Auf Einladung der Wörgler Grünen referierte am 11. Februar 2019 der Journalist und Buchautor Michael Bonvalot im Tagungshaus Wörgl über die Politik der schwarz-blauen Bundesregierung sowie deren Pläne für die Zukunft, bei denen schon jetzt die Weichen gestellt sind für einen neoliberalen, autoritären und nationalen Umbau mit dem Ziel, den Sozialstaat abzuschaffen.
„Die FPÖ – Partei der Reichen“ titelt Michael Bonvalots jüngstes Buch, das einen entlarvenden und ernüchternden Blick auf die sich selbst als „Soziale Heimatpartei“ bezeichnete Speerspitze des Neoliberalismus wirft. Beim Vortrag in Wörgl zeigte der Journalist auf, wo schon jetzt „umgebaut“ und „umgefärbt“ wird. Eine Politik zulasten großer Teile der Bevölkerung: Ob 12-Stunden-Tag und 60 Stunden-Woche, Einflussnahme bei den Krankenkassen, Umschichtungen von Millionenbeträgen weg von Leistungen für die arbeitenden Menschen hin in Unternehmenskassen wie bei der AUVA oder Verschlechterungen bei der Mindestsicherung, von denen vor allem kinderreiche Familien, Wohngemeinschaften und Flüchtlinge betroffen sind, wenn etwa die Auszahlung der vollen Mindestsicherung an die Vorlage eines Pflichtschulabschlusses gebunden wird. Im Fokus ist auch die Notstandshilfe – wobei hier droht, dass Arbeitslosen künftig massive Einschnitte ins Haus stehen. Besonders tragisch für Ältere, wenn diese erst Ersparnisse aufbrauchen müssen und dann noch massive Kürzungen bei der Pension erfahren.
Begünstigt werden sollen Unternehmen – etwa durch die Abschaffung der Kumulation beim Arbeitsrecht. „Das ist noch wenig im Bewusstsein und bedeutet, dass bei Vergehen künftig nicht pro betroffenen Fall, sondern nur mehr einmal pauschal eine Strafe gezahlt werden muss“, erklärt Bonvalot. Außer Kraft setzen wolle die Regierung weiters jene „Gold Plating“-Regelung, die Ländern die Möglichkeit gibt, bessere Regelungen als die von der EU verordneten Mindeststandards anzuwenden – also auch hier eine Verschlechterung in vielen Bereichen.
Begriffe wie sozial und fair erleben gerade eine Umdeutung. Wenn etwa die FPÖ vorschlägt, den Spitzensteuersatz für MillionärInnen abzuschaffen. Oder angesichts des Familienbonus, bei dem Kinder reicher Eltern wesentlich mehr Geld zugesprochen wird als Kindern aus Familien mit wenig Einkommen.
Und Bonvalot machte auch klar, wohin die neoliberale „Sparpolitik“ führt: Die versprochenen Steuerentlastungen begünstigen vor allem Unternehmen. „Immer weniger Steuereinnahmen bedeuten die Zerschlagung sozialstaatlicher Errungenschaften“, so Bonvalot, der auch einen erschütternden Einblick in die laufenden „Umfärbungs-Maßnahmen“ an Schaltstellen der Macht gab. Etwa im Verkehrsministerium, dessen Spitzenpositionen mittlerweile durchsetzt sind von Burschenschaftern. Oder bei der Vorgangsweise, für die Aufstockung der Polizei anzuwerben – da registriert Bonvalot, dass vermehrt in rechtsextremen Medienkanälen inseriert wird.
In seinem Buch setzt sich Bonvalot intensiv mit der Geschichte wie auch der sozialen Zusammensetzung der aktuellen FPÖ auseinander. Von wegen „ArbeiterInnen-Partei“: Dort seien in den Kadern vor allem Burschenschaften, bildungsbürgerliche Eliten und neoliberale Think Tanks vertreten.
Warum verursacht diese Politik, die jetzt geradezu das Gegenteil der FPÖ-Wahlslogans wie „Sozial statt gierig und brutal“, „Soziale Wärme statt EU für Konzerne“ oder „Arbeit und Moral statt Gier und Kapital“ umsetzt, nicht schlechtere Umfragewerte für die Regierung? Reicht es, einfach nur nicht zu streiten? „Das funktioniert so gut, weil ÖVP und FPÖ auffallend viele Ähnlichkeiten haben“, sieht der Journalist, der nach seinem Studium auch als Sozialarbeiter tätig war, eine der Ursachen und stellt im Vergleich mit anderen westeuropäischen Ländern fest, dass es in Österreich „keine Partei gibt, die sich links verortet und die Verteilungsfrage stellt. Diese Polarisierung fehlt in Österreich“, so Bonvalot, der ergänzt: „1 % Prozent der Bevölkerung hält mittlerweile 40 % des Vermögens.“ Zudem vermisst er auch „mehr Lebensrealität“ in den Wahlkämpfen.
Welche Schlüsse zieht Bonvalot aus der aktuellen politischen Landschaft? Wichtig ist ihm, den Widerspruch zwischen sozialradikaler Rhetorik und der neoliberalen Wirklichkeit zu benennen. Zu thematisieren, wer tatsächlich privilegiert ist in unserer Gesellschaft und „gemeinsam darüber zu sprechen, wie wir uns eine bessere Zukunft vorstellen können.“