So absurd die Handlung der bitterbösen Satire „Die Firma dankt“ anmuten mag – wer Wirtschaftsnachrichten verfolgt, wird viel Reales im Theaterstück von Lutz Hübner entdecken, das die Gaststubenbühne Wörgl in der Regie von Thomas Kraft noch bis 4. Mai 2019 auf die Bühne im Astnersaal bringt. Am 6. April fand die umjubelte Premiere vor einer phantastischen Kulisse statt, die die Wandlungsfähigkeit dieser historischen Spielstätte mit Ablaufdatum eindrucksvoll in Szene setzt.
Alles in weiß – und über den Köpfen der mitreißend agierenden Schauspieler thront ein überdimensionaler Luster. Die 6,5 Meter Saalhöhe inspirierten das Team der Gaststubenbühne Wörgl zum Bühnenbild, das mit Licht-Effekten bespielt Teil der Dramaturgie wird. So verwandelt macht der Astnersaal der Vorgabe, in einem herrschaftlichen Gästehaus zu spielen, alle Ehre.
Das Gästehaus einer Firma, die soeben von einem internationalen Investor der New Economy geschluckt wurde. In dieses wird Abteilungsleiter Krusenstern – authentisch dargestellt von Stuart Kugler – von der neuen Firmenleitung zu einem Wochenende eingeladen. Wird er auch gekündigt wie viele andere? Beim Eintreffen stellt er fest, dass er der einzige der alten Garde ist.
Anstatt ihn mit klaren Anweisungen zu konfrontieren, lädt man ihn ein, sich zu entspannen. Vorzu trudeln Leute ein, die Krusenstern nicht einordnen kann. Die Assistentin Mayumi (Carmen Bichler), die ihm den Aufenthalt angenehm gestalten soll. Der „Schnösel“ Sandor (Othmar Haller), den Krusenstern als von sich eingenommenen Idiot, als Rattenfänger und Scharlatan bezeichnet und am liebsten gleich achtkantig rauswerfen würde. Der saloppe John (Dominic Kainzner), der offenbar ebenso wie die Personalberaterin Ella (Birgit Hermann-Kraft)wohl über seine Zukunft in dieser Firma mitentscheiden werden.
Doch da gibt es kein Hearing – niemand kümmert es, was Krusenstern in den vergangenen20 Jahren im Unternehmen mit 100jähriger Firmentradition geleistet hat. Stattdessen soll er mit in die Sauna. Oder Golf spielen. Was wird also von ihm erwartet? Krusenstern wird aktiv – organisiert ein Meeting, um die Ankunft der neuen Firmenleitung zu planen. Und muss feststellen, dass die Personalverwaltung nicht nur ein Goldenes Buch, sondern auch ein Schwarzes mit peinlicher Bespitzelung geführt hat. Das bleibt nicht die einzige unangenehme Überraschung.
Als man ihm nach Spielchen mit zweifelhaften Methoden mitteilt, dass man keine neue Unternehmenskultur mit alten Mitarbeitern umsetzen könne, scheint sein Schicksal besiegelt. Hätte er da nicht mit seinem „Old School“-Meeting imponiert. Wird die demütigend inszenierte Kündigung zurückgenommen? Hat Krusenstern doch noch eine Zukunft im Unternehmen – und wenn ja, in welcher Rolle? Opfert er dafür seine Würde und Selbstachtung? Lässt er sich für die Zwecke der neuen Führung instrumentalisieren, wird deren dunkler Schatten? Schließlich hat er eine Familie zu ernähren und nichts zu verlieren.
„Heute ist die Welt globalisiert, Informationen rasen im Bruchteil einer Sekunde um den Globus. Beständigkeit ist kein Wert mehr, sondern ein Makel“, erklärt Regisseur Thomas Kraft im Interview zur Motivation, den von der Finanzindustrie diktierten Wandel im globalisierten Casino-Kapitalismus auf die Bühne zu bringen. Ein Wandel, dessen Auswirkungen uns alle betrifft.
„Die Firma dankt“ wird weiters am 11., 13., 14., 17., 22., 26., 27. und 30. April sowie am 4. Mai 2019 ab 20 Uhr im Anstersaal, Hotel Alte Post in Wörgl aufgeführt. Karten im Vorverkauf online auf gsbw.net sowie bei den Vorverkaufsstellen Papier Zangerl in Wörgl und Rechtsanwälte Hermann & Kraft & Dallago in Kufstein. Karten im Vorverkauf für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre um 11 Euro, für Erwachsene 13 Euro, an der Abendkasse bis 18 Jahre um 13 Euro und für Erwachsene 15 Euro. Schülergruppen ermäßigt.