Wörgler Gemeinderat: Personelles und Jahresrechnung 2022

Der Wörgler Gemeinderat gab am 23. März 2023 in seiner über sechsstündigen Sitzung mehrheitlich seine Zustimmung zur Jahresrechnung 2022, die ohne Beschlussempfehlung des Überprüfungsausschusses auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Die Opposition kritisierte sowohl die Mittelverwendung als auch fehlende Einsicht in Unterlagen. Wörgls Bürgermeister Michael Riedhart wies den Vorwurf der Verschwendung zurück und ernannte Gemeinderat Emil Dander (Liste Hedi Wechner/UFW) zum neuen Finanzreferenten, der vor allem bei der Budgetausarbeitung unterstützen soll. Überprüfungsausschuss-Obmann ist übrigens sein UFW-Fraktionskollege Gemeinderat Dr. Herbert Pertl.

Bürgermeister Riedhart übertrug die bisher von Emil Dander wahrgenommenen Agenden Öffentlicher Verkehr und Personalwesen an die Referentin für Nachhaltigkeit und Umwelt, Grün-Gemeinderätin Iris Kahn.

Nachdem die Bezirkshauptmannschaft Kufstein nach einer Aufsichtsbeschwerde die Stadt aufforderte, den Gemeinderatsbeschluss vom 6. Oktober 2022 zur Erweiterung des Stadtrates in Personalangelegenheiten um die Fraktionsführer der Wörgler Grünen, der MFG und der FWL  rückgängig zu machen, leistete der Gemeinderat dem mit einstimmigen Beschluss Folge. Vizebgm. Roland Ponholzer (Liste Wir für Wörgl) brachte einen Dringlichkeitsantrag zur Einrichtung eines Personalausschusses ein, um den Gemeinderat im nicht öffentlichen Sitzungsteil bei Personalentscheidungen einbinden zu können. Dem Antrag wurde die Dringlichkeit nicht zuerkannt – 10 Mandatare stimmten dafür, die Mandatare von ÖVP (9) und UFW (2) dagegen.

Jahresrechnung 2022

Der Jahresabschluss umfasst drei Haushalte: Der Ergebnis-Haushalt 2022 weist Erträge in Höhe von 66 Millionen Euro und Aufwendungen in der Höhe von 69 Millionen Euro, somit ein Minus von 3 Millionen Euro als Nettoergebnis aus.

Der Finanzierungshaushalt umfasst rund 49,4 Millionen Euro an Einzahlungen in die operative Gebarung. Bei Auszahlungen der operativen Gebarung in Höhe von 41,7 Millionen Euro steht der Personalaufwand mit 15 Millionen Euro zu Buche, der Sachaufwand mit 13,9 Millionen Euro und Transfers mit 12,4 Millionen Euro. Bei den liquiden Mitteln wird ein Minus von 1,4 Millionen Euro verzeichnet. Der Vermögenshaushalt 2022 weist eine Bilanzsumme von 118 Millionen Euro aus. Wörgls Werte bestehen zu 63 % aus Grundstücken und Gebäuden, zu 18 % aus Unternehmen und zu 11 % aus liquiden Mitteln.

Bürgemeister Michael Riedhart präsentierte Eckpunkte der Jahresrechnung, bevor er für die Abstimmung den Saal verließ und sein Mandat Christiane Aufschnaiter wahrnahm. Er sei angetreten, „um Altes abzuschütteln und Neues zu ermöglichen“, so Riedhart, der den Vorwurf der Verschwendung als haltlos sieht: „Die Kassen sind voll. Wir haben 13 Millionen Euro liquide Mittel.“ Sehr positiv sei auch die Entwicklung der wichtigsten Gemeinde-eigenen Steuer, der Kommunalsteuer, die 2022 rund 8,3 Millionen Euro einbrachte – eine Steigerung um 6 %. Der Schuldenstand verringerte sich von 27,6 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 22,3 Millionen im Jahr 2022. „Mit einem Verschuldungsgrad von 18 %  zählen wir zur Topspitze der Tiroler Städte mit geringer Verschuldung“, so Riedhart, der meint: „Wir haben die Rücklagen nicht angegriffen. Im Budget 2022 waren 7,3 Millionen Euro an Rücklagen-Auflösungen geplant – gebraucht wurden nur 300.000 Euro.“

Vizebgm. Roland Ponholzer kritisierte, dass die Abschlüsse der städtischen Unternehmen bei Rechnungsabschluss dem Gemeinderat nicht vorliegen würden. Bgm. Riedhart erklärte dazu, dass diese im Dezember-Gemeinderat vorgelegen wären, sie aber nicht die Vertraulichkeit vom Gemeinderat zuerkannt bekamen. Sie würden in einer der nächsten Sitzungen nachgeliefert.

Eine nicht zufriedenstellende Auskunft für Überprüfungsausschuss-Mitglied Gemeinderat Dr. Andreas Widschwentner (WfW), der viele weitere angeforderte Unterlagen nicht ausgehändigt erhielt: „Laut Tiroler Gemeindeordnung brauche ich diese Unterlagen, damit ich meiner Kontrolltätigkeit dem Gesetz entsprechend nachkommen kann.“ Im Überprüfungsausschuss erhielt die 300 Seiten starke Jahresrechnung nur eine Ja-Stimme bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen.

Stadtamtsleiter Philipp Ostermann-Binder nahm Stellung zur Vorgangsweise des Amtes und den Fragen Dr. Widschwentners. Sämtliche Überschreitungsbeschlüsse seien aus Stadtratsprotokollen ersichtlich.  Sämtliche Dienst- und Angstelltenverträge von 500 Mitarbeitern zu übermitteln, das gehe nicht – man könne Einsicht nehmen, aber diese nicht zusenden. Was ausgelagerte Kapitalgesellschaften betrifft (Stichwort Wergel AG) hielt Ostermann-Binder fest: „Diese fallen nicht in die Kompetenz des Überprüfungsausschusses.“ Der habe sich ausschließlich um die Finanzen der Hoheitsverwaltung zu kümmern. Angefordert wurden weiters sämtliche Werks- und Dienstleistungsverträge – das sei aufgrund der Fülle auch nicht möglich. Allein 14.000 Stromkundenverträge bestehen – wozu brauche man die? Was wolle man da prüfen? „Es wurden keine Prüfungsfragen gestellt“, so Ostermann-Binder, der es auch ablehnte, alle Dienstbarkeits- und Bestandsverträge sowie sämtliche Buchhaltungsunterlagen zu übermitteln: „Das wären fünf Sattelschlepper voll!“ Prüfungsfragen würden beantwortet, aber nicht pauschal alle Unterlagen ausgegeben – die Position würde auch von den Aufsichtsbehörden bei Bezirk und Land vertreten.

Vizebgm. Ponholzer fragte nach, ob der Jahresrechnungsbeschluss auch dann gültig sei, wenn nicht alle Unterlagen da seien, was der Stadtamtsleiter bejahte.

Stadtrat Christian Kovacevic (Liste Hedi Wechner) stellte zunächst die Frage, wie sich die massiven Energiekostensteigerungen auf die Finanzen der Stadtgemeinde auswirken. Das wurde bei der Jahresrechnungserstellung nicht erhoben. „13 Millionen Euro liquide Mittel sind angesichts anstehender Großprojekte nicht viel – 2021 haben wir über 16 Millionen der neuen Stadtführung übergeben“, so Kovacevic. Das negative Rechnungsergebnis von 3 Millionen Euro sei ohne Realisierung von Großprojekten wie der einkalkulierten Fußgängerzone erzielt worden. Die Kommunalsteuer erreiche gerade einmal das Vor-Corona-Krisenniveau und der Verschuldungsgrad sei gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen. Die Stadt habe „nicht gut gewirtschaftet, das Guthaben schmilzt“, so Kovacevic, der meint, dass „dem Schönreden des Jahresabschlusses Zahlen gegenüberstehen, die nicht lügen.“

Bgm. Riedhart ortete darin „eine elementare Grundsatzdiskussion. Uns waren nicht die Großprojekte wichtig, sondern die Bevölkerung und die soziale Infrastruktur.“

Bei der Beschlussfassung wurden die drei Haushalte der Jahresrechnung mit 15 Ja-Stimmen bei fünf Nein-Stimmen und einer Enthaltung bewilligt, der Jahresabschluss 2022 inklusive Kassenbestand mit Entlastung des Bürgermeisters mit 14 Ja-Stimmen bei 5 Nein-Stimmen und zwei Stimmenthaltungen.

Die gesamte Gemeinderatsitzung wurde als Livestream ausgestrahlt und kann weiterhin online auf youtube angesehen werden – der Link: https://www.youtube.com/live/EaOF7al7sK8?feature=share