Artenvielfalt ist ein Geschenk der Natur, dass es in unserem dicht besiedelten Raum aber nicht mehr umsonst gibt – ohne ständige Pflege und menschlichen Eingriff könnten sich kleinräumige Refugien wie das Wörgler Feuchtbiotop Filz auf Dauer nicht halten. Und so führte Schutzgebietsbetreuer Philipp Larch mit seiner Helferschar auch diesen Herbst wieder den größten jährlichen Pflegeeinsatz mit Mahd von Feuchtwiese und Moor durch.
Das Naturjuwel entwickelte seine Artenvielfalt in Jahrhunderten extensiver kleinbäuerlicher Nutzung durch Nährstoffentnahme. In den 1980er Jahren erkannte die Ökologiegruppe Wörgl den ökologischen Wert des rund fünf Hektar großen Areals und legte mit ihrem Einsatz die Basis für den heutigen Status als geschützten Landschaftsteil, der von der Stadt angepachtet ist.
Seit Auflösung der Ökologiegruppe vor 13 Jahren drohte das massive Eindringen von invasiven Neophyten wie indisches Springkraut und kanadische Goldrute die heimische Artenvielfalt zu verdrängen. Was viele ehrenamtliche NaturschützerInnen verhinderten, die sich nun um „Filz-Aktivistin“ Maria Ringler scharten. Das Pflegekonzept wird seit Jahren unter Anleitung von Schutzgebietsbetreuer Philipp Larch behutsam angepasst und von wissenschaftlichen Erhebungen begleitet, mit denen evaluiert wird, ob die Maßnahmen auch den gewünschten Erfolg bringen.
Und das tun sie. „Beim Tiroler Naturführerkurs findet die Exkursion zum Thema Insekten in die Filz statt, das zeigt die Wertigkeit dieses Biotopes“, freut sich Philipp Larch. Die Filz ist Rückzugsort für hunderte Schmetterlingsarten, Libellen und Heuschrecken ebenso wie für Amphibien, Vögel und Kleinsäuger wie Haselmaus und Siebenschläfer.
„Amphibien benötigen offene Wasserflächen“, erklärt Larch das heuer durchgeführte Ausräumen von Teilflächen im großen Teich, der ohne Eingriff zu verlanden droht. Ohne Einsatz von Maschinen, in für das Biotop schonender, aber schweißtreibender Handarbeit. Hier wird die Bedeutung des namengebenden Wortes Filz augenscheinlich – der dichte Pflanzenbewuchs im Teich bildet ein dermaßen dichtes Wurzelwerk, dass ohne Säge nichts auszurichten ist. Stück für Stück legte Larch den Lehmboden frei. Die entfernten Wurzelballen bleiben noch einige Tage liegen, damit darin befindliche Tiere zurück ins Wasser können. „Wir entnehmen nur einen Teil, damit nie die ganze Tierpopulation entfernt wird. So kann sie sich wieder regenerieren“, betont Larch und gibt diesen Tipp auch allen, die selbst im Garten einen Teich angelegt haben.
Den heurigen heißen Sommer haben die Teiche dank ausreichender Niederschläge gut „übertaucht“. Eine „Feuerwehr-Infusion“, ohne deren Wasserspende die Teiche 2020 ausgetrocknet wären, war heuer nicht nötig.
Hochstauden reduzieren
„2021 starteten wir bereits damit, abwechselnd jeweils die Hälfte der Feuchtwiese auch im Sommer zu mähen“, erklärt Larch. Damit soll der Wiesencharakter erhalten und die vorrückenden Hochstauden wie Mädesüß eingedämmt werden, indem deren Aussamen verhindert wird. „Gewisse Insekten brauchen den Lichteinfall.“ Nach aktuellem Pflegeplan wird das Moor alle zwei Jahre gemäht – hier gilt es vor allem, die Verbuschung zu verhindern. Die herbstliche Mahd führte am 10. Oktober 2022 wieder der Maschinenring durch, der auch beim Abtransport des Schnittgutes aus dem Schutzgebiet mit Traktor und Seilwinde hilft. Während sich in der Feuchtwiese der Einsatz von bodenschonenden kleinen Maschinen bewährt hat, erfordern die Bodenverhältnisse im Moorbereich nach wie vor kräftezehrende Handarbeit. Das Schnittgut muss mit Planen aus dem Moor gezogen werden. Und dabei erhielt die Filz am 13. Oktober 2022 auch heuer wieder tatkräftige Unterstützung von der Volkshilfe Werkbank samt Beta-Team sowie von in Wörgl stationierten Flüchtlingen, die vom Freiwilligenzentrum in Hopfgarten vermittelt wurden. Maria Ringler und ihre HelferInnen verpflegten im Schützenvereinsheim die über 30 ehrenamtlichen Helfer kulinarisch mit Jause und Mittagessen. Das entfernte Material wird vom städtischen Bauhof zum Erdenwerk bei der Kläranlage in Kirchbichl transportiert.
Maria Ringler ist das ganze Jahr in der Filz unterwegs und hat mit ihrer Liebe zur Natur auch ihre Familie angesteckt, die immer wieder mithilft. So zimmerte ihr Sohn einen Geräteschuppen, der dank angebrachter Nisthilfen auch als „Waldhotel“ für Haselmaus und Siebenschläfer dient. „Die Gelbbauchunken sind geblieben, sie haben den Tümpel gut angenommen. Und eine Erdkröte war heuer auch da“, freut sich Ringler, die den Unken-Nachwuchs im Auge behält und bei Austrocknungsgefahr selbst im Tümpel Wasser nachfüllt. Mit Leidenschaft vermittelt Maria Ringler ihr Wissen bei Führungen an Schulkinder ebenso wie an Interessierte jeden Alters. Philipp Larch stellte die Filz auch schon beim Seniorentreff im Tagungshaus vor.