Das Land Tirol weist im Jahresbericht 2022 über Großraubtiere in Tirol 940 tote und vermisste Weidetiere sowie 235.000 Euro Schaden durch Wolf, Bär und Goldschakal aus. Gegenüber 2021 ist das eine Steigerung um die Hälfte. Anlass, jetzt am Verordnungsweg den Abschuss von Wölfen zu erleichtern.
19 verschiedene Wölfe wurden 2022 genetisch nachgewiesen. Der Hotspot ist Osttirol, erste Rudelbildung finden im Grenzgebiet zu Kärnten statt. Pilotprojekte zeigen: Kosten für dauernde Behirtung und gesicherte Übernachtungsplätze liegen bei durchschnittlich 114 Euro pro Schaf und stehen damit in keinem Verhältnis zum Verkaufserlös der Tiere.
Der Jahresbericht 2022 des Landes Tirol über Bär, Wolf, Luchs und Goldschakal liegt vor: Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der nachgewiesenen Wölfe wie auch die Zahl der gerissenen und vermissten Weidetiere neuerlich erheblich erhöht. Mit 413 toten und 527 vermissten Weidetieren sind die Nutztierverluste gegenüber 2021 um die Hälfte gestiegen. 19 verschiedene Wolfsindividuen und drei verschiedene Bären wurden 2022 in Tirol verzeichnet. Immer mehr zum Problem wird auch der Goldschakal. Wolf, Bär und Goldschakal verursachten Schäden in der Höhe von 235.000 Euro.
86 Prozent aller im vergangenen Jahr gerissenen Weidetiere gehen auf das Konto von Wölfen, zehn Prozent wurden von Bären getötet, für vier Prozent der gerissenen Nutztiere sind Goldschakale verantwortlich. Hauptbetroffen war Osttirol mit 235 gerissenen und 267 abgängigen Tieren.
Rasches Eingreifen notwendig
„Die Zahlen sprechen für sich. Wir können nicht tatenlos zuschauen, wie jedes Jahr mehr und mehr Almtiere Wolfsangriffen zum Opfer fallen. Die Großraubtiere bedrohen den Fortbestand der Almwirtschaft. Deshalb schaffen wir im Februar-Landtag eine rasche und unbürokratische Eingriffsmöglichkeit“, sieht LHStv Josef Geisler keine Alternative zum neuen Tiroler Weg im Umgang mit Großraubtieren. Im abgelaufenen Jahr hat das Land Tirol Abschussbescheide für fünf ausgewachsene Wölfe erlassen. Diese fünf Individuen haben einen Großteil aller im Vorjahr in Tirol tot aufgefundenen Schafe gerissen. „Aufgrund von reflexartigen Einsprüchen von Naturschutzorganisationen konnte kein einziger dieser schadenstiftenden Wölfe entnommen werden. Das ändern wir nun, indem wir Verordnungen erlassen, die unmittelbar wirksam werden und auch die Anonymität der Jägerschaft gewährleisten“, so LHStv Geisler.
Zwischen Berg und Tal unterscheiden
Das Land Tirol unterstützt aber auch Maßnahmen zur Abwehr von Großraubtieren und prüft die Machbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit von Herdenschutzmaßnahmen. 115 Kilometer wolfsabweisenden Zaun haben Tirols SchafhalterInnen mit Unterstützung des Landes Tirol für die Heimweiden im Tal allein im vergangenen Jahr angeschafft. „Im Tal ist es meist machbar und auch zumutbar, die Weidetiere mit wolfsabweisenden Zäunen zu schützen. Auf unseren hochalpinen Almen schaut die Situation ganz anders aus. Dort ist technischer Herdenschutz mit Zäunen schlicht und ergreifend nicht möglich“, verweist LHStv Geisler auf die Besonderheit der Almen.
Auf zwei Schafalmen im Tiroler Oberland wurden die vor zwei Jahren gestarteten Herdenschutz-Pilotprojekte fortgesetzt, zwei weitere sind 2022 dazugekommen. Das Land Tirol unterstützte die Projekte mit 290.000 Euro. Die Erfahrungen im ersten Projektjahr haben gezeigt, dass es pro Alm mindestens zwei HirtInnen und mehrere Hütehunde zur Umsetzung der gelenkten Weideführung mit eingezäunten Übernachtungsplätzen braucht. Das wirkt sich auch auf die Kosten aus. Pro Schaf mussten auf den Projektalmen in der Almsaison 2022 durchschnittlich 114 Euro für Schutzmaßnahmen aufgewendet werden. Dem gegenüber stehen durchschnittliche Verkaufserlöse von 130 Euro für Lämmer und rund 400 Euro für Zuchttiere. In Tirol werden rund 70.000 Schafe und Ziegen gealpt.
Sondersituation Alm
„Die Almwirtschaft in Tirol wird mit viel Herzblut und Idealismus zum Wohle der Allgemeinheit aufrechterhalten. Die Kosten für die Abwehr von Wolfsangriffen stehen in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Erlösen“, sieht LHStv Geisler die generelle Schützbarkeit von Almen nicht gegeben. Außerdem sei qualifiziertes Hirtenpersonal ebenso Mangelware wie Pflegekräfte. In Tirol gibt es 2.100 Almen, auf rund 400 meist hochalpine Almen werden Schafe aufgetrieben.
Text: Land Tirol/ Mag. Christa Entstrasser-Müller