FWL zieht Jahresbilanz

Vernichtend für die neue Wörgler Stadtführung fällt die Bilanz der Freiheitlichen Wörgler Liste FWL über das erste Jahre nach der Gemeinderatswahl 2022 aus. Am 10. Februar 2022 lud die Fraktion zur Pressekonferenz in den Kirchenwirt. Kritik hagelte es u.a. an angekündigten Energiepreissteigerungen durch die Stadtwerke Wörgl, am Stillstand beim Hochwasserschutz, an der Wohnungsvergabe und am von der Stadtführung forcierten Regionalbad.

„Die Schonfrist für den neuen Bürgermeister ist vorbei. Derzeit erleben wir nur Rückschritte und Luftschlösser. Von Wahlversprechen wie Eislaufplatz, Skilift, Schwimmbad oder Fertigstellung der Nordtangente wurde bislang nichts gehalten“, ist Gemeinderat Christopher Lentsch ernüchtert. Im Budget seien keine Großprojekte beinhaltet – und „in den nächsten drei Jahren droht Wörgl die Zahlungsunfähigkeit“, so Lentsch, der „fehlende Kommunikation in der Gemeinde“ ankreidet und meint: „Der neue Besen kehrt nicht gut.“

Stromverträge, überstürzter Polylog-Abriss, Wohnungsvergabe – die „Mängelliste“ ist lang. So solle „die Wirtschaftsförderung dringend überarbeitet werden, um nach dem Motto Make Wörgl great again mehr auf die Wörgler zu schauen“, so  Lentsch.

Ans Eingemachte geht´s für Ersatz-Gemeinderat Gerhard Unterberger beim Hochwasserschutz: „17 Jahre ist es her, seit das Inn-Hochwasser einen ganzen Ortsteil verwüstet hat. Seither werden wir immer vertröstet.“ Nicht nur der fehlende Damm-Abschnitt stößt Betroffenen sauer auf: „Die Rote Zone ist der höchste Gefahrenbereich – und die laufenden Planungen des Wasserverbandes nehmen darauf keine Rücksicht“, so Unterberger, der auch am Wasserverband Kritik übt: „Das Unterinntal besteht aus mehr als 7 Gemeinden – warum sollen nur diese jetzt dafür zahlen?“ Wie andernorts auch sollten übergeordnete Instanzen wie Land oder Bund ausschließlich für Planung, Bau und Finanzierung der Schutzmaßnahmen zuständig sein und die Thematik nicht auf Gemeinden abgewälzt werden.

„Alternative Ideen von Kramsach oder Radfeld werden nicht einmal diskutiert. Das vorgegebene Projekt muss offenbar umgesetzt werden. Ohne Wörgl zu sagen, wann mit einem Schutz gerechnet werden kann“, so Unterberger, der sich vom Bürgermeister erwarte, dass dieser die Wörgler Interessen besser vertreten soll: „Die Umsetzung des geplanten Projektes dauert Jahrzehnte – und der Schutz Wörgls ist erst zum Schluss vorgesehen“, so Unterberger, der „Wörgl als gefährdetste Fläche als erstes schützen“ will. Noch dazu, wo Wörgl „Unsummen in den Hochwasserschutz des Wasserverbandes investieren muss.“

Unterberger ärgert, dass Wasserrückhalt in alpinen Lagen als entscheidender Faktor für die Entlastung des Inns „nicht einmal diskutiert und sogar verhindert wird.“ So interpretiert er die Ablehnung des Landes betreffend eine Initiative der Gemeinden Kramsach und Brandenberg zur Nutzung der Erzherzog-Johann-Klause für Wasserrückhalt in Kombination mit einem privaten Klein-Kraftwerk: „Die beiden Gemeinden haben dafür einen Antrag beim Land gestellt und wurden abgewiesen.“ Möglichkeiten für alpine Retension sieht Unterberger auch in anderen Inn-Seitentälern wie Alpbach oder der Wildschönau.

„Vom Hochwasser 2005 haben sich viele Betroffenen finanziell bis heute nicht erholt“, so Unterberger, den auch der behördliche Umgang mit der „Roten Zone“ stört: „Da wird offenbar mit zweierlei Maß gemessen. Private können sich das Bauen hier nicht mehr leisten, und Projekte von Großbetrieben werden ohne derartige Auflagen genehmigt“, so Unterberger. Und das würde sich bei der Planung des Wasserverbandes auch die nächsten 10-15 Jahre nicht ändern: „Die Überarbeitung des Gefahrenzonenplanes ist erst nach der Umsetzung des Hochwasserschutzes bearbeitungsfähig.“

Unterberger vermisst auch hier die Kommunikation des Bürgermeisters mit der Hochwasserschutz-Initiative – es gäbe keine Gespräche: „2022 hatten wir einen Gesprächstermin im Amt vereinbart – den hat der Bürgermeister aber vergessen.“

Energiepreiserhöhung: FWL drängt auf Entlastung und Tiefenprüfung der Stadtwerke

„Wir haben 2022 zur Strompreiserhöhung einen Fragenkatalog mit fünf Punkten eingebracht und warten immer noch auf Antworten“, so Unterberger, der die die jetzt angekündigte Erhöhung nicht gerechtfertigt sieht: „Jetzt ist ein Strompreis von 61 Cent pro kWh ab April 2023 angesagt. Warum steigen die Kosten so extrem von 9 Cent auf 46 Cent und jetzt auf 61 Cent? Bei bestehenden abbezahlten Wasserkraftwerken kostet die Stromerzeugung 2 Cent/kWh.“ „100 % Ökostrom steht auf der Website der Stadtwerke – und das zu 61 Cent? Das geht nicht“, ärgert sich Silvia Thurner und rät den Stadtwerken „dringend zur Überarbeitung ihrer Website. Was da steht, ist eine Verhöhnung der Wörgler.“

Als Ausweg aus dem Desaster kann sich die FWL einen Strompreisdeckel ebenso vorstellen wie angesichts von 6.000 auswärtigen Stromkunden eigene Konditionen für die Wörgler Stromabnehmer durch Preisstützung oder Gutscheine.  „Wir bekommen unzählige Hilferufe“, erklärt Lentsch und ortet „absolut dringenden Handlungsbedarf“ durch die Stadtführung. „Auch nicht zufriedenstellend beantwortet wurden unsere Anfragen betreffend die Fernwärme. Der Gasanteil beträgt 17 % bei Normalbetrieb, wenn´s klemmt bis zu 35 %. Wer zahlt dafür?“ will Unterberger wissen. „Wir wollen auch überprüft wissen, warum es so weit gekommen ist und die Ursachen finden“, so Unterberger. Die FWL schließe sich der Forderung der Liste Wir für Wörgl – Roland Ponholzer nach einer Tiefenprüfung der Stadtwerke an.

Kritik am Wohnungsausschuss

Wohnungsvergaben sind immer ein heikles Thema – das räumt Silvia Thurner, Mitglied im zuständigen Ausschuss ein. „Die neuen Richtlinien werden nicht angewendet“, so Thurner. Vergabebeschlüsse würden mit 3:2 Stimmen „durchgedrückt“. „Derzeit wollen wir eine Prüfung wegen Sozialbetruges in 3 Fällen“, so Lentsch, der bei mangelnder Aufklärung „dem Referenten und dem Bürgermeister das Misstrauen aussprechen will.“

Listen-Teilung: FWL pocht auf Einhaltung der TGO

Keine Zustimmung der FWL findet die Vorgangsweise der Stadtführung, die Mandate der Liste Hedi Wechner aufzuteilen und damit das „Unabhängige Forum“ als eigene Fraktion zuzulassen. Laut Tiroler Gemeindeordnung wäre das untersagt. Aber: Es gibt keine Sanktionen. „Leider“, bedauert Lentsch. „Wo kommen wir da hin, wenn sich die Listen aufspalten anfangen?“ Man poche auf die Einhaltung der TGO, anstatt „diese auszuhöhlen. Wie geht das weiter? Welche Schlupflöcher werden da noch ausgenützt?“

„Heuer gibt es nur fünf Gemeinderatsitzungen. Wir finden, das ist zu wenig“, kritisiert die FWL, die künftig vermehrt „Sondergemeinderatsitzungen fordern will.“

Kultur: Lob und Tadel…

Kein Verständnis herrscht bei der FWL für „den überstürzten Abbau des Polylog. „Da wurde ein neuer, schöner Platz angekündigt. Warum wartete man nicht bis zur Realisierung und hat in einer Ho-Ruck-Aktion die Säule entfernt? Jetzt muss für die Einlagerung Miete bezahlt werden – stehenlassen wäre billiger gewesen“, sagt Kulturausschuss-Mitglied Silvia Thurner. Für den neuen Kulturreferenten findet sie allerdings lobende Worte: „Gemeinderat Feiersinger bringt neuen Schwung ins Kulturleben.“

Stadtpolizei aufstocken

„Das neue Fahrzeug für die Stadtpolizei ist o.k., wichtiger wäre eine Personalaufstockung“, meint Christopher Lentsch, der sich angesichts von „Sicherheitsproblemen“ durch raufende Jugendliche und ein neues Lokal in der unteren Bahnhofstraße mehr Polizeipräsenz auf der Straße wünscht. Vor allem zu neuralgischen Zeiten Freitag und Samstag nachts.

Klare Positionen bezieht die FWL beim neuen Verkehrskonzept: „Wir waren bei der Vorstellung des Konzeptes, das aus unserer Sicht so nicht umsetzbar ist. Es reicht nicht zu fordern, dass die Wörgler nicht mehr Autofahren sollen.“

Als „nicht umsetzbar“ beurteilt die FWL auch die Bestrebungen zur Errichtung eines Regionalbades. „Wir können uns kein 100 Millionen Euro-Bad leisten, realistisch sind 20 Millionen“, so Lentsch. Alles drüber sei nicht finanzierbar. „Wörgl braucht ein kleines Schwimmbad samt kleiner Schwimmhalle, alles mit Maß und Ziel“, so Lentsch, der das Bad auch nicht am bestehenden WAVE-Standort ansiedeln würde: „Das ist der falsche Platz, für Kinder schwer erreichbar.“ Man solle die Anpachtung eines neuen Grundstückes und den Verkauf des bestehenden Areals wirtschaftlich prüfen – und dann wirtschaftlich und nicht politisch entscheiden. Reisen quer durch Europa für Bäderbesuche seien entbehrlich.

Eine Abfuhr erteilt die FWL dem vorgelegten City-Link-Projekt am Bahnhof. Lentsch: „In diesem Ausmaß – nein. Das passt nicht ins Verkehrskonzept und ins Stadtbild. Bauen ja, aber kleiner.“