Kritik an städtischer Personalpolitik

Als „politischen Skandal  und moralisch verwerflich“ bezeichnen die FraktionsführerInnen von vier Wörgler Gemeinderatslisten (Wir für Wörgl, Liste Hedi Wechner, Grüne und FWL) den Umstand, dass Wörgls Gesundheits- und Sozialstadträtin Elisabeth Werlberger als amtierende Politikerin von der Stadt zusätzlich eine Anstellung in selben Bereich in der Abteilung Wirtschaft und Soziales erhalten hat. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am 29. November 2024 übten sie harsche Kritik an Bürgermeister Riedharts Personalpolitik.

„Eine solche Vermischung von Amt und politischer Funktion ist in dieser Form sonst so nirgends bekannt. Werlberger erhält ein Stadtrats-Gehalt und nun das Dreifache dazu als Mitarbeiterin der Sozialabteilung. Ab 2025 soll für sie eine eigene Stabstelle als Sozialkoordinatorin geschaffen werden, die nur dem Bürgermeister unterstellt ist“, teilt Stadtrat LA Christian Kovacevic von der Liste Hedi Wechner mit. Das sei „eine fürstliche Entlohnung – für dieselben Pflichten und Funktionen wird ein Vielfaches bezahlt“, so Kovacevic, der „eine Umgehung des Bezügegesetzes“ vermutet und findet: „Der Bürgermeister begünstigt seine Leute. Hier wird völlig ungeniert Postenschacher auf Kosten der Steuerzahler betrieben.“

„Eine Sachbearbeiterin im Amt soll überparteilich arbeiten“, meint Grün-GR Iris Kahn. Um Platz für Werlberger zu schaffen, sei ein Posten im Bürgerbüro nicht nachbesetzt worden. „Es hat einen Grund, warum ich die Funktion als Personalreferentin zurückgelegt habe“, erklärt Kahn. Es würden vom Bürgermeister „Posten für die eigenen Leute geschaffen und kritische Stimmen will man loswerden.“ Sie diagnostiziert „seit 2022 ein besorgniserregendes Betriebsklima“ im Stadtamt und weist darauf hin, „dass sonst aufgrund der angespannten Budget-Situation in allen Abteilungen Stellen abgebaut werden.“

„Freunderlwirtschaft in ganz großem Stil“ wirft FWL-GR Christopher Lentsch Bürgermeister Riedhart vor. Dieser „agiert wie ein Viktor Orban von Wörgl.“ Lentsch kritisiert diese Art der Personalpolitik und verweist auf Innsbruck, wo die Ausübung eines Mandates streng von der Arbeit im Amt getrennt ist.

Als  „rücksichtslose Ämter-Patronage“ bezeichnet Vizebgm. Roland Ponholzer von der Liste Wir für Wörgl „den Fall Werlberger“, der für ihn ein weiterer Anlass ist, die Auflösung der Wergel AG und der Stadtholding zu verlangen, da durch diese Konstruktion dem Gemeinderat die Personalpolitik entzogen wurde. Die Anstellung Werlbergers sei vom Stadtrat am 15. Oktober mit Mehrheit der Bürgermeister-Fraktion beschlossen worden. „Bis heute wurde uns kein Dienstvertrag vorgelegt“, kritisiert Kovacevic. „Keiner weiß, wofür sie im Amt eigentlich zuständig ist“, so Kovacevic. In der Tiroler Gemeindeordnung gäbe es dafür keine Regelung, „aber sonst ist auch noch niemand auf die Idee gekommen, sich die eigenen Bezüge mit einer Anstellung zu erhöhen.“

„Wenn der Stadträtin die Arbeit zu viel und sie überfordert ist, hätte man ihre Bereiche aufsplitten und an andere Mandatare vergeben können“, meint Ponholzer und weist auf drei Anträge an den Gemeinderat betreffend die Personalangelegenheiten der Stadt hin – einen Transparenz-Antrag, den Vorschlag, Personelles im vertraulichen Teil der Gemeinderatsitzung abzuhandeln und einen Compliance-Antrag, der zwar angenommen, aber die Richtlinie nie ausgearbeitet worden sei.

