Kampf ums WAVE

Am Donnerstag, 18. Februar 2021 entscheidet der Wörgler Gemeinderat über die Zukunft des Wörgler Erlebnisbades WAVE, die Sitzung wird ab 17 Uhr online im Internet am youtube-Kanal von „Wörgl im Bild“ live übertragen. Auf der Tagesordnung  stehen Anträge betreffend die Liquidität der Wörgler Wasserwelt sowie die Einstellung des Betriebes mit 31. August 2021. Im Vorfeld formierte sich Widerstand gegen die übereilte Schließung – einerseits in Form eines Aktionskomitees, das am 16. Februar zur Pressekonferenz ins aufgrund des Corona-Lockdowns stillgelegten Bades einlud und mit Zahlen und Fakten aufwartete. Andererseits bildete sich eine Allianz aus Wörgler Volkspartei und Organisationen, die eine Volksbefragung über die Zukunft der Wörgler Wasserwelt einfordern und dafür Unterschriften sammelten, die am 18. Februar vormittags Bürgermeisterin Hedi Wechner übergeben werden.

„Liebe Gäste, halten Sie mindestens einen Meter Abstand“ tönt es aus den Lautsprechern im betriebsbereiten Wörgler Badetempel, der aufgrund des aktuellen Corona-Lockdowns voraussichtlich zu Ostern wieder  seinen Betrieb aufnehmen kann. Im Vorjahr wurde das Wellenbecken um 500.000 Euro saniert – jetzt stehen im Strandbereich Stühle in angemessenem Sicherheitsabstand. Nicht für Badegäste, sondern für Journalisten, die mit einem emotionalen Videoclip begrüßt werden, der das vielfältige Leben im Wave bildhaft vor Augen führt und von gesungener Botschaft begleitet wird: „Du machst uns gsund und tuast uns guat“… „mia gebn net auf und halten zsamm“…

„Wir sind für den Erhalt des Bades, nicht für oder gegen jemanden“, stellt Gabi Hausberger für das rund 10köpfige Team fest, das sich in den vergangenen Monaten aufgrund der Schließungsüberlegungen  zusammengefunden hat. Mit ihr treten Eva Dollinger, Tanja Naschberger und Melanie Schoner-Haid von der Wörgler Schwimmschule vor die Presse, unterstützt  von Christian Untersberger, bis vor einem Monat Betriebsleiter im WAVE.

Empörung herrscht nach einem eben mit Landesrat Geisler geführten Telefonat. „Bürgermeisterin Hedi Wechner war mit einem Gutachten beim Land, das aussagt, dass der Bau marod und nicht sanierbar ist. Dabei wurde ein Gutachten von 2008 herangezogen – diese Baumängel wurden nach dem Hochwasser 2005 alle behoben“, ärgert sich Gabi Hausberger darüber, dass nicht der aktuelle Zustand des Gebäudes und der Anlagen beurteilt wird. Der sei nämlich keinesfalls desolat oder marod.

Das bestätigt Christian Untersberger, der 18 Jahre im Wave gearbeitet und gekündigt hat – er sehe „keine Zukunft, wenn Mitarbeiter von einer Gemeinde so behandelt werden“. Bis vor einem Monat war der Elektrotechniker Betriebsleiter, 15 Jahre lang. „Ein aktuelles Gutachten ist mir nicht bekannt. Die Mängel aus dem alten Gutachten wurden nach dem Hochwasser 2005 alle behoben – da wurde das Untergeschoss auf die Rohbauphase zurückgesetzt und alles neu gemacht, auch der Boden im Sportbad und der Bereich ums Wellenbecken“, so Untersberger. Auch laufende Reparaturen und Instandsetzungen wurden vorgenommen (z.B. die Beleuchtung von Neon auf LED umgestellt), ebenso Attraktivierungen wie 2016 der Bathai-Bereich. „Jetzt das Bad als marod hinzustellen und zu sagen, dass sich eine Sanierung nicht auszahlt, ist eine kühne Behauptung – das ist nicht so!“ stellt Untersberger fest und räumt ein, dass es zwar Mängel gäbe, die zu beheben sind – aber mit der erfolgten Sanierung des Wellenbeckens sei der größte Brocken bereits geschafft.

Klartext redet Untersberger auch zu den kolportierten Kosten von 10 Millionen Euro, die jetzt nötig wären: „Wir erhielten den Auftrag zu erheben, was zu tun ist, damit das Wave 20 Jahre lang weiterläuft! Nicht eine Kostenerhebung, um aktuell nicht zusperren zu müssen. Das ist ein Riesenunterschied!“ In der Vorschau auf 20 Jahre rechnete man klarerweise Verschleißteile wie Heizungspumpen ein – die jetzt zwar noch laufen, aber in absehbarer Zeit zu tauschen sind. Klar ist auch seine Haltung zur Behauptung, Wörgl könne sich das Wave nicht leisten: „In 20 Jahren hat Wörgl zwischen 600 und 800 Millionen Euro im Budget – 10 Millionen sind weniger als 2 Prozent. Das sollte der Stadt die Zukunft und Gesundheit von Kindern, Familien und Senioren wert sein.“ Und Gabi Hausberger ergänzt: „Das Wave schreibt seit zwei Jahren schwarze Zahlen.“

Was ihn störe sei, dass nur ein Weg eingeschlagen werde – nämliche „welche Variante beim Zusperren“. Wenn es Interesse gäbe, hätte man auch Varianten für einen Weiterbetrieb gerechnet, da würde es durchaus Möglichkeiten geben. Die Wintersaison 2019/202o war eine der besten in der WAVE-Geschichte, zudem sei der Betrieb seit 2016 bereits CO2-neutral – ein Ziel, da habe Wörgl im Vergleich zu anderen Bädern die Nase vorn.  Durch Vorziehung der Wellenbadsanierung, die einen Betriebsstillstand erforderte, in die Zeit des Corona-Lockdowns konnte der in den Sanierungskosten einkalkulierte Verdienstentgang durch die Reparatur verhindert werden.

„Fakt ist: Mit der Wellenbadsanierung ist das Hauptproblem gelöst, jetzt kann man aufsperren“, so Untersberger. Für die nächsten zwei Jahre sei das Bad betriebsbereit, man erwarte keine großen Baustellen. Schritt für Schritt wären weitere Sanierungen nötig. Nächster geplanter Schritt wäre die Renovierung der Wintergartenlagune im Sauna-Bereich.

#Wörgl braucht das WAVE

„Als uns im Herbst klar wurde, dass die Gemeinde die Schließung plant, haben wir Umlandgemeinden und das Land kontaktiert“, berichtet Gabi Hausberger, die schnell MitstreiterInnen, aber keine offenen Ohren bei der Stadtführung fand. Im Gegenteil. „Gemeinden signalisierten uns Interesse, Kufstein hat die Hand ausgestreckt. Die Gemeinden wollten ein Konzept – aber die Stadt hat nichts gebracht. Mit der Landesregierung sind wir seit Herbst wöchentlich in Kontakt. Wir leiden darunter, dass all unsere Versuche in den Boden gestampft werden“, so Hausberger.

Auch mit dem TVB Hohe Salve habe man Gespräche geführt und grünes Licht für eine Beteiligung erhalten – bei Attraktivierungen finanzierte der TVB auch bisher bereits mit. „Wir haben auch vorgeschlagen, aus dem Sportbecken eine Außenstelle des Leistungszentrums Innsbruck zu machen und so damit Unterstützungsgelder zu erhalten – das wurde von der  Gemeindeführung nicht in Betracht gezogen“, so Hausberger. Seit Oktober führe man auch Gespräche mit allen Gemeinderäten.

