Wörgl. An ein dunkles Kapitel Zeitgeschichte erinnert die Ausstellung „NS-Zwangsarbeit- das vergessene Lager in Wörgl“ von 8. bis 20. September 2016 in der Galerie am Polylog. Im Vorfeld des Ausstellungsprojektes, das als Beitrag zur Erinnerungskultur vom Heimatmuseumsverein Wörgl in Kooperation mit dem Anne Frank Verein Österreich umgesetzt wird, organisierte Aaron Peterer, Koordinator des Anne Frank Vereins mit seinem Team Anfang Juli den „Memory Walk“ Filmworkshop für SchülerInnen des BRG Wörgl, in dessen Rahmen sich die Jugendlichen auf Spurensuche begaben und sich sowohl mit dem Durchgangslager als auch mit Erinnerungsstätten an die NS-Vergangenheit in Wörgl auseinandersetzten.
Der Historiker Mag. Erich Schreder sammelt seit Jahren zum Durchgangslager Wörgl umfangreiches historisches Material, das Grundlage für die Ausstellung ist. An der Schnittstelle von Brixentaler Ache und Inn war in Wörgl-Söcking von 1942 bis 1944 das Durchgangslager Wörgl in Betrieb. Es wurde auf Weisung des Gauleiters von Tirol und Vorarlberg im Dezember 1941 eingerichtet und vom Landesarbeitsamt verwaltet. Das Lager, bestehend aus 18 Unterkunfts- und vier Verwaltungsbaracken samt Entlausungs- und Desinfektionsstation, hatte eine Aufnahmekapazität von 750 bis 800 Mann, teilweise waren bis zu 1.200 Menschen untergebracht. Von Mai 1942 bis September 1944 wurden 34 Transporte mit insgesamt 31.759 Personen durchgeschleust. Nach Hinweis auf das Durchgangslager Wörgl im Zuge der archäologischen Grabungen beim TIWAG-Kraftwerk in Kirchbichl 2013 griff der Heimatmuseumsverein Wörgl das Thema als Beitrag zur Erinnerungskultur auf und fand mit dem Anne Frank Verein Österreich mit Sitz in Wörgl einen interessierten Kooperationspartner.
Filmworkshop „Memory Walk“ des Anne Frank Verein Österreich
Drei Tage lang beschäftigten sich von 4. bis 6. Juli 2016 zwölf interessierte SchülerInnen des Bundesschulzentrums (BRG) Wörgl intensiv mit Wörgls NS-Vergangenheit. „Wir befassten uns dabei mit zwei Themenbereichen. Einerseits mit dem Durchgangslager in Söcking und andererseits mit den Gedenkstätten an NS-Opfer am Friedhof, im Kirchhof und am Bahnhofsplatz“, erklärt Workshopleiter Aaron Peterer, Koordinator des Anne Frank Vereins, der bei der Durchführung von Lukas Ellmer, Guide in Mauthausen und Workshoptrainer des Anne Frank Vereins Österreich sowie von Yan Paul Dubbelman, freier Mitarbeiter vom Anne Frank Haus in Amsterdam unterstützt wurde.
Die Recherche von Hintergründen war ebenso Bestandteil des Workshops wie die Suche nach Interview-Partnern, das Erarbeiten von Fragen und der Filmdreh an den Schauplätzen, wobei sich die Jugendlichen themenbezogen in zwei Filmteams mit der Kamera auf den Weg machten. Im Wörgler „Memory Walk“ sind zwei spannende Videofilme über das Durchgangslager sowie über die für die Wahrnehmung der Gedenkstätten an Opfer von Faschismus und NS-Herrschaft entstanden. Zu Verbesserungsvorschlägen zählt etwa die Anregung, via QR-Code Infos über die Einzelschicksale an den Gedenktafeln und Monumenten abrufbar zu machen. Den ersten „Publikums-Test“ bestanden die Kurzfilme übrigens bereits im Rahmen der Schulschluss-Veranstaltung „Blitzlichter“ im BRG. Gezeigt werden die Filme bei der Ausstellung „NS-Zwangsarbeit: Das vergessene Lager in Wörgl“ in der Galerie am Polylog, die am Donnerstag, 8. September 2016 um 19 Uhr mit einem Vortrag über das Durchgangslager des Historikers Mag. Erich Schreder eröffnet wird. Der Eintritt ist frei, die Bevölkerung ist herzlich eingeladen.