Hochwasserschutz: alpinen Wasserrückhalt mehr einplanen

Am 16. Dezember 2020 startete mit einem Treffen mit Experten des Bundeswasserbauamtes in Innsbruck  ein Dialog zwischen BürgerInnen der Hochwasserinitiative Wörgl und Fachleuten vom Land über offene Fragen zum Thema „sinnvoller Hochwasserschutz oder untragbares Mega-Projekt im Unterinntal?“.

Dabei wurde einmal mehr untermauert, dass die Stadt Wörgl ihre betroffene Bevölkerung nicht mit einem fixen Damm gegen Hochwasser durch den Inn schützen darf, wenn nicht gleichzeitig ausreichend Retentionsflächen zur Verfügung stehen, heißt es in einer Presseaussendung der Hochwasserinitiative. „Die Wasserrechtsexperten bestehen auf die Umsetzung von Retentionsmaßnahmen, bevor man Schutzdämme errichtet und berufen sich auf die derzeitige Gesetzeslage und Verträge“, teilt Helmut Track von der Bürgerinitiative mit.

Die Bürgerinitiative kritisiert fehlenden Willen bei den verantwortlichen Politikern – allen voran dem Landeshauptmann Platter und seinem Stellvertreter Geisler – den Menschen rasch zu helfen: „Alle Aussagen über Verständnis und Anteilnahme an den Sorgen der Betroffenen in Wörgl, alle Versprechungen und Beschlüsse der Landesregierung waren und sind unehrlich, da hat sich offensichtlich auch nach 15 Jahren nichts geändert. Wir werden diese inakzeptable Vorgangsweise nicht nur bei den Fachleuten thematisieren, sondern direkter an die Politik herantreten und den raschen Schutz vehementer einfordern müssen“, ziehen die Betroffenen in Wörgl daraus ihre Schlüsse.

Das vom Land ausgearbeitete Projekt im Unterinntal werde von der betroffenen Bevölkerung in der vorliegenden Form nicht akzeptiert.  „Die Bürgerinitiativen haben einen Fragenkatalog ausgearbeitet und übergeben.  Die Projektverantwortlichen haben sich bereit erklärt, die über 50 Fragen zu diskutieren und in ihren Planungen zu berücksichtigen, sofern alternative Vorschläge zum Hochwasserschutz realistisch umsetzbar und gesetzeskonform sind“, heißt es in der Aussendung.

In Bau oder in Planung befindliche Kraftwerksspeicher im Oberland werden für Hochwasserschutz ausgelegt, nun müssten aber auch die bereits vorhandenen Kraftwerke adaptiert werden, damit auch diese zur Verringerung der Hochwassergefahr beitragen.

Beim ersten Austausch mit den Wasserwirtschaftsexperten wurde vereinbart, die Möglichkeiten aller vorhandenen und bereits geplanten Kraftwerke in Bezug auf Hochwasserschutz zu untersuchen und bei der Dimensionierung der Retentionsflächen im Inntal zu berücksichtigen. Bei der Besprechung wurde auch festgelegt, die Ergebnisse der Studie des Landes hinsichtlich Wirksamkeit der Retention in Gebirgstälern nochmals zu hinterfragen.

„Diese Studie stellt bekanntlich fest, dass das Zurückhalten von Wasser in den Bergen nur geringe Auswirkungen auf Hochwasserereignisse am Inn hätte. Dazu werden der Ersteller der Studie und ein von den Bürgerinitiativen bestellter unabhängiger Wasserwirtschaftsexperte gemeinsam mit den Experten des Landes die Möglichkeiten und Auswirkungen von sinnvollen zusätzlichen Rückhaltespeichern nochmals unter Anwesenheit der BürgerInnenvertreter evaluieren“, teilt Track mit.

Die Tiroler Landesregierung plane den strategischen Ausbau der nachhaltigen Energiegewinnung aus Wasserkraft. „Neue Kraftwerksspeicher müssen auch für Hochwasserschutz ausgelegt werden, um die notwendige Retention im Inntal zu verringern. Dass das Zurückhalten von Wasser in den Seitentälern des Inns sinnvoll ist, wird von den Experten des Landes bestätigt“, so Track. Das Wasserbauamt werde die von der Energiewirtschaft bereits untersuchten möglichen neuen Standorte hinsichtlich Auswirkungen auf die Hochwassersituation am Inn untersuchen und prüfen, ob dadurch weniger Wasserrückhalt im Inntal erforderlich wird.

„Menschen, Umwelt und unseren Lebensraum im Inntal zu schützen hat bei der Landesregierung keine Priorität – geschützt werden sollen offensichtlich nur die Seitentäler vor den notwendigen Wasserspeichern“, meint man bei der Hochwasserschutzinitiative.

Die geplanten Dämme des Überflutungsbecken zwischen Radfeld und Kundl seien insgesamt 18 km lang und bis zu 8 m hoch. „Wertvolles Kulturland wird vernichtet und nach Überflutung für längere Zeit unbrauchbar gemacht. Die Grundeigentümer wehren sich dagegen und wollen alle Rechtsmittel ausschöpfen. Diese Verfahren werden Jahre dauern, ebenso wie die Bauzeit für die riesigen Dammanlagen“, sehen die Betroffenen einem langwierigen Rechtsstreit entgegen und fordern, dass der nötige Dammbau in Wörgl rasch erfolgen soll. „Nicht alle unsere Fragen konnten beim ersten Treffen mit den Fachleuten behandelt werden. Wir werden über die Ergebnisse der weiteren Diskussionen, auch mit den verantwortlichen Politikern, berichten“, teilt die Hochwasserschutz-Initiative Wörgl mit.