Aufgrund der Corona-Pandemie wird es heuer ein stiller 1. Mai – die Blasmusikkapellen müssen das traditionelle Mai-Blasen leider absagen. Einen musikalischen Gruß zum „Tag der Arbeit“ gibt´s deshalb online – aus dem Archiv des Unterguggenberger Institutes, komponiert vom Wörgler Freigeld-Bürgermeister Michael Unterguggenberger.
Michael Unterguggenberger ging mit dem Wörgler Freigeld-Experiment in die Weltgeschichte ein. Der Wörgler Bevölkerung war der engagierte Bürgermeister nicht nur wegen der Arbeitslosen-Nothilfe-Aktion ein Begriff – Unterguggenberger war ein vielseitiger Musikant. Er spielte mehrere Instrumente, komponierte, wirkte im Unterhaltungsmusik-Ensemble „D´lustigen vier Wörgler“ mit, gründete und leitete die Arbeiter-Jugendmusikkapelle und trug wesentlich zur Ausbildung der Jungmusikanten bei.
1921 gründete Michael Unterguggenberger die Wörgler Arbeiterjungmusik, die er bis 1926 leitete und in dieser Zeit viele der jungen Musikanten auch unterrichtete. Zu den bekanntesten seiner Schüler zählte das außerordentliche Wörgler Talent Gottlieb Weißbacher (1907-1988), der später mit seiner legendären Inntaler-Formation zum Begriff in der Tiroler Volksmusik-Szene wurde. Franz Posch schrieb über ihn seine Diplomarbeit und berichtet darin auch von Unterguggenbergers Wirken als Kapellmeister der Jungmusik, die Nachwuchs für die 20 Jahre zuvor gegründete Arbeitermusik Wörgl lieferte. Der Arbeitermusik gehörte Michael Unterguggenberger als Flügelhornist an. 1912 komponierte er anlässlich des 10jährigen Bestehens der Kapelle den „Erinnerungsfestmarsch“ und verwendete fürs Trio die Melodie vom „Lied der Arbeit“ (Liedtext auf https://www.volksliederarchiv.de/stimmt-an-das-lied-der-hohen-braut-lied-der-arbeit/)
Michael Unterguggenberger teilte in der Jungmusik die Instrumente zu und unterwies die jungen Burschen in der Handhabung, wofür sich Unterguggenberger zuvor selbst das Spielen etlicher Instrumente beibrachte, darunter auch Querföte. Gemeinsam mit dem Sohn des Kapellmeisters am Euphonium, Johann Unterguggenberger, entwickelte sich der Flügelhornist Weißbacher bald zum besten Musikanten der Jungmusik, übernahm bei Verhinderung des Kapellmeisters als dessen Stellvertreter den Taktstock und wurde 1926 dann deren Kapellmeister. Von Unterguggenberger erlernte er die damals in Tirol noch nicht gebräuchliche Spieltechnik des Doppelzungenschlages, die Unterguggenberger laut Franz Posch während des Ersten Weltkrieges in Frankreich kennengelernt hatte. Als Weißbacher am 1. Dezember 1926 nach Innsbruck übersiedelte, löste sich die Jungmusik auf, da kein geeigneter Kapellmeister mehr gefunden wurde.
Im Quartett „D´vier lustigen Wörgler“ war Michael Unterguggenberger als Tanzmusiker ebenso zu hören wie bei der Hausmusik daheim, wo er seiner Frau Rosa Zitherstücke widmete. Unterguggenberger legte sich zahlreiche weitere Instrumente wie Geige oder Kontrabass zu. Rosa erlernte ebenfalls das Zitherspielen. Sie entstammte einer Künstlerfamilie, ihre Eltern waren europaweit als Kunstsänger-Duo unterwegs, bevor sie sich in Wörgl niederließen und einen Basar und das Café Central in Bahnhofstraße eröffneten.
Von den Zitherstücken, die Michael für seine Rosa komponierte, hieß eines „D´Rosl zwickt´s“. Die Familie bewahrte die Noten wie viele andere historische Dokumente aus dem Leben Michael Unterguggenbergers auf. Als 1996 zur Tagung „Vergeld´s Gott“ im Heimatmuseum Wörgl eine Sonderausstellung zum Wörgler Freigeld eröffnet wurde, erklangen seit Jahrzehnten das erste Mal wieder Zitherstücke aus der Feder Unterguggenbergers und dessen „Erinnerungsfestmarsch“, aufgeführt von der Bundesmusikkapelle Bruckhäusl. Der Marsch wurde 2006 vom jungen Kapellmeister der Musikkapelle Bruckhäusl, Harald Ploner für die heutige Besetzung der Blasmusikkapelle arrangiert. Aufgeführt wurde er u.a. auch beim Wörgler Gastwirtefest „Über die Gassn“ am 9. September 2006 – hier ein Videomitschnitt auf youtube: https://youtu.be/B58rG0co_Hk
BMK Bruckhäusl: „Erinnerungsfestmarsch“ – hier als mp3-Datei, aufgenommen 1996:
Bartl Egger : „D´Rosl zwickt´s“ – hier als mp3 hören
Bartl Egger: „Von zwölfe bis eins“ – hier als mp3 hören