Unter den Klängen eines Bläserquartetts der Stadtmusikkapelle Wörgl schwebte am 3. Mai 2019 das neue Wörgler Turmkreuz in luftige Höhen, wo es in 47 Meter Höhe mit akrobatisch anmutender, handwerklicher Präzisionsarbeit von Andreas Mayerl, Helmut Zeiner und David Weiler auf dem neu gedeckten Turmspitz montiert wurde. Während der Feier im Kirchhof, bei der Pfarrer Theo Mairhofer das neue aus Edelstahl gefertigte, vergoldete Kreuz weihte, versammelten sich Fahnenabordnungen der Traditionsvereine, politische Mandatare und viele interessierte WörglerInnen, um beim einmaligen und spannenden Ereignis dabei zu sein.
Die Turmkreuz-Aufsteckung bewegte und bildete den bisherigen emotionalen Höhepunkt für viele Beteiligte an der laufenden Kirchenrenovierung, die im Mai 2018 mit Malerarbeiten an der Fassade begonnen wurde. Bei Dachreinigungsarbeiten kam dann die Hiobsbotschaft für die Pfarre: Mit Reparaturen ist da nichts mehr zu machen – eine Neueindeckung des rund 1.700Quadratmeter großen Kirchendaches sowie des Turmdaches war unumgänglich.
Was zu einer enormen Erhöhung der ursprünglich veranschlagten Kosten von rund 270.000 Euro führte. Für die Dachsanierung mussten weitere 570.000 Euro veranschlagt werden, und im Zuge der laufenden Arbeiten stellten sich die „Tücken des alten Gebäudes“, wie Pfarrgemeinderatsobmann Heinz Werlberger es formulierte, als weitere Kostentreiber heraus. Mittlerweile liegen die geschätzten Kosten bei rund einer Million Euro!
An den Renovierungsarbeiten, die noch bis Herbst laufen, sind neun heimische Firmen beteiligt, wobei der Großteil der Arbeiten von der Dachdeckerei Weißbacher aus Kirchbichl, die Malerarbeiten vom Wörgler Betrieb Günther Ladstätter und die spektakulären, gerüstlosen Spengler- und Fassadenarbeiten am Turm vom Osttiroler Spezial-Unternehmen Sepp Mayerl & Sohn GmbH ausgeführt werden. Die Planung und örtliche Bauleitung erbringt ehrenamtlich Architekt DI Hubert Lechner aus Wörgl.
Im Zuge der Fassadensanierung wurden bisher rund 2.000 Quadratmeter Wand mit einem neuen Anstrich versehen und desolate Stiegenaufgänge nordseitig erneuert. Im März 2019 wurde mit der Eindeckung des Turmdaches begonnen, wobei sowohl das Denkmalamt als auch das Bauamt der Erzdiözese dafür Kupfer vorgaben –aus Gründen der Sicherheit ebenso wie der Wartungsfreiheit. „Mit der jetzigen Ausführung sollte dieses Dach 150 Jahre lang halten“, erklärt Spengler- und Dachdeckermeister Andreas Mayerl, in dessen Familienbetrieb auch das neue Kreuz hergestellt und blattvergoldet wurde. Übrigens in den Originalmaßen von 2,70 Meter Höhe und 1,6 Meter Breite, allerdings nicht mehr in Holz mit Kupferbeschlag, sondern in Edelstahl – das alte Turmkreuz war bereits durch eindringende Feuchtigkeit teilweise morsch.
Wiederverwendet und von den beiden betriebseigenen Vergolderinnen Kathrin Mayerl und Angelika Riedl ebenso mit einem Blattgold-Überzug versehen wurde die Turmkugel aus Kupferblech, in der neben der bereits vorgefundenen Zeitkapsel mit historischen Dokumenten nun eine zweite mit Botschaften unserer Tage hinterlegt wurde. Diese betreffen die laufenden Sanierungsarbeiten, das Pfarrleben, zeitgeschichtliche weltpolitische Meilensteine seit der letzten Turmrenovierung 1967 sowie Daten zur Stadt Wörgl heute. Beigelegt wurden neben Druckwerken auch Fotos, Euro-Münzen, nachgedruckte Freigeldscheine, eine I-Motion-Zeitwertkarte und heute verwendete Datenträger, auch wenn unsicher ist, ob darauf Gespeichertes in Zukunft überhaupt noch abrufbar sein wird.
Die 20 kg schwere Turmkugel mit den Zeitkapseln wurde bereits mittags mit der Seilwinde auf die Kirchturmspitze transportiert und dort befestigt, wobei die Osttiroler Spezialisten dabei dem Wörgler Lorenz Blattl die Steuerung der Seilwinde anvertrauten. Blattl hatte bereits bei den Umbauarbeiten an der Wörgler Kirche 1961 mitgearbeitet.
„Das ist kein beneidenswerter, aber ein bewunderswerter Job“, stellte Pfarrgemeinderatsobmann Heinz Werlberger bei der Feierstunde im Kirchhof fest, als das 85 kg schwere neue Kreuz mithilfe von motor- und handbetriebenen Seilwinden an seinen Platz gehoben und von den drei Handwerkern befestigt wurde. Am Boden gab es noch eine Überraschung der Sepp Innerkofler Schützenkompanie für Pfarrer Theo Mairhofer: Hauptmann Manfred Mohn überreichte ein Spendenkuvert, wofür ihm und allen bisherigen Sponsoren gedankt wurde. „Bis heute wurden von der Bevölkerung über 220.000 Euro gespendet“, teilte Heinz Werlberger mit, wobei die Pfarre auf weitere Unterstützung hofft. Zur zügigen Fertigstellung der Renovierungsarbeiten hat die Erzdiözese der Pfarre einen Kredit eingeräumt, für dessen Rückzahlung weiterhin gesammelt wird.
An der Fassadenrenovierung beteiligt sich die Stadtgemeinde Wörgl mit 80.000 Euro. Wörgl Bürgermeisterin Hedi Wechner wünschte sich in ihrer Ansprache, dass „dieses Kreuz im Zeichen der Toleranz aufgerichtet wird“. Für ein „gedeihliches Miteinander unter dem Kreuz unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft“ plädierte auch Stadtpfarrer Dekan Theo Mairhofer: „Unsere Zukunft hängt davon ab, bereit zu sein, uns die Hände zu reichen und die Kraft dazu zu haben.“
Unter den interessierten ZuschauerInnen fanden sich u.a. die Wörgler Nationalräte Christian Kovacevic und Carmen Schimanek, zahlreiche Gemeindemandatare, Abordnungen von Rotem Kreuz, Feuerwehr, Veteranenverein, Kameradschaftsbund, Schützenkompanie und Schützengilde sowie der Priester John Fisher aus Uganda, der nun einen Monat lang im Pfarrverband Wörgl-Bruckhäusl mitwirken wird.
Die laufende Kirchenrenovierung wird vom Wörgler Filmer Armin Oberhauser dokumentiert. Er war auch beim Festakt dabei und stellt sein Filmmaterial der Pfarre zur Verfügung. Die Feier im Kirchhof, bei der das wechselhafte Wetter mit Regenschauern und Sonnenschein auf seine Weise für Dramatik sorgte, klang bei einer Agape mit Brot und Wein gemütlich aus.