Mit diesem Wahlausgang hatte in Wörgl niemand gerechnet – bei der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am 27. Februar 2022 räumte die ÖVP ganz groß ab: Die Liste „Wörgl Bewegen.Team Michael Riedhart“ holte 9 von 21 Mandaten und Spitzenkandidat Michael Riedhart wird am 13. März 2022 gegen Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner bei der Bürgermeister-Stichwahl antreten.
Der größte Verlierer ist die Liste Hedi Wechner – sie fällt von 9 auf 4 Mandate. Gemessen an der Mandatszahl der größte Gewinner ist die Liste „Wir für Wörgl. – Team Roland Ponholzer“, die mit vier Mandaten ins Stadtparlament einziehen wird. Durch die Einigung der drei bisherigen Listen Bürgerliste ÖVP, Team Wörgl und Junge Wörgler Liste auf eine ÖVP Liste ging Riedhart mit 6 Mandaten in den Wahlkampf und holte nun weitere drei Mandate ins ÖVP-Lager. Die Wörgler Grünen konnten ihre zwei Mandate halten. Schwere Verluste erlitt die FWL – Freiheitliche Wörgler Liste, ihr Mandats-Stand schrumpfte von 4 auf eines. Den Einzug in den Gemeinderat geschafft hat die neue Gruppierung „MFG – Menschen Freiheit Grundrechte“. Nicht geschafft haben es die Neos.
Von 10.272 Wahlberechtigten nahmen 6.128 ihr Wahlrecht wahr, die Wahlbeteiligung lag damit bei 59,66 % und damit unter jener von 2016, die bei 63,9 % lag. Historisch hoch war mit 1.048 Personen übrigens die Anzahl der Wahlkarten-Wähler. Das Wahlergebnis in allen Details – sogar nach Wahlsprengeln ausgewertet, ist auf der Website des Landes Tirol veröffentlicht – der Link: https://wahlen.tirol.gv.at/gemeinderats_und_buergermeisterwahlen_2022/gemeinden/woergl.html
Das Ergebnis in Zahlen
Bei der Gemeinderatswahl erhielt die Liste Hedi Wechner 1.180 Stimmen (19,67 %), die Freiheitliche Wörgler Liste FWL 347 Stimmen (5,79 %), die Liste „Wörgl Bewegen. Team Michael Riedhart“ 2.272 Stimmen (37,88 %). Die Wörgler Grünen erhielten 579 Stimmen (9,65 %), die Neos 116 Stimmen (1,93 %), die MFG 412 Stimmen (6,87 %) und die Liste „Wir für Wörgl. Liste Roland Ponholzer“ 1.092 Stimmen (18,21 %).
Bei der Bürgermeisterwahl lag Michael Riedhart mit 2.345 Stimmen (39,15 %) klar vor der amtierenden Bürgermeisterin Hedi Wechner mit 1.315 Stimmen (21,95 %). Damit ist der Abstand zum Drittplatzierten Roland Ponholzer nicht groß – ihn wählten 1.209 Menschen (20,18 %). Iris Kahn erhielt 408 Stimmen (6,81 %), Dr. Richard Linser 325 Stimmen (5,43 %), Christian Huter 276 Stimmen (4,61 %) und Mag. Christoph Huber 112 Stimmen (1,87 %).
Vorzugsstimmen-Wahlkampf: Kayahan Kaya klar vorne
Von der Wahlbeteiligung hängt die Wahlzahl zur Erreichung eines Mandates ab. Diese lag bei 252,4 Stimmen. Bei Erreichung dieser Vorzugsstimmenzahl steht einem Mandatar ein Direktmandat zu. Den erfolgreichsten Vorzugsstimmenwahlkampf führte Kayahan Kaya von der ÖVP-Liste „Wörgl Bewegen. Team Michael Riedhart“ – er mobilisierte 572 WählerInnen, ihm eine Vorzugsstimme zu geben. Die Vorzugsstimmen beeinflussen auch die Listenreihung, womit er von Platz 4 nach vorne gereiht wird. 100 oder mehr Vorzugsstimmen erhielten bei der ÖVP weiters Thomas Embacher (207), Michael Riedhart (154), Elisabeth Werlberger (140), Hubert Aufschnaiter (135), Walter Altmann (106) und Clemens Mayr (100). Die Vorzugsstimmen ändern damit voraussichtlich nichts an den Namen der neun Personen, die als Mandatare in den Gemeinderat einziehen werden: Michael Riedhart, Elisabeth Werlberger, Walter Altmann, Kayahan Kaya, Hubert Aufschnaiter, Andreas Deutsch, Sebastian Feiersinger, Thomas Embacher und Hubert Werlberger. Und damit zieht wohl erstmals ein Ehepaar in den Wörgler Gemeinderat ein: Elisabeth und Hubert Werlberger vom Fohringer Hof in Wörgl-Boden.
