„Die Gemeinde wurde nach Strich und Faden verarscht“ – machte Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner mit drastischen Worten ihrem Ärger über das Vorgehen der Kurz Invest GmbH Luft, die an der Kreuzung Brixentaler Straße – Pfarrgasse – Loingerstraße ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet hat. Größer als bewilligt. Weshalb der Gemeinderat am 20. Februar 2020 zu entscheiden hatte, wie man mit dem „Schwarzbau“ nun umgehen soll: Abbruch der zu viel gebauten Kubatur, Einschüttung des Gebäudes oder nachträgliche Bewilligung der höheren Baumassendichte – statt der genehmigten 4,2 liegt sie jetzt bei 4,6. Nach heftiger Diskussion ging die Abstimmung mit 12 Ja- bei 8 Gegenstimmen und einer Enthaltung für die nachträgliche Bewilligung aus.
Die Firma Kurz Invest GmbH erwarb die Immobilie und riss das dort befindliche Einfamilienhaus ab. Der Erstentwurft vom Februar 2017, ausgearbeitet vom Architekturbüro Lebeda, wurde von der Gemeinde aufgrund der zu hohen Baumassendichte abgelehnt. Am 3. Juni 2017 wurde ein Entwurf mit einer Baumassendichte von 4,2 für 13 Wohneinheiten und ein Geschäftslokal mit 150 Quadratmetern sowie einer Tiefgarage eingereicht und vom Gemeinderat mehrheitlich bewilligt.
Am 12. November 2019 suchte die Firma Kurz nach Fertigstellung des Gebäudes schriftlich um eine Erhöhung der Baumassendichte von 4,2 auf 4,6 an. Die zu viel gebaute Fläche entspreche einer Wohnfläche von 85 Quadratmetern, rechnete Technik-Ausschussleiter STR Ing. Emil Dander vor. Im Technik-Ausschuss stieß das Ansinnen nicht auf Zustimmung – mit 3:3 Stimmen gab es vom Fachausschuss keine Empfehlung für den Gemeinderat. Dass zu groß gebaut wurde, wertete Dander als „wesentlich mehr als Zufall – ich unterstelle pure Absicht. Das war nicht das erste Mal.“ Und dass die Wohnungen bereits vor der Bauabnahme an Mieter vergeben wurden, damit „sei endgültig der Ofen aus. Die Gemeinde braucht sich das nicht gefallen lassen“, so Dander.
Als „bodenlose Frechheit“ bezeichneten Vizebgm. Mario Wiechenthaler und GR Dr. Herbert Pertl die Vorgangsweise der Kurz Invest GmbH, die „der Gemeinde auf der Nase herumtanzt“, so Wiechenthaler. Pertl schließt einen Irrtum aus – schließlich seien die Bauherren vom Fach. „Das Gebäude ist nicht einreichgemäß errichtet“, stellte Pertl fest und zog in Zweifel, „solchen Planern in Zukunft noch zu trauen“. Da nun die Leidtragenden die Mieter sind, tue man sich mit der Entscheidung schwer.
„Die Abstimmung ändert nichts am Gebäude. Auch bei einer Aufschüttung bleibt das Gebäude gleich“, meldete sich GR Andreas Taxacher zu Wort und meinte mit Blick auf die Mieter, „nicht zuschütten wäre mir lieber.“
Als „sehr geglückt“ aufgrund der modernen Fassadengestaltung bezeichnete der stellvertretende Technik-Ausschussleiter GR Andreas Schmidt den Bau. Eine Erhöhung der Baumassendichte sei „völlig unakzeptabel“, aber ob ein Abreißen durchsetzbar sei, das bezweifle er. Leidtragende seien die Mieter und nach Aussage der Raumplanerin sei die Erhöhung möglich.
Strikt abgelehnt wurde die nachträgliche Erhöhung von GR Richard Götz – die Grünen hatten bereits 2017 aufgrund der Gebäudegröße gegen das Projekt gestimmt. Mit nachträglicher Bewilligung tue man in erster Linie dem Bauwerber etwas Gutes. Götz wies zudem auf die Folgewirkung für künftige Bauten hin.
„Rechtlich ist der Bauwerber absolut im Unrecht“, erklärte Bgm. Hedi Wechner. Der Bauwerber habe sich über die Vorgaben hinweggesetzt und trotz fehlender Benützungsbewilligung Mieter einziehen lassen. Trotz der Gefahr, dass „uns künftig die Bauwerber auf der Nase herumtanzen“, plädierte Wechner dafür auf eine Aufschüttung zu verzichten, da es sich „um ein besonders schönes Haus handelt und die Mieter in gutem Glauben eingezogen sind.“ Jetzt aufzuschütten, um die Baumassendichte zu verringern, komme „einem Schildbürgerstreich gleich“.
Auf die Fragen nach einer Strafe für den Bauwerber teilte Bgm. Wechner mit, dass die Stadt dazu keine Handhabe hat, der Vorfall aber der Bezirkshauptmannschaft gemeldet wurde.
„Aus moralischen Gründen kann ich da nicht zustimmen“, teilte Vizebgm. Hubert Aufschnaiter mit und erklärte, dass das Abstimmungsverhalten in der Fraktion der Wörgler Volkspartei freigegeben wurde. „Ich kann nicht Ungesetzliches im Nachhinein legalisieren“, meldete sich GR Hans-Peter Hager von der Liste Hedi Wechner zu Wort und ablehnend äußerten sich auch GR Hubert Mosser und GR Christian Kovacevic.