Das WAVE – Wörgler Gesundheitseinrichtung

Viel Gewicht liegt auf Zahlen und Fakten – am WAVE hängen aber auch viele Emotionen. „Es ist uns wichtig, dass das Bad bestehen bleibt“, betont Tanja Naschberger, als Lehrerin in der Wörgler Schwimmschule betreut sie Familien bei Baby-Schwimmkursen: „Jährlich sind in unseren Kursen 400 Babies. Ab viereinhalb beginnen Anfängerschwimmkurse, die rund 1.200 Kinder jährlich besuchen. Schwimmen ist eine lebenswichtige Fähigkeit“, so Naschberger, die auch auf die Plitsch-Platsch-Tage für Kindergärten hinweist: „2020 waren 300 Kindergartenkids im Gruppenverband mit ihren Pädagoginnen bei uns.“

Melanie Schoner-Haid betreut als Schulschwimmtrainerin die Schulschwimmwochen für die Volksschulen – das seien „jährlich 15.000 Schüler aus Wörgl und Umgebung. Dazu nützt das BRG Wörgl das WAVE täglich, auch die Neuen Mittelschulen sind hier. Unser Ziel, dass keine Nichtschwimmer mehr in den Volksschulen sind, haben wir geschafft.“ Dazu kommen noch vier Mal wöchentlich die Seniorenwassergymnastik mit bis zu 80 TeilnehmerInnen. Im Wave seien zudem 13 Vereine mit 1.200 Vereinsmitgliedern sowie 400 Leistungssportler aktiv.

„Schwimmen ist die gesündeste Sportart“, betont die Sportlerin Eva Dollinger, Mama von drei Kids und glühende Befürworterin des Weiterbestandes des Erlebnisbades:  „Das Wave ist eine Wörgler Gesundheitsstätte vom Baby bis zu den Senioren.“ Sie weiß, wie wichtig Schwimmen lernen schon für die Kleinsten ist: „Es ertrinken immer noch viel zu viele Kinder. Ziel bei unseren Schwimmkursen ist, schon den Kleinsten zu zeigen, wie sich über Wasser halten.“ Und hier sieht sie auch die Gemeinde in der Verantwortung: „Schwimmen lernen ist ein Muss!“

Aus der guten Zusammenarbeit mit Kindergärten und Schule resultiere auch der rege Zulauf zu Vereinen – Wörgl habe große Tradition und schreibe Erfolgsgeschichte mit dem Schwimmclub sowie dem Triathlon-Verein. Das Vereinsleben biete zur gesunden sportlichen Bewegung Persönlichkeitsbildung für den Nachwuchs: „Man lernt, Ziele zu verfolgen, mit Erfolg und Misserfolg umzugehen, Selbstdisziplin und Gemeinschaft. Das Vereinsleben bietet ein stabiles Umfeld“, so Dollinger.

Erwachsenen biete das WAVE – auch mit der weitum geschätzten Sauna – eine tolle Auszeit. Gepflegt werden auch Firmenkooperationen für Betriebssport. „Heute wird vielfach über Bewegungsmangel bei Erwachsenen und Kindern geklagt, der sich in der Pandemie noch verschärft hat. Es ist nicht die Zeit, um über die Schließung einer Gesundheitseinrichtung zu reden, sondern um Konzepte für die Zeit nach der Pandemie zu machen, damit sich Kinder mit der gesündesten Sportart wieder mehr bewegen“, so Dollinger.

Von der Online-Petition zur Volksbefragung

„Für uns ist das bis heute ein Lernprozess“, zieht Tanja Naschberger Bilanz über die vergangenen Monate, in denen die WAVE-Befürworter mit öffentlichen Aktionen auf ihr Anliegen aufmerksam machten. „Als Mitarbeiter haben wir erst im Spätherbst mitgekriegt, dass es der Stadt nur mehr um die Schließung geht“, so Melanie Schoner-Haid.  „Wir starteten auf der Online-Plattform Aufstehn eine Petition, die von 3.738 Menschen unterzeichnet wurde. Darauf bekamen wir so viel Gegenwind wie noch nie! Unsere Facebook-Seite zählt 2.413 Mitglieder, die sich für den Erhalt des WAVE aussprechen“, berichtet Gabi Hausberger.