Bei der Liste Hedi Wechner erreichte nur Christian Kovacevic mehr als 100 Vorzugsstimmen – ihn wählten 177 Personen, Bürgermeisterin Hedi Wechner erhielt 67 Vorzugsstimmen. Auf über 100 Vorzugsstimmen brachte es auch Roland Ponholzer mit 130. Alle anderen KandidatInnen blieben unter der 100er Marke.
Erste Stellungnahmen zur Wahl
„Wahnsinn! Nie im Leben habe ich so ein Ergebnis erwartet! Ohne dieses Team wäre das nicht möglich gewesen, es ist unser gemeinsamer Erfolg“, erklärte Wahlsieger Michael Riedhart sichtlich bewegt bei Bekanntwerden des Endergebnisses im Stadtamt. Für die künftige Zusammenarbeit im Gemeinderat strebe er „eine thematische Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen an“, er wolle „keine fixe Koalition eingehen“: „Wir brauchen mehr sachliche Zusammenarbeit im Gemeinderat, und dazu braucht es jede und jeden. Die Leute haben die Veränderung gewählt“, so Riedhart. Die Listen-Zusammenlegung habe sich bewährt, und die Bundespolitik habe hier auf Gemeindeebene keine Rolle gespielt. Nun werde man noch zwei Wochen „alles geben, die Stichwahl ist auf keinen Fall eine gmahde Wiesn! Ich will ein Bürgermeister sein, der zuhört, die Anliegen ernst nimmt und die Lebensqualität in die unterschiedlichen Ortsteile zurückbringt.“
„Der Wahlausgang ist eine klare Absage an die Stadtregierung“, räumte Bürgermeisterin Hedi Wechner nach offizieller Verlesung des Wahlergebnisses vor dem Wörgler Stadtamt ein und gratulierte Riedhart „zum fulminanten Erfolg.“ Gefragt nach dem Grund der Niederlage meinte Wechner, dass sie diesen „nicht im Versagen der Stadtregierung“ sehe, sondern „sondern in der unterschwelligen Widerstands- und Prostesthaltung in der Bevölkerung.“ Die Menschen seien frustriert und wollten „eine Abrechnung mit dem bestehenden System“, das habe sich auch in anderen Gemeinde, u.a. mit den Wahlresultaten für die MFG gezeigt. Wechner: „Es hat überall gekracht. Ich bin überzeugt, dass ich nicht mit meiner Arbeit versagt habe, auch nicht unser Partner.“ Man habe das Feuerwehrhaus und das Haus der Musik gebaut, viele Straßen saniert. „Der Wählerwille war anders, der Wunsch nach Veränderung war da – und das ist zu respektieren“, so Wechner.
„Zur Stichwahl werde ich antreten, das ist eine Frage der Ehre“, erklärte Wechner. Sollte sie diese verlieren, werde sie nicht in den Gemeinderat einziehen, sich aber anderweitig – etwa kulturell – in Wörgl engagieren. „Der Kollege Riedhart wird sich beweisen müssen. Auf zu neuen Ufern. In zwei Wochen wissen wir mehr“, so Wechner, die sich „grundsätzlich bereit erklärt“ für eine weitere Spitzenkandidaten-Konfrontation vor der Stichwahl.
„Wir sind sehr zufrieden und zählen zu den zwei größten Wahlsiegern“, kommentiert Roland Ponholzer den Wahlausgang. „Wir sind vom Ergebnis begeistert und haben unser Wahlziel erreicht.“ Mit vier Mandaten gehe sich auch ein Stadtrat-Sitz aus. Mit der Bürgermeisterin sei auch die bisherige Politik abgewählt worden. Die Stichwahl habe man knapp nicht erreicht. „Wir werden konstruktiv im Gemeinderat grundsätzlich mit jeder Fraktion zusammenarbeiten, 4 Mandate sind ein super Start. Es geht um Inhalte, nicht um Posten“, so Ponholzer, der auch festhielt, dass er das Mandat antreten wird. Angesichts der Agitation gegen seine Person in den vergangenen Wochen freue ihn das Wahlergebnis umso mehr. Ponholzer würdigt auch den Wahlsieger: „Michael hat ein sensationelles Ergebnis erreicht.“
„Wir sind zufrieden“, erklärte Iris Kahn von den Wörgler Grünen, die prozentmäßig ihren Stimmenanteil ausbauen konnten (2016: 544 Stimmen, 8,74 %). Die Stimmung auf der Bundesebene habe auf die Gemeindeebene übergeschwappt und sei da alles andere als hilfreich gewesen. Für die künftige Arbeit im Gemeinderat gelte es „Mehrheiten auszuloten. Wir sind offen für Gespräche“, so Kahn. Mit den zwei Mandaten sind die Wörgler Grünen künftig das Zünglein an der Waage.
„Diesmal hat es leider nicht geklappt“, erklärte Mag. Christoph Huber, Spitzenkandidat der Neos nach Bekanntgabe des Ergebnisses im Stadtamt. Man habe im Wahlkampf „viel getan, die Resonanz war sehr gut“, so Huber. Er wisse nicht, warum der Wahlerfolg ausblieb.