Die Ankündigung des Wörgler Bürgermeisters, statt einer ganzjährigen Schwimmlösung in Wörgl mangels ausreichender Landessubvention nur ein Freibad samt Sauna zu errichten, stößt auf harsche Kