Hochwasser 2005: Betroffene fordern endlich Maßnahmen

„In diesem Monat jährt sich die Hochwasserkatastrophe von Wörgl zum 20. Mal. Der Wasserverband Unteres Unterinntal hat sich in einer mehrseitigen Hochglanzbroschüre mit schönen Bildern als Erfolgsmodell dargestellt und wieder den Eindruck erweckt, in Sachen Hochwasserschutz für Wörgl gehe etwas weiter. Leider ist es so wie seit Jahren, es wird informiert – aber einen effektiven Hochwasserschutz hat Wörgl bis heute nicht“, teilen Helmut Track und Gerhard Unterberger von der Hochwasserinitiative Wörgl in einer Aussendung zum unrühmlichen Jahrestag mit und erheben Forderungen an Politik und Behörden.

„Am 23. August 2005 verwandelte sich Wörgl in eine braune Flut. Keller liefen voll, Straßen wurden zu Strömen, Existenzen zerstört. Damals standen Bürgermeister, Landesräte und Bundespolitiker Schulter an Schulter vor den Kameras, versprachen schnellstmöglichen Schutz, damit `so etwas nie wieder passieren darf´. 20 Jahre später, bleibt von diesen Versprechen nur ein bitterer Nachgeschmack“, erklären Track und Unterberger und geben einen Rückblick auf das Wirken der Hochwasserschutz-Initiative Wörgl.

„Seit der Gründung im Herbst 2005 haben wir über 470 Termine in unserer Freizeit wahrgenommen – vom Gemeindeamt bis zum Tiroler Landtag in Innsbruck und bis ins Parlament nach Wien. Wir haben mehr als 4.000 Unterschriften gesammelt und persönlich an politische Entscheidungsträger übergeben, Gefahrenzonenpläne angefordert, analysiert und öffentlich gemacht – oft gegen den Widerstand der Behörden.“ Die Organisation von Fachgesprächen mit Hydrologen, Bauingenieuren und Raumplanern zählte ebenso dazu wie Vorschläge für „realistische, finanzierbare Schutzmaßnahmen, vom Rückhaltebecken bis zur Flutmulde, sowie Finanzierungsvorschläge.“

„Die Politik: reden, fotografieren, vergessen“

„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, während die Politik geschwiegen oder vertröstet hat“, lautet der Vorwurf, den viele Betroffene erheben. So erinnert die Hochwasserschutz-Initiative an diverse Versprechen seit 2006, als Landeshauptmann Herwig van Staa (ÖVP) ein „umfassendes Schutzpaket“ angekündigt habe. 2010 versprach Landesrat Anton Steixner, die Finanzierung „binnen Jahresfrist“ zu sichern. 2013 beschloss der Landtag einstimmig den Hochwasserschutz für Wörgl und 2015 habe Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler (ÖVP) den Baubeginn „spätestens 2017“ angekündigt.  2020 sei das Projekt wieder vorgestellt worden, diesmal vom Land unter LH Platter.  „Seither verweist die Politik auf den Wasserverband und entzieht sich der Verantwortung.“ Das bedeute: „Kein Damm, kein Rückhaltebecken, keine bauliche Verbesserung. Nur neue Studien, neue Gutachten, neue Ausreden.“

Nach Autobahnsanierung: Neue Gefahrenzonenbewertung gefordert

Was der Stadt Wörgl verwehrt wurde, habe nun teilweise die ASFINAG im Zuge der Autobahnsanierung zwischen Wörgl West und Kundl umgesetzt: „Hochwasserschutz durch teilweise Anhebung der Fahrbahn um 0,5 Meter, die Errichtung von Betonwänden in der Mitteltrennung und verstärkten Hochwasserschutz entlang des Inns“, stellen Track und Unterberger fest. „Und das offenbar mit Genehmigung jener Behörden, die uns seit Jahrzehnten hinhalten. Jetzt spielen solche massiven Eingriffe in das Abflussverhalten des Inn bei Hochwasserereignissen plötzlich keine Rolle mehr!“

„Das sind bauliche Veränderungen, die eine sofortige Neubewertung des Hochwasserrisikos in den bestehenden Gefahrenzonen erzwingen“, meinen Track und Unterberger. Veränderungen der hydrologischen Situation am Inn würden Behörden gemäß § 38 des Wasserrechtsgesetzes (WRG 1959) verpflichten, Gefahrenzonen regelmäßig zu überprüfen und unverzüglich anzupassen, wenn sich die Gegebenheiten ändern. „Das Gesetz nennt keine fixen Zeitabstände – in der Praxis wird meist alle 5–10 Jahre überprüft – aber bei solch tiefgreifenden Änderungen muss die Neubewertung sofort erfolgen. Das ist keine freiwillige Maßnahme, sondern eine gesetzliche Pflicht“, heißt es in der Aussendung.

Kritik am festgelegten Einzugsgebiet des Wasserverbandes

„Der Wasserverband Unteres Unterinntal, von der ÖVP dominierten Landesregierung  unter Zwang gegründet, soll den Hochwasserschutz im Tiroler Unterland koordinieren. Mitglieder sind aber nur mehr 7 Gemeinden, von Angath bis zur Grenze sind alle Gemeinden ausgenommen, obwohl es auch dort massive Überflutungsgebiete gibt. Damit sind die hohen laufenden Kosten für Angestellte und Administration von wenigen Gemeinden zu tragen und das noch für viele Jahre“, kreidet die Hochwasserschutz-Initiative an.

Die Arbeit des Verbandes habe auch in den letzten vier Jahren zu keiner konkreten Verbesserung des Hochwasserschutzes in Wörgl geführt: „Und das wird laut unseren Recherchen entsprechend der Projektplanungen des Wasserverbandes auch nicht vor 2036 erfolgen!“ Bis dahin herrsche weiterhin Angst vor dem nächsten Hochwasser, wobei das Hochwasserrisiko aufgrund der Klimaveränderungen massiv ansteige: „Starkregenereignisse nehmen zu, Pegelstände der Flüsse reagieren schneller und heftiger.“

Betroffene fordern rasche Umsetzung von Schutzbauten

Die Hochwasserschutz-Initiative sieht die Regierungsparteien in der Verantwortung, „die seit Jahren in Tirol und im Bund zu langsam agieren und zu wenig unternehmen“. Deshalb fordere man „die sofortige Neubewertung und Anpassung der Gefahrenzonen gemäß § 38 WRG auf Basis der geänderten baulichen und hydraulischen Gegebenheiten. Die Umsetzung der längst geplanten und finanziell darstellbaren Schutzmaßnahmen. Einen verbindlichen Zeitplan mit namentlich benannten Verantwortlichen und monatliche Fortschrittsberichte an die Bevölkerung“, heißt es abschließend in der Presseaussendung vom 11. August 2025.