„Einfärben“ und fehlender Informationsfluss

Die Intransparenz bei Personalentscheidungen stößt den vier FraktionsführerInnen ebenso auf wie fehlender Informationsfluss – „die Befugnisse werden auch intern nicht kommuniziert“, kritisiert Kahn.

Ponholzer führt als Beispiel den Verein „Licht für Wörgl“ an, der am 8.11.2023 gegründet und „politisch besetzt wurde. Obfrau ist Elisabeth Werlberger, ihr 1. Stellvertreter Kayahan Kaya, ihr 2. Stellvertreter Bürgermeister Riedhart.“ „Bei Licht für Wörgl kommen Ansuchen von Bedürftigen. Als was bearbeitet Werlberger dann den Akt?“ fragt sich Kovacevic im Hinblick auf die Vermischung von politischer und sachbezogener Arbeit. „Die Wörgler Grünen haben im März 2023 den Antrag eingebracht, diesen Verein zu gründen. Behandelt wurde er nicht. Stattdessen wurde hinter unserem Rücken der Verein gegründet“, begründet Kahn ihren Ärger, der sich nicht gegen den Verein an sich, sondern gegen die Vorgangsweise richtet.

Ponholzer kritisiert, dass „sich Bürgermeister Riedhart eine Parallelstruktur geschaffen hat“, nennt in diesem Zusammenhang auch den geschaffenen Posten des persönlichen Bürgermeister-Assistenten. In der Ernennung von Referenten, die für ihre Tätigkeit entlohnt werden, sieht Lentsch den Versuch, dass sich „der Bürgermeister deren Stimmen erkaufen will und sich so sein Kabinett schafft.“

Stellungnahme von Bürgermeister Michael Riedhart

Wörgls Bürgermeister Michael Riedhart und Stadtparteiobmann Stadtrat Thomas Embacher versandten am selben Tag noch eine schriftliche Stellungnahme zum Freunderlwirtschaft- und Postenschacher-Vorwurf der Opposition. Darin heißt es: „Herr Ponholzer und seine Weggefährten haben seit Antritt der neuen Stadtregierung nichts Konstruktives zur politischen Arbeit beigetragen. Stattdessen greifen sie im wöchentlichen Rhythmus diejenigen an, die mit Herzblut rund um die Uhr für unsere Stadt Wörgl arbeiten“, so Bürgermeister Riedhart. „Diese engagierten Menschen, die sich im Dienst der Öffentlichkeit verausgaben“, würden  „einzig und allein aus politischem Kalkül an den Pranger gestellt.“

Ponholzer profitiere selbst von öffentlichen Geldern durch seine politische Tätigkeit als zweiter Bürgermeister-Stellvertreter sowie seine Consulting-Tätigkeit bei den Tiroler Sozialen Diensten.  Riedhart wirft Ponholzer vor, für seine Vizebürgermeister-Tätigkeit „keine Leistung erbracht zu haben. Frau Werlberger hingegen, als Sozialkoordinatorin für die Vernetzung sozialer Einrichtungen tätig, ist eine unverzichtbare Kraft in unserer Stadt. Sie erfüllt ihren Dienst mit Engagement und Hingabe, als Teil der Stabsstelle im Amt. Wie jeder andere Mitarbeiter in unserer Stadt muss auch sie ihre Arbeit ordnungsgemäß verrichten. Es ist nicht ungewöhnlich, ein politisches Mandat zu bekleiden und gleichzeitig in der Stadtverwaltung zu arbeiten. Auch Frau GR Astrid Rieser von der Liste Roland Ponholzer tut dies, genauso wie viele andere Mandatare in der Vergangenheit“, schreibt Riedhart. Dazu ist festzuhalten, dass der Unterschied bei bisherigen GemeinderätInnen im  öffentlichen Dienst bei der Stadt und Stadträtin Werlberger darin besteht, dass jene schon vor ihrer Tätigkeit als politische/r MandatarIn bei der Stadt oder in städtischen Betrieben angestellt waren.

„Auskünfte über die Bezüge von Mitarbeitern unterliegen dem Amtsgeheimnis und der Verschwiegenheit des Stadtrates“,  heißt es in der Stellungnahme weiter. „Ponholzer und seine politischen Mitstreiter“ würden diese Regeln ignorieren und vertrauliche Informationen veröffentlichen und diese „für ihre politischen Spielchen“ missbrauchen.