Sieben Stunden dauerte am 20. März 2024 die Sitzung des Wörgler Gemeinderates, bei der 22 Tagesordnungspunkte behandelt wurden – darunter die Beschlussfassung der Jahresrechnung 2023, die mit 12 Stimmen der 21 Gemeinderatsmitglieder mehrheitlich bewilligt wurde. Die Online-Aufzeichnung der Sitzung ist abrufbar unter: https://www.youtube.com/live/oKmPGf_rZjc?feature=shared
Vor der Abstimmung über der Jahresrechnung musste der Gemeinderat sich mit Überschreitungsbeschlüssen befassen. Auf heftige Kritik stießen die Kostenüberschreitungen bei den Bauarbeiten zur Errichtung der Begegnungszone sowie bei der Seniorenheimwäsche, die 2023 erstmals extern vergeben wurde. 2023 gab Wörgl für die „BeZo“ statt der kalkulierten 2,39 Millionen Euro laut Jahresabschluss fast 3,6 Millionen Euro aus, was längst noch nicht alle Kosten beinhaltet. Bisher sind laut Stadtamtsdirektor Dr. Philipp Ostermann-Binder 4,161 Millionen Euro abgerechnet. Die Endabrechnung der Bauarbeiten steht noch aus, auch die Ausgestaltung mit Sitzmöbeln und weiterem Mobiliar sowie Bepflanzung, weshalb mittlerweile Kosten von bis zu fünf Millionen Euro im Raum stehen. Der Gemeinderat hatte im Mai 2023 zwar Aufträge mit einem Volumen von 4,2 Millionen Euro beschlossen, aber keine dazu erforderliche Finanzierung.
Diese Kostenüberschreitung wurde mehrheitlich von 12 Mandataren zur Kenntnis genommen. Ebenso jene bei der Seniorenheimwäsche, die statt 105.000 Euro am Jahresende rund 278.400 Euro kostete. Begründet mit der Vergabe an einen „externen zertifizierten Wäschereiniger vor hygienerechtlichem Hintergrund“. Jetzt wird überlegt, doch wieder selbst eine Waschmaschine anzuschaffen und die Wäsche mit eigenem Personal zu waschen und die dazu nötige Zertifizierung anzustreben.
Bürgermeister Michael Riedhart verlas Eckzahlen aus der Jahresrechnung, die 2023 im Ergebnishaushalt Erträge von 52,8 Millionen Euro bei Aufwendungen von 52,6 Millionen Euro und damit ein Minus von 1,8 Millionen Euro ausweist. Durch Rücklagenentnahmen in Höhe von fast 5,8 Millionen Euro wird ein Nettoergebnis von rund 4 Millionen Euro ausgewiesen. Für „wichtige Projekte“ wurden 10,96 Millionen verbucht, für Investitionen 11,8 Millionen Euro. Die Kommunalsteuer hat sich aufgrund der Lohnerhöhungen positiv entwickelt und verzeichnet mit Einnahmen von 8,75 Millionen Euro ein Plus von 6 %. Gestiegen ist allerdings auch der Verschuldungsgrad – von 18,4 % 2022 auf 26,8 % 2023. Die Vermögenswerte der Stadt werden mit 120,2 Millionen Euro angegeben, 69 % davon sind Grundstücke und Immobilien, 18 % Unternehmen und 11 % liquide Mittel.
GR Gabi Madersbacher/Liste Hedi Wechner führte neben den Kostenentwicklungen bei BeZo und Seniorenheimwäsche als Ablehnungsgrund auch die fehlende Entlastungsempfehlung des Kontrollausschusses – „3 von 5 waren dagegen“ – an. Für Grün-GR Iris Kahn und FWL-Ersatzgemeinderat Gerhard Unterberger war zudem die WERGEL AG Anlass zur Verweigerung der Zustimmung. „Der Überprüfungsausschuss hat keine Kompetenz bei ausgelagerten Kapitalgesellschaften“, merkte Kahn an und kritisierte das Konstrukt: „Der Gemeinderat hat keinen Einblick mehr.“ Zudem würden durch die AG auch Kosten entstehen – Zuwendungen für Vorstände, Beratungskosten etc .- samt Gewinnversteuerung. Kahn: „Ist diese Holding wirklich zum Wohl der Bürger? Das soll geprüft werden.“
Dass sie das nicht ist, davon ist die FWL überzeugt. Ersatzgemeinderat Gerhard Unterberger brachte zu Sitzungsbeginn einen Dringlichkeitsantrag zur „Auflösung der WERGEL AG“ aufgrund mangelnder Transparenz und Verantwortlichkeit ein, der nicht die erforderliche Mehrheit für die Behandlung in laufender Sitzung erhielt. Mit der WERGEL AG begründete er auch das Nein zur Jahresrechnung. Die Kostenüberschreitungen beim BeZo-Bau nannten Vizebgm. Roland Ponholzer/Wir für Wörgl und STR LA Christian Kovacevic/Liste Hedi Wechner als Ablehnungsgrund, letzterer kritisierte auch die deutlich über die gesetzlichen Lohnerhöhungen hinaus gestiegenen Personalkosten.
Überprüfungsausschuss-Leiter GR Dr. Herbert Pertl mahnte in seiner Stellungnahme mehr Budgetdisziplin ein. Es dürfe künftig nicht mehr so viele Überschreitungen geben, sonst könne das Ende 2024 „schlagend werden“. Die Kostenüberschreitung bei der BeZo sei „kein Grund, die Jahresrechnung abzulehnen. Die Fußgängerzone wäre gleich teuer gewesen.“