2021 neigt sich dem Ende zu – und damit Pandemie-bedingt ein weiteres Jahr mit „leisen“ Jubiläen, die ohne große öffentliche Feierlichkeiten auskommen mussten. Gefeiert wurde trotzdem – so brachte die Raiffeisen Bezirksbank Kufstein zum 125-Jahr-Jubiläum eine beachtenswerte Chronik heraus, die mit über 400 Fotos auf 260 Seiten die Entstehungsgeschichte der 15 Genossenschaften schildert, die heute in der Regionalbank vereint sind, und darüber hinaus einen Einblick in die Zeitgeschichte der Gemeinden liefert.
Auf historische Spurensuche begab sich als Chronist der ehemalige leitende Raiffeisen-Mitarbeiter Anton Scharnagl aus Wörgl. Er durchforstete alte Sitzungsprotokolle, diverse Festschriften und recherchierte gemeinsam mit Ortschronisten wirtschaftliche und gesellschaftliche Hintergründe, die vor über 100 Jahren landauf, landab zur Gründung der wirtschaftlichen Selbsthilfe-Genossenschaften führten.
„Was einer nicht schafft, das vermögen viele“ – darin sah in einer Zeit großer Armut und wirtschaftlicher Not der Raiffeisengründer Friedrich Wilhelm Raiffeisen im 19. Jahrhundert den Weg, die Lebensverhältnisse in gegenseitiger Selbsthilfe zu verbessern. Nach dem Vorbild der ersten Spar- und Darlehenskassen wurde am 23. Febraur 1896 bei der konstituierenden Versammlung in der „Alten Post“ der Grundstein für die Wörgler Genossenschaft gelegt, die bis 1939 Wörgls einziges Geldinstitut blieb.
Das Leben und Wirken, die Philosophie und Werte von Raiffeisen werden im Chronik-Band zum 125 Jahr-Jubiläum der Bezirksbank Kufstein ebenso vorgestellt wie Entstehung der Raiffeisengenossenschaften in Österreich und im Speziellen die Entwicklung des Raiffeisenverbandes in Tirol bis hin zur Landesbank Tirol AG.
Die Raiffeisenbank Kufstein versteht sich als „finanzieller Nahversorger“, weist eine Bilanzsumme von 1,4 Milliarden Euro und ein Kreditvolumen von 1,3 Milliarden Euro aus. 200 MitarbeiterInnen in 17 Geschäftsstellen betreuen 44.000 Kunden, davon 4.200 Geschäfts- und Firmenkunden. Die Genossenschaft zählt heute rund 12.000 Mitglieder.
Die Unternehmensgeschichte der Regionalbank ist eine Fusionsgeschichte. 1923 wurde die 1891 gegründete Kirchbichler „Raika“ als erste in die Wörgler Genossenschaftsbank übernommen. Erst ab 1992 folgten dann weitere Zusammenschlüsse. Zunächst mit der 1892 gegründeten Raika Angath/Angerberg. Ab 1999 folgten die Raikas von Walchsee (1893 gegründet), Niederndorf (1892) sowie Ebbs (1900), 2000 kam der Zusammenschluss mit Kufstein (erst 1978 gegründet). 2001 folgte Ellmau (1897) und 2015 kam die große Eingliederung der Raikas von Schwoich (1895), Bad Häring (1901), Brixlegg (1906) und damit der Bankstellen in Rattenberg/Radfeld (1902), Kramsach (1894) und Breitenbach (1894). 2017 wurde als letzte die 1912 gegründete Raika Brandenberg eingegliedert.
„Die Geschichte eines jeden Betriebes wäre unvollständig ohne die Geschichte über seine Kunden. Gemeinsam mit Chronistinnen und Chronisten unserer Standortgemeinden sind wir den Fragen nachgegangen, welche Ereignisse Menschen zur Zeit der Gründung der Raiffeisenkassen in den jeweiligen Gemeinden bewegt haben, wer die wichtigsten Arbeitgeber warenund welche wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen herrschten“, hält der Chronist Anton Scharnagl fest.
Ein ausführlicher Beitrag beschäftigt sich mit Wörgler Stadtgeschichte inklusive dem Wörgler Freigeld-Experiment, bei dem die Raiffeisenkasse in den 1930er Jahren eine zentrale Rolle spielte, sowie mit der Entwicklung der Wörgler Raiffeisenbank, die bis 2016 auch Firmensitz der Regionalbank war. Einen Einblick in die umfangreiche Chronik 125 Jahre Raiffeisen Bezirksbank Kufstein gibt´s online unter: https://www.raiffeisen.at/tirol/kufstein/de/meine-bank/raiffeisen-bankengruppe/125-jahre-raiffeisen-bezirksbank-kufstein.html