„Von den 260.000 verzeichneten Jahres-Eintritten kommen 80.000 aus Wörgl“, so Hausberger. So informierte man in Wörgl zur Weihnachtszeit mit Plakaten und einer Postwurfsendung über die Besucherfrequenz und Fakten zum Erhalt des Erlebnisbades und  schöpft Hoffnung aus  sehr vielen positiven Reaktionen – darunter auch Postings von Ärzten, die sich klar für den Erhalt des einzigen öffentlichen Hallenbades im Bezirk Kufstein aussprechen.

Die nun angestrebte Volksbefragung habe sich so ergeben, „das war nicht von Anfang an so geplant. Wir hatten auf Gespräche und Zahlen gesetzt. Aber jetzt ist die Volksbefragung unser letzter Strohhalm“, erklärt Tanja Naschberger. Wie andere WAVE-Befürworter war auch sie Unterschriften sammeln. „Wir benötigen 1.600 Unterschriften von WählerInnen, dann muss die Volksbefragung stattfinden“, so Hausberger. Man sei nicht blauäugig und wisse, dass das Ergebnis nicht bindend ist. Aber: „Die Stimme des Volkes nicht wahrnehmen – kann sich das eine Gemeindeführung leisten?“

Hinterfragt wird auch, warum das vom Gemeinderat 2020 geforderte neuerliche Gutachten über die weitere Vorgangsweise bei der WAVE-Sanierung nicht erstellt wurde . „Das Land hat vor drei Wochen nochmals auf ein aktuelles Gutachten gedrängt und wollte dafür sogar Kosten übernehmen“, so Hausberger.

Betroffen sind 45 fixe MitarbeiterInnen, allesamt in Kurzarbeit. Sie erhielten bereits ein Schreiben der Stadt, dass am Freitag, 19.2.2021 eine Mitarbeiterversammlung mit Anwesenheit der Stadtführung stattfindet, bei der auch ein Sozialplan ausgearbeitet werden soll. Nicht mitgezählt sind da weitere im WAVE tätige Personen – darunter allein rund 50 TrainerInnen.

„Wir sind in ein Politikum reingerasselt, was wir nicht wollten“, lautet eine Erkenntnis der engagierten Befürworterinnen, die sich auf jeden Fall weiter für den Erhalt der Wörgler Wasserwelt engagieren wollen.

Wörgler Volkspartei fürs WAVE

„Was sich in den letzten Wochen bereits abgezeichnet hat, ist seit wenigen Tagen Gewissheit. Ohne aktuelle Zahlen und Fakten vorlegen zu können, möchte Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner das beliebte Wörgler Schwimmbad WAVE zusperren und abreißen lassen. Über die Bevölkerung will sie gemeinsam mit den Freiheitlichen einfach drüberfahren“, teilt ÖVP-Stadtparteiobmann GR Michael Riedhart mit. Die Wörgler Volkspartei hab deshalb gemeinsam mit Organisationen, denen die Erhaltung dieser für Wörgl so wichtigen Einrichtung ebenso ein Herzensanliegen ist, in den letzten Tagen Unterschriften zur Einleitung einer Volksbefragung gesammelt. Diese werden am  Donnerstag, 18.2.2021 an Bürgermeisterin Hedi Wechner übergeben.

LR Josef Geisler gesprächsbereit

Die Stadtgemeinde Wörgl informierte mittels Presseaussendung über das Ergebnis eines Informationsgesprächs  am 16.2.2021 zwischen Tirols Sportlandesrat Josef Geisler, Wörgls BGM Hedi Wechner und dem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Dipl. Ing. Johannes Schmidt. Dabei habe man sich seitens des Landes gesprächsbereit gezeigt, „in Wörgl ein Konzept für ein neues Regionalbad zu erarbeiten“.  Geisler wolle weitere Gespräche in größerem Rahmen.  Die Errichtung eines neuen Regionalbades in Wörgl auf bezirksweiter Basis  solle im Rahmen einer Bürgermeisterkonferenz des Bezirkes wie auch im Planungsverband behandelt werden. Für Geisler braucht es in Wörgl auch in Zukunft ein Bad für die Region, das Tourismus, Freizeitgestaltung und Trainingsmöglichkeiten gleichermaßen bediene. Und er sei sich auch bewusst, dass Wörgl diese Kosten keinesfalls alleine stemmen könne.