„Wir müssen feststellen, dass beim Hochwasserschutz einiges gewaltig schief gegangen ist und sich das Land aus der Verantwortung stiehlt“, erklärte Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner am 20. Februar 2018 beim gemeinsamen Pressegespräch mit NR GR Carmen Schimanek im Wörgler Stadtamt. Anstatt sich an den Gemeinden „abzuputzen“, fordern sie das Land auf, gemeinsam mit dem Bund für die Kosten für die Errichtung des Hochwasserschutzes aufzukommen und die Gründung des erforderlichen Wasserverbandes für die Erhaltung der Schutzbauten am Verordnungsweg vorzunehmen.
Wechner erinnerte an das gegebene Versprechen des Landeshauptmannes, das 2018 der Damm in Wörgl-West errichtet werde. Und jetzt sei nicht einmal der Verband gegründet. „Die Mitarbeiter des Landes haben hervorragende Arbeit geleistet, das Manko besteht auf der politischen Seite“, so Wechner und kritisiert LA Ing. Alois Margreiter, der vom Land mit der Koordinierung für den Wasserverband von Brixlegg bis Angath beauftragt wurde und selbst einer der betroffenen Bürgermeister ist. Wechner: „Margreiter hat statt Eintracht zu stiften Zwietracht gesät und Gemeinden diffamiert.“ Es gehe nicht an, Gemeinden zu beschimpfen und gegeneinander auszuspielen – „das ist die Krux an der Sache“, so Wechner, die Verständnis für die Positionen der Bürgermeister aufbringt. Jeder Bürgermeister habe die Pflicht, das Beste für seine Gemeinde herauszuholen. „Da wäre es die Aufgabe des Landes, zu koordinieren und jetzt einen Schlussstrich zu ziehen“, so Wechner, die die Gemeinden in der Zwickmühle sieht und deshalb den Hochwasserschutz auf höhere Ebene heben will: „Die Gemeinden sind nach dem Gesetz für den Hochwasserschutz verantwortlich, dürfen aber selbst nicht umsetzen.“ Deshalb solle das Land die Koordination, Umsetzung und gemeinsam mit dem Bund auch die Bezahlung der Errichtungskosten tragen – der Inn sei schließlich ein Bundesgewässer, das sei nicht den Gemeinden anzulasten.
Die Forderung der Bauern, bezüglich der Entschädigung mit dem Land verhandeln zu wollen, unterstreicht Wechner und meint: „Das Land entzieht sich hier seiner Verpflichtung, weil es sich niemand mit den Bauern verderben will.“ Es sei Aufgabe des Landes, bei überzogenen Entschädigungsforderungen eine Grenze zu ziehen und diese auf ein angemessenes Maß festzusetzen. Als Negativ-Beispiel zitiert die Wörgler Bürgermeisterin die Vorgangsweise bei der Großache, bei der Bauern die sechsfach höhere Entschädigung als ursprünglich vereinbart zugesprochen erhielten.
Verständnis für den Unmut der Bürgermeisterin äußerte NR GR Carmen Schimanek, die ebenfalls den Landesbeamten zur hervorragenden Arbeit bei den bisherigen Planungen und Vorbereitungen gratulierte. „Das Ausspielen von Interessensvertretungen ist ein unwürdiges Schauspiel“, so Schimanek, die sich von Platter die Einlösung des Versprechens und ein klares Statement noch vor der Landtagswahl am Sonntag erwarte. Schimanek verweist auf ein Hochwasserschutzprojekt im Eferdinger Becken in Oberösterreich hin, das mit dem des Wasserverbandes Unteres Inntal vergleichbar sei: „Dort werden 36 km Dämme und Mauern gebaut – aber das kostet die Hälfte.“ Für den Wasserverband Unteres Inntal sind derzeit 250 Millionen Euro veranschlagt. Schimanek wirft auch die Frage auf, ob die vom Bundesminister Rupprechter gemachte Zusage, 85 % der Kosten vom Bund zu übernehmen, noch steht. Außerdem sollten in Tirol drei Wasserverbände und nicht nur wie derzeit einer geplant werden.
Den Vorwurf, Wörgl hätte in Sachen Hochwasserschutz in der Vergangenheit zu wenig getan, widersprechen Wechner und Schimanek klar. „Wörgl hat seine Hausaufgaben erfüllt und nach 2005 Schutzbauten errichtet. Bei einem Hochwasser wie 2005 plus einem Meter ist Wörgl sicher. Wörgl hat auch mit Unterstützung des Bundes Retentionsflächen angekauft, die jetzt nicht berücksichtigt werden.“ Dass der noch fehlende Damm nicht steht, liegt nicht an Wörgl. Als Ersatz stehe aber mobiler Hochwasserschutz zur Verfügung, der jederzeit einsetzbar ist und damit eine gleiche Katastrophe wie 2005 verhindere.
„Ich sehe die große Gefahr, dass der Wasserverband nicht kommt, wenn das Land nicht die Verantwortung an sich zieht“, sagt Wechner und hält nichts davon, die Statuten des Verbandes wieder aufzuschnüren – wie von Angath verlangt, das darin festgeschrieben haben will, keinerlei Kosten tragen zu müssen. Der Wörgler Gemeinderat hat den Statuten im Juli 2017 zugestimmt. Bei einer Statutenänderung müssten alle Gemeinden sich nochmals damit befassen. „Wenn das durchgeht, können andere Gemeinden auch noch auf die Idee kommen, Änderungen zu ihren Gunsten in den Statuten verankern zu wollen“, so Schimanek.
Wechner entkräftet einmal mehr den Vorwurf, Wörgl wäre der „große Nutznießer“ des Wasserverbandes: „Die Hochwasseropfer sind keine Nutznießer – sie hatten massive Schäden, die viele davon jetzt mit Kreditraten abstottern müssen.“ Wie Wechner anhand eines Falles schildert: 120.000 Euro Schaden, 50 % zahlte der Katastrophenfonds des Landes, 8.000 Euro bekam der Alleinverdiener im 5-Personen-Haushalt aus dem Spendentopf und 52.000 Euro Sonderkredit muss er jetzt abstottern.
Zusätzlich belastet sind die Hochwasseropfer seit Erlass des Gefahrenschutzplanes mit Verhängung der roten Zone 2013 durch Grundentwertung und höhere Versicherungskosten. Die nachträgliche Einstufung als Gefahrengebiet erfolgte, nachdem das Hochwasserereignis von 2005 auf ein 30jähriges Ereignis abgestuft und Sicherheit für 100jährige Flutkatastrophen gewährt werden soll.
Bürgermeisterin Wechner weist im Pressegespräch auf Aussagen von Mitarbeitern der Universität für Bodenkultur in Wien hin, die sich mit Hochwasserschutz in ganz Österreich befassen. Auch dort hätte man festgestellt, dass diese Wasserverbandsgründung in ganz Österreich einzigartig sei. Dass nicht alle drei Wasserverbände in Tirol entlang des Inns gleichzeitig gegründet werden, wirft ebenso Fragen auf wie die willkürliche Festlegung von Brixlegg bis Angath und warum der Verband nicht bis zur Landesgrenze in Kufstein reiche – dort würden sich auch bereits untersuchte Retentionsflächen anbieten.
Wechner hofft jedenfalls, dass der Wasserverband noch heuer gegründet wird. „Dann wird es immer noch 5 bis 6 Jahre dauern, bis alle Hochwasserschutzbauten errichtet sind“, so Wechner.