Wörgler Budget 2025: Neuverschuldung steigt

Mit 13 Ja-Stimmen bei 6 Gegenstimmen und einer Stimmenthaltung wurde am 18. Dezember 2024 das Budget der Stadtgemeinde Wörgl für 2025 vom Wörgler Gemeinderat mehrheitlich beschlossen. Die Opposition kritisiert vor allem den Anstieg der Neuverschuldung, die großteils auf dem Ankauf des „Schachtner-Grundstückes“ zur Realisierung des Zentrums-Bauprojektes beruht – von 7,7 Millionen Euro Darlehensvolumen sind 4 Millionen Euro fürs „Bürgerhaus-Areal“. Dem Grundstücks-Ankauf wurde mit namentlicher Abstimmung mit 14 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen und einer Stimmenthaltung grünes Licht gegeben.

Im Ergebnishaushalt der Stadtgemeinde Wörgl stehen 2025 Aufwendungen von rund 57,2 Millionen Euro Erträge von rund 54,8 Millionen Euro gegenüber, was ein negatives Nettoergebnis von rund 2,4 Millionen Euro erwarten lässt. Der Personalaufwand schlägt mit 20,9 Millionen Euro zu Buche, der Sachaufwand mit 18,7 Millionen Euro und die Transferleistungen mit 16,8 Millionen Euro.

Im Finanzierungshaushalt wird die Mittelverwendung der operativen Gebarung wie folgt angegeben: 52 Millionen Euro Einzahlungen stehen Auszahlungen von 50 Millionen Euro für Personal-, Sach-, Finanz- und Transfer-Aufwand gegenüber. Rund 2 Millionen Euro werden für Projektfinanzierungen verwendet.

Während die Einnahmen aus dem Bundes-Steuertopf annährend gleich bleiben, steigen die Aufgaben und damit verbundene Kosten für die Stadt, wie Bürgermeister Michael Riedhart seine Budget-Präsentation einleitete. Deshalb seien künftig Einsparungen nötig, um das „Auseinanderdriften der Einnahmen-Ausgaben-Schere“ zu stoppen. Riedhart kündigte eine Durchforstung der Ausgaben und Kürzungen bei Förderungen an. So sollen für Vereine neue Förderrichtlinien erarbeitet werden, die jene mit „großem Nutzen für die Stadt etwa durch Jugendarbeit und Beteiligung an Events wie Aktion Sauberes Wörgl, Stadtfest und Adventmarkt belohnen“.

Bei den Investitionen listete Riedhart rund 500.000 Euro für den Neubau der Rendlbrücke auf. Zu den Straßenbauprojekten zähle weiters die Errichtung einer Abbiegespur auf der Innsbrucker-Straße auf Höhe des Gasthofes Lamm und eine Verbreiterung der Schopperbrücke, um dort Gegenverkehr zu ermöglichen. Die Maßnahme beinhaltet weiters Asfaltierungsarbeiten in der oberen Bahnhofstraße im Bereich des Kargl-Bauern zielt darauf ab, den stadteinwärts fließenden Verkehr schon vor der Kreuzung Wildschönauer Straße abzuleiten und damit den oberen Bereich der Bahnhofstraße zu entlasten, der durch die Abrissarbeiten am Zentrumsprojekt-Areal beansprucht wird. Mit diesen soll im April 2025 begonnen werden. Der Baustart fürs Zentrums-Projekt sei Ende 2025 anberaumt, so Riedhart.

Der Ankauf des „Bürgerhaus-Areals“ beziffert Riedhart mit 4,4 Millionen Euro, die 3,1 Millionen Euro Kaufpreis sowie Grunderwerbs-Nebenkosten von rund 143.000 Euro, Vertragserrichtungskosten von 26.400 Euro, eine Baukostenablöse von 818.400 Euro für Technikräume im Untergrund und 10 Tiefgaragen-Stellplätze  sowie Planungsleistungen von 189.600 Euro beinhalten. Zur Finanzierung soll ein Darlehen von 4 Millionen Euro aufgenommen werden, der berechnete Restbetrag von rund 293.000 Euro soll aus Eigenmitteln kommen.

Für den neuen Kindergarten an der Hagleitner-Straße sind Kosten von 1,7 Millionen Euro veranschlagt – nach Abzug der Förderung hat die Stadt 1,4 Millionen Euro zu zahlen, auch dafür soll ein Kredit aufgenommen werden. Zur Neuverschuldung von insgesamt 7,7 Millionen Euro trägt weiters ein Darlehen für die Ausfinanzierung der Begegnungszone in Höhe von 2,3 Millionen Euro bei.

Am Ende des Jahres 2025 wird der Stand der liquiden Mittel mit 7,5 Millionen Euro angenommen. „Damit verbleiben rund 5,3 Millionen Euro zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Tagesgeschäftes“, rechnete Riedhart vor.

Opposition kritisiert „massive Neuverschuldung“

Mit harscher Kritik am Budget 2025 meldeten sich bereits am Tag vor der Gemeinderatsitzung die beiden Landtagsabgeordneten Stadtrat Christian Kovacevic und Gemeinderätin Mag. Gabi Madersbacher von der Liste Hedi Wechner zu Wort, da sie aufgrund der zeitgleich stattfindenden Budget-Sitzung im Landtag an der Ausübung ihres Mandates in Wörgl gehindert würden – trotz mehrmaligen Ersuchens um Verschiebung des Gemeinderat-Sitzungstermines. Beide sehen darin Methode: „Von fünf Gemeinderatsitzungen im Jahr sind drei zeitgleich mit Landtagsitzungen“, ärgert sich Kovacevic. „Bürgermeister Riedhart will keinen Gemeinderat, keine Kritik und keine Debatten, sondern Autokratie und wie ein Mini-Orban über den Gemeinderat drüberfahren und die Opposition verhindern. Aber wir verschaffen uns Gehör“, sagt Madersbacher bei der gemeinsamen Pressekonferenz.

„2022 haben wir bei Amtsantritt eine ordentlich gefüllte Haushaltskasse mit 16,3 Millionen Rücklagen übergeben, der Verschuldungsgrad war bei 18 %. Jetzt ist davon fast nichts mehr da, der Verschuldungsgrad liegt bei 35 % ohne Haftungen. Fürs Wave sind noch 6 bis 7 Millionen Euro zu zahlen“, erklärt Kovacevic und kritisiert „die massive Neuverschuldung 2025 mit 7,7 Millionen Euro als unvorstellbare Belastung. Doch das reicht nicht für den Defizitausgleich, dazu werden noch 2,2 Millionen Euro aus den Rücklagen an liquiden Mitteln benötigt.“ Mit der Darlehensaufnahme von 2,3 Millionen Euro für die Begegnungszone beziffert Kovacevic deren Gesamtkosten mit rund 5 Millionen Euro. Der Ankauf des Schachtner-Areals sei ein „Prestige-Projekt des Bürgermeisters“ und abzulehnen. Hingegen seien für anstehende Projekte wie Schwimmbad, Hochwasserschutz und Pflichtschulerweiterung keinerlei Mittel im Budget 2025 vorgesehen. Die Erhöhung der Personalkosten um 2 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr auf über 20 Millionen Euro sieht Kovacevic maßgeblich in „der Freunderlwirtschaft im Dunstkreis des Bürgermeisters“ begründet. Die Gehaltsabschlüsse im öffentlichen Dienst verursachen ein Plus von 3,5 %, bei den Gesundheitsberufen von 4 %.

Madersbacher kritisiert weiters, dass im Budget weder Kosten für die Fertigstellung der Nordtangente noch für die Krankenhauserweiterung eingepreist sind und vermutet, dass „der Stadtrat dann für Überschreitungsbeschlüsse benützt wird. Der Gemeinderat wird entmündigt. Das regt mich voll auf!“ Die Finanzgebarung der Stadtführung gehe zu Lasten aller Wörgler. „Beim Schuldendienst von 2,1 Millionen jährlich sind allein 727.000 Euro Zinsendienst“, so Madersbacher, die kritisiert, dass „das WAVE-Areal nicht verwertet wird. Stattdessen gibt Wörgl für den teuersten Volleyballplatz Europas jährlich 1,2 Millionen Euro aus.“ Der Schuldendienst fürs längst geschlossene Erlebnisbad läuft noch bis 2032, über 6 Millionen Euro sind noch offen. „Der steigende Schuldendienst schränkt den Handlungsspielraum der Stadt ein“, stellt Kovacevic fest. Dieser liege derzeit bei 2 Millionen Euro frei verfügbarer Mittel aus der Gebarung und werde jetzt „verpulvert. Für jedes kleine Projekt wird es künftig eine Neuverschuldung brauchen“.

