Mit dem Neubau des Stawa-Ärztehauses verbunden waren in den vergangenen Wochen archäologische Grabungen im westlichen, bisher nicht bebauten Teil des Areals in der Bahnhofstraße, die vom Team des Landesmuseums Ferdinandeum unter Leitung von Mag. Anton Höck durchgeführt wurden. Da im benachbarten Unterkrumbacher-Anger eine römische Villa Rustica im Boden schlummert, war die historische Beweissicherung notwendig. Die Archäologen wurden auch fündig und förderten als interessantesten Fund eine alte Münze sowie Keramik, Ziegel und Nägel zu Tage.
Beim Unterkrumbacher wurde 1842 im Anger des Hofes vom Antiquitätenverein erstmals eine römische Villa entdeckt, freigelegt und vermessen. Festgestellt wurden dabei ein großes Gebäude mit mehreren Räumen, gut ausgestattet mit Ofen. Aus dieser Zeit stammt eine Skizze, die das Ausmaß des Gebäudekomplexes mit 23 mal 40 Metern angibt. 1949 führte der Archäologe Prof. Franz Ausgrabungsarbeiten durch und 1956/57 erkundete der Wörgler Heimatforscher Dr. Paul Weitlaner das Gelände. Im Zuge dieser Grabungsarbeiten wurde ein Mosaik entdeckt, allerdings dann wieder überschüttet. Beim Neubau des „Angererhauses“ in der Bahnhofstraße erfolgten vor rund 15 Jahren archäologische Grabungen, bei denen eine 12 Meter lange Außenmauer der Villa freigelegt wurde. „Im Innenbereich wurde eine Unterbodenheizung entdeckt, was auf einen damals hohen Lebensstandard schließen lässt. Auch Reste von Wandmalereien wurden freigelegt, die nun untertägig konserviert sind“, erklärt der Höck.
Den Bau der Villa datiert er um rund 120 nach Christi Geburt, eventuell auch früher. Aufgrund von Funden ist eine Benützung des Anwesens durch die Römer bis 250 n.Chr. belegt. „Aus der Spätantike sind keine Hinweise zu finden. Im Lauf des 3. Jahrhunderts kam es immer wieder zu Fremdvölkereinfällen, die Villa wurde aufgelassen“, so Höck. Zu den interessantesten Funden am Gelände zählte bei früheren Ausgrabungen Teile militärischer Ausrüstung wie eine Schwertgurt-Halterung, weshalb man ehemalige Veteranen als Besitzer vermutet.
Das Ausgrabungs-Team mit Mag. Anton Höck, dem Restaurator Jaime Pacual Sanz und Mag. Wolfgang Sölder, Kustos der Vor- und Frühgeschichtlichen und Provinzialrömischen Sammlungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum legte bei den jüngsten Ausgrabungen, die Ende September 2020 beendet wurden, eine schmale Kulturschicht im Außenbereich der Villa frei. Entdeckt wurden dabei Keramikscherben, Ziegelfragmente und Nägel. Der interessanteste Fund war eine alte Münze, eingeschwemmt in einer Schotterschicht, die gleich nach dem Fund als Kaiser Hadrian-Münze aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert angesehen wurde. „Die Münze hat sich nach der Reinigung als Antoninus I. Pius (regierte von 138-161 n. Chr) herausgestellt, ihre Datierung kann nun mit 145/161 fixiert werden. Die Porträts können sich mitunter sehr ähneln“, so Höck.
Die Archäologen wurden vom Bauherrn selbst informiert, da das gesamte, bisher nicht verbaute Gelände in diesem Bereich als Funderwartungszone gilt. Die oberste Schicht wurde mit dem Bagger freigelegt, die Kulturschicht in händischer Kleinarbeit entfernt. Nach erfolgtem Grabungsabschluss ist das Gelände jetzt zur Bebauung freigegeben.