ein grandioses Panorama bei guter Fernsicht, Gabi Brunners urige,  authentische und stilvoll eingerichtete Alm – hier könnte man es auch gern länger aushalten! Doch da wartete schon die nächste Station auf der Richtseitbichl-Alm, wo Anni und Jogg mit selbstgebackenem Kuchen und Getränken und die Südtiroler Schauspielerin Laura Masten mit dem Sketch „Bier für Frauen“ der Autorin Felicia Zeller aufwarteten. Beim Hoagascht mit den Almhirten und Boar-Bauer Marco Persterer, der seit sieben Jahren seine Kühe hier im Sommer weidet, kommt neben dem Wetter schnell die Rede auf das „größere Problem“ – die Wolfsrisse. Die Schafe sind bereits ins Tal gebracht worden, jetzt fürchten die Bauern um Kälber und Ziegen. Auch Gabi Brunner sorgt sich um ihren jüngsten Herden-Nachwuchs, hofft aber auf den abschreckenden Zusammenhalt der Herde. Die Natur hier oben birgt auch ohne große Beutegreifer genug Gefahren. Zwei tote Rinder beklagt Marco Persterer schon in diesem Almsommer – ein Tier stürzte im nassen Gelände ab und verletzte sich so schwer, dass es notgeschlachtet werden musste, eine weitere Kuh wurde vom Blitz erschlagen.

Nicht mehr weit ist es von der Richtseitbichl-Alm auf 1.300 Metern Seehöhe bis zur Erla-Brennhütte, wo von der Wirtsfamilie Erharter regionale Spezialitäten aufgetischt wurden: als Hauptspeise gschmackige Brodakrapfen und als kulinarischer Abschluss Moosbeernocken. Die Lachmuskeln beanspruchten bei der dritten Theater-Station Irene Turin  und Florian Adamski als Romeo und Julia – allerdings nicht als frisch Verliebte, sondern als alterndes Ehepaar, das mit dem Alltag hadert und so garnicht mehr  Shakespears (erscheint in Form von Mike Zangerl) Ideal entspricht.

Gut gelaunt klang der Almkultur-Tag auf der Erla-Brennhütte aus. Und für Yak-Bäuerin Gabi Brunner und Theater unterLand-Chefin Irene Turin steht schon fest: 2022 soll es eine weitere Neuauflage des Erfolgs-Formates geben! Rechtzeitig anmelden und Karten sichern ist schon jetzt empfohlen, da die Teilnehmerzahl beschränkt ist. So musste auch heuer wieder bei über 100 Anmeldungen vielen  Interessierten abgesagt werden.