Kovacevic und Madersbacher sprachen sich beide bei der Pressekonferenz gegen den Ankauf des 1.559 Quadratmeter großen Schachtner-Areals aus. „Das Stadtamt wurde in den vergangenen zwei Perioden um über eine Million Euro saniert und erweitert“, so Kovacevic, der keinen Bedarf für ein neuen Bürgerhaus sieht. Pikantes Detail: In der Gemeinderatsitzung wurden sie von den Ersatzgemeinderäten Hans-Peter Hager und Andreas Schmid vertreten. In der namentlichen Abstimmung sprach sich Hager gegen den Ankauf, Schmid aber dafür aus.

Ponholzer: Grundstückspreis zu hoch

Einen Abänderungsantrag zum Budget brachte Vizebürgermeister Roland Ponholzer von der Liste „Wir für Wörgl“ ein und betrachtete den Grundankauf fürs Bürgerhaus als „langfristig nicht leistbar“. Zudem sei der Preis mit rund 2.000 Euro pro Quadratmeter zu hoch: „Der Gemeinderat ist nicht dazu da, Spekulations- oder Sanierungsgewinne für Unternehmer zu finanzieren.“  Ponholzer will „Investitionen nur dort, wo sie langfristig finanzierbar sind und der Daseinsvorsorge dienen, etwa beim Abwasserkanalsystem. Wir sollten uns die 4,4 Millionen für den Grundankauf sparen, 4 Millionen weniger Kredit aufnehmen und dafür 250.000 Euro für die fünfte Citybus-Linie, 15.000 Euro für Pflegemittel im Seniorenheim, 200.000 Euro für Instandhaltungen in den Schulen, 20.000 Euro für Tagesmütter und die Förderung für den Verein Komm!unity um 52.000 Euro von 568.000 auf 620.000 Euro aufstocken.“

Bürgermeister Riedhart kommentierte diesen Vorschlag mit „Geld verteilen mit der Gießkanne“ und bezeichnete ihn als Populismus, was Ponholzer zurückwies: „Es ist kein Populismus, sich um Menschen zu kümmern.“ Ponholzers Abänderungsantrag erhielt die Zustimmung von sechs MandatarInnen, 14 stimmten dagegen.

Weitere Stimmen aus dem Gemeinderat zum Budget 2025

Grün-GR Özlem Harmanci fehlten Budget-Posten für e5-Maßnahmen. „Dazu gibt es keine Haushaltsstelle, das läuft Abteilungsübergreifend im operativen Bereich mit“, erklärte Bgm. Riedhart dazu.

FWL-Gemeinderat Christopher Lentsch begründete seine Stimmenthaltung bei der Budget-Beschlussfassung mit fehlenden Investitionskosten für Schulen und Hochwasserschutz. Er befürwortete den Schachtnergrund-Ankauf ebenso wie Ponholzers Änderungsvorschläge und wünschte sich bei der Budgeterstellung „mehr Einbeziehung der Fraktionsführer“.

Aus der Wir für Wörgl-Fraktion stimmte GR Dr. Andreas Widschwenter sowohl fürs Budget als auch für den Schachtner-Grundankauf. Nachdem die Wiedereröffnung des WAVE kein Thema sei, solle 2025 entschieden werden, „wo die Reise beim WAVE-Grundstück hingeht“. Zum Nutzen der Gemeinde solle es für Betriebsansiedelungen im Verkauf oder Baurechts-Weg verwertet werden. „Die WAVE-Hinterlassenschaft muss gelöst werden, auch für die Weiterentwicklung des Schwimmbades“, so Widschwenter. Das Geld aus dem Bädertopf des Landes sei zu wenig. „Diese Ruine kostet. Jedes Jahr ist ein verlorenes Jahr“, meint Widschwentner, der für  Wörgls Zukunft eine wirtschaftliche Weiterentwicklung mit Ansiedelung neuer Arbeitsplätze als nötig erachtet.

Den Schachtner-Grundankauf als „notwendig zur Realisierung des Zentrumsprojektes“ sieht GR Hubert Werlberger und Ersatz-GR Andreas Schmid, der als Baureferent in der letzten Gemeinderatsperiode bereits mit dem Thurner-Projekt befasst war. Der Verkauf der alten Musikschule zur Errichtung des Kirchenwirtes und der Haus der Musik-Neubau sei der erste Baustein des Zentrumsprojektes gewesen, das „eine Jahrhundertchance für Wörgl ist. Bei der Realisierung muss die Stadt dabei sein“, so Schmid.

