Sehenswerte Komödie: Der Gott des Gemetzels

Unsere Zivilisation als Maske, hinter der triebhafter, blanker Egoismus und Konkurrenzkampf die Fäden zieht – wer einen Blick auf die Welt wirft, mag dieser These der französischen Schriftstellerin Yasmina Reza wohl gern Glauben schenken. Sie versteht die hohe Kunst, den Menschen solch unangenehme Erkenntnis  mit tiefschwarzem Humor vor Augen zu führen – ihre 2006 uraufgeführte Komödie „Der Gott des Gemetzels“ wurde zum internationalen Welterfolg samt hochkarätiger Hollywood-Verfilmung. Dieser steht an Unterhaltungswert die aktuelle Theater Noe-Produktion in Kufstein, die noch bis 22. April 2018 am Spielplan steht, allerdings in nichts nach.

Unter der Regie von Stefan Bric steigen Birgit Hermann-Kraft und Thomas Kraft – beide auch Ensemblemitglieder der Gaststubenbühne Wörgl – sowie Martin Heis und Brigitte Einkemmer in den Ring, in dem es anfangs ganz vornehm und dann im Verlauf des Abends immer heftiger zur Sache geht. Zwei Elternpaare, die sich nach einem Streit ihrer Söhne treffen, bei dem ein Junge dem anderen mit einem Stock zwei Schneidezähne ausgeschlagen hat. Ganz höflich bespricht man zunächst den Vorfall und will die Versöhnung der Kids anbahnen.

Doch die Paare stolpern schon über die Verschuldensfrage,  verfangen sich in Fallstricken eigener Unzulänglich- und Befindlichkeiten und werden zum Spiegelbild der modernen bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Doppelmoral. Statt der beabsichtigten Konfliktlösung  tun sich hinter der Fassade gespielter Harmonie Abgründe in den Beziehungen und neue Fronten auf. „Unser Leben wird zerstückelt und zerhackt von diesem Handy“, wirft Annette ihrem Mann Alain vor, der am Telefon als Rechtsanwalt rücksichtslos die Interessen eines Pharmakonzerns durchboxt und damit immer wieder die ohnehin holprig verlaufende Unterhaltung stört.

Die Nerven liegen nicht nur bei Annette blank. Veronique rastet aus, als eines ihrer Kunstbücher in Mitleidenschaft gezogen wird. Dass Alkohol in solchen Situationen dann als Turbo wirkt, versteht Yasmina Reza gekonnt und zum Amüsement des Publikums in Szene zu setzen. Schließlich tobt die Schlacht und der Anwalt zieht seinen Schluss aus der Lehrzeit der Menschheit, die dazu gedient habe, Gewalt durch Recht zu ersetzen: „Ich glaube an den Gott des Gemetzels, der von Anbeginn der Zeit regiert.“

Wie die Schlacht endet, wird hier nicht verraten. Weitere Spieltermine der höchst unterhaltsamen, sehenswerten Komödie sind am 5., 8., 9., 13., 14., 20. und 22. April 2018 jeweils um 20 Uhr (außer sonntags um 18 Uhr) in der Arche Noe, Südtiroler Platz 4 in Kufstein (gegenüber vom Bahnhof). Kartenvorverkauf um 16 Euro im Hotel Gisela, per e-mail info@archenoe.at, telefonische Infos unter 0650-6643654. Karten an der Abendkasse um 19 Euro. Weitere Info zum Stück www.archenoe.at