Schlechtes Zeugnis fürs WAVE beim Lokalaugenschein

In die Tiefen der Wörgler Wasserwelt tauchte am 15. März 2021 eine Delegation bestehend aus Bürgermeisterin Hedi Wechner, dem gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. Johannes Schmidt und den drei WAVE-Geschäftsführern Mag. Philipp Ostermann-Binder, Mag. Walter Hohenauer und Andreas Ramsauer ab. Mit „erschütterndem Ergebnis“, wie Bürgermeisterin Hedi Wechner das Fazit ihres Lokalaugenscheines im Wörgler Gemeinderat am 25. März 2021 zusammenfasste.

Der Lokalaugenschein wurde angesetzt, nachdem wiederholt eine aktuelle Begutachtung des Zustandes der Wörgler Wasserwelt gefordert wurde. In der Gemeinderatsitzung gab der Sachverständige mit Fotos einen tiefen Einblick in die lange Mängelliste. Ob und wann das Erlebnisbad nochmals aufsperrt, hängt einerseits vom Corona-Pandemie-Verlauf ab – andererseits von noch notwendigen Überprüfungen u.a. hinsichtlich der Statik betreffend die Tragwerke der Becken. „Beim Sportbecken ist die statische Konstruktion massiv korrodiert“, teilte Stadtamtsleiter Ostermann-Binder mit. Ein Durchbrechen nach unten ist nicht möglich – im Visier ist die Stabilität der Seitenwände. Im Hüßing-Gutachten von 2019 wurde ein Austausch der Tragwerke binnen 3 Jahre gefordert. Es muss ausgeschlossen sein, dass hier Gefahr besteht – auch im Interesse der persönlich haftenden Geschäftsführer.

„Es macht keinen Spaß, ständig schlechte Nachrichten zu überbringen“, eröffnete DI Johannes Schmidt seinen Bericht vom mehrstündigen Lokalaugenschein, bei dem Oberflächen und Innenleben detailliert unter die Lupe – und damit vor die Linse der Kamera genommen wurden. Vorgegangen wurde dabei anhand der Mängelliste vom 2019 erstellten Hüßing-Gutachten. „Zwei Jahre später ist der Zustand nicht besser geworden“, so Schmidt. Deshalb empfehle er erneut, auf weitere Gutachten zu verzichten. Die veranschlagten Sanierungskosten von 9,5 Millionen Euro würden bei weitem nicht ausreichen – Schmidt geht von Kosten in der Höhe von 17 bis 19 Millionen Euro aus.

Das Resümee des Sachverständigen listete auf: schleißige Billigstbauweise, schwere funktionelle und konstruktive Planungsmängel, die seit Bestehen des Schwimmbades große Probleme machen (z.B. keine Barrierefreiheit). Optik und Technik hätten die „Zumutbarkeitsgrenze für Besucher erreicht bzw. überschritten. Teilweise seien nötige Sanierungsarbeiten nicht möglich, weil die Bereiche unzugänglich sind. Schmidt: „Ein Weiterbetrieb wäre nur mit sehr hohem Aufwand überhaupt denkbar, teilweise sind aus Sicherheitsgründen rasche Maßnahmen nötig.“

Mit Fotos untermauerte Schmidt die Auflistung der augenscheinlichsten Mängel. Beide Rutschentürme sind in sehr schlechtem Zustand. Holzfassaden sind feucht, sichtbare Glas- und Alukorrision, undichte Verglasungen, viele defekte Fliesen und Fugen sind an der Oberfläche sichtbar.  Noch schlimmer der Untergrund: Wasser dringt vielerorts aus den Becken in die darunterliegenden Räume. Rost allerorts – Wasser rinnt auch über Elektroinstallationen, tropft auf Elektroschaltschrank, Anzeigen sind kaputt, Pumpen oft defekt. Wände sind durchfeuchtet, Türstöcke am Ende. Schmidt´s Fazit: „Geeignet als Kulisse für einen Horrorfilm.“

„Eines Sanierung dieses Bades ist unmöglich“, erklärte Bürgermeisterin Hedi Wechner nach Schmidt´s Vortrag. Warum aufgrund des schlechten Zustandes dann das Wellenbad 2020 noch mit Kosten von mehr als einer halben Million Euro saniert wurde? Das werde sie öfter gefragt. Wechner rechtfertigt diese Entscheidung damit, dass ein Vertrag mit einer Firma bestanden habe und zu diesem Zeitpunkt noch niemand das Ausmaß der Corona-Abgänge wusste. Sie sei froh über die erfolgte Sanierung, denn diese habe gezeigt, „dass die Kosten ins Unendliche gehen würden“, so Wechner.

Wechner hält nichts davon, eventuelle Neubaukosten versus Sanierungskosten in die Waagschale zu werfen – nach dem Motto „30 Millionen für einen Neubau wären da, aber keine 20 Millionen für die Sanierung“: „Es war nie geplant, dass die Stadt ein Bad um 30 Millionen Euro errichtet – das wäre ein Regionalbad. Das allein zu bauen kann und will sich die Stadt nicht mehr leisten“, so Wechner.

Volksbefragung am 11. April 2021

Bei der Entscheidung über die Zukunft der Wörgler Wasserwelten kann nun die Wörgler Bevölkerung im Rahmen einer Volksbefragung mitwirken: Am 11. April 2021 sind 10.261 Personen abstimmungsberechtigt – davon sind 1.363 EU-Bürger. Die Wahllokale sind von 7:30 bis 13:00 Uhr geöffnet und befinden sich in der NMS2, im Bundesschulzentrum, im Komma, im Volkshaus sowie beim Morandell. Zusätzlich ist von 9-12 Uhr eine mobile Sonderwahlbehörde unterwegs. Wahlkarten können schriftlich bis 7.4., mündlich bis 9.4. im Stadtamt beantragt werden – sie müssen bis spätestens 9.4. um 14:00 Uhr im Stadtamt eintreffen.

Kritik an der 70%-Wahlbeteiligungs-Hürde

Im allfälligen Teil der Gemeinderatsitzung griff GR Dr. Andreas Taxacher (Team Wörgl)sowie GR Michael Riedhart (ÖVP-Stadtparteiobmann, Junge Wörgler Liste) nochmals das Thema Wörgler Wasserwelt auf. „Derzeit sind alle Beurteilungen von Behörden und TÜV positiv, sie lassen den Betrieb zu“, so Taxacher, der den Sanierungsbedarf einräumt, aber man wisse schon länger vom schlechten Zustand. Taxacher plädierte dafür, das Bad noch zwei Jahre offen zu halten, um diese Zeit für intensive Verhandlungen mit künftigen Partnern zu nützen.

Bgm. Hedi Wechner hält diesen Ansatz für „Realitätsverweigerung“ – der Zustand sei derartig schlecht, dass weitere Sanierungskosten „durch nichts zu rechtfertigen sind“. GR Riedhart kritisierte „flapsige Bemerkungen“ im Expertenvortrag und plädierte für eine Sanierung – im Sinne des Schwimmsportes, der Kinder und Senioren.  Er ortete ein „Versagen bei der Bürgermeisterin, die in den letzten 10 Jahren in der Causa Wave nichts getan“ habe.

Riedhart wie auch die Wörgler Grünen lehnen die von Bgm. Hedi Wechner ausgerufene Bedingung ab, derzufolge das Ergebnis der Volksbefragung nur bei einer Wahlbeteiligung von 70 % bindend sei.

„Wie ist die Stimmung beim Personal?“ erkundigte sich GR Kayahan Kaya. „Letzten Freitag fand ein Gespräch mit dem Betriebsrat und einem Juristen der Arbeiterkammer statt“, teilte Bgm. Wechner mit. Die Beschäftigten seien derzeit in Kurzarbeit. Die Stimmung könne nicht gut sein, „wenn der Betrieb auf der Kippe steht“. Es sei nun Aufgabe der Stadt, bei der Bewältigung des Jobwechsels unterstützend tätig zu sein.