Eine Kontroverse über wertschätzenden Umgang im Gemeinderat entfachte die Wortmeldung von WFW-GR Patricia Kofler, die die Neuverschuldung von 7,7 Millionen Euro ablehnt und auf die Mittelfrist-Finanzplanung verwies: „Mit diesen Schulden ist die Gestaltung Wörgls für die nächste Generation verbaut.“ Kofler ist gegen eine neuerliche Streichung beim Citybus-Budget – Mobilität zur Verbindung der Menschen sei Aufgabe der Stadt. Kofler deutete Riedharts Gestik bei ihrer Wortmeldung als respektlos, worauf dieser mit „ich lasse mir meine Mimik nicht vorschreiben“ reagierte und meinte, er wolle den Weg in die Zukunft nicht verbauen, denn „ich habe eine fünf Monate alte Tochter und du bist nicht Mutter.“ Kofler darauf: „Ich bin Tante von zwei Nichten in Wörgl und ersuche um respektvolles Verhalten und dass ich ohne Unterbrechung aussprechen kann!“ Das Zentrumsprojekt sei Sache eines privaten Bauträgers, „die Umsetzung hängt nicht an uns.“

Als „gut für die Wirtschaft“ erklärte Wirtschaftsreferent GR Andreas Deutsch das Zentrumsprojekt mit „einer Realinvestition von 110 Millionen Euro in Wörgl“.

„Wir können aus dem laufenden Budget alles finanzieren“, stellte Überprüfungsausschuss-Obmann GR Dr. Herbert Pertl von der Liste Hedi Wechner fest, der dem Budget zustimmte. Positiv sei, dass die Überschreitungsbeschlüsse von einer Höhe von 6,97 Millionen Euro im Jahr 2023 auf rund 1 Million Euro 2024 gesunken seien. Pertl befürwortet das Zentrums-Projekt und sieht den Grundstücksankauf „als Sparbuch mit Verzinsung“.

Schachtner-Grundstücksankauf ja – Bürgerhaus nein…?

Der Ankauf des Schachtner-Grundstückes wurde mittels eigenem Gemeinderatsbeschluss mehrheitlich gefasst und polarisierte. Die Wörgler Grünen lehnten ihn ab. „Bei 4 Millionen Kredit ist das kein Sparbuch“, erklärte GR Iris Kahn. Sie stört, dass „es keine Projekt-Prioritätenliste gibt – Bürgerhaus, Schwimmbad, Schule – und was ist mit dem Wave-Grundstück?“ Worauf Riedhart seine Prioritäten bekannt gab: „1. Schwimmbad, 2. Schule.“ Ob auf dem Schachtner-Areal das Bürgerhaus komme, darüber könne man später entscheiden.

Und da besteht offenbar alles andere als Einigkeit selbst in Riedharts eigener Fraktion, wie die Wortmeldung von Ersatzgemeinderat Clemens Mayr zeigte: „Grundankauf ja, aber ich bin strikt gegen die Bürgerhaus-Bebauung. Die budgetären Mittel sind derzeit nicht vorhanden.“ Darüber könne man in 8 bis 10 Jahren reden. Den Grund zu sichern sei sinnvoll, auch die Tiefgaragenplätze dort. Aber: „Wir alle wurden nicht gewählt, um einen Palast für die Stadt zu bauen.“ Wahlentscheidend sei das Thema Schwimmen gewesen. Eine Bebauung könne erst nach dem Auslaufen von Schulden 2032 erfolgen.

Ersatzgemeinderat Hans-Peter Hager lehnte den Grundankauf mit Hinweis auf das vertraglich vereinbarte Wiederkaufsrecht ab 2028 ab: „Wenn bis dahin nicht gebaut wird, kann der Investor das Grundstück wieder zurückkaufen.“ Hager sieht auch keine Wertsteigerung beim Grundstück, außer man ändere die Flächenwidmung.

Bei der namentlichen Abstimmung waren Christopher Lentsch, Ing. Emil Dander, Dr. Herbert Pertl, Andreas Schmid, Dr. Andreas Widschwenter, Elisabeth Werlberger, Michael Riedhart, Kayahan Kaya (dieser hatte die namentliche Abstimmung beantragt), Thomas Embacher, Clemens Mayr, Sebastian Feiersinger, Hubert Werlberger, Andreas Deutsch und Novela Steinlechner (MFG) für den Grundstücksankauf. Dagegen stimmten Hans-Peter Hager, Gottfried Schneider, Roland Ponholzer, Patricia Kofler, Iris Kahn und Özlem Harmanci, Walter Altmann enthielt sich der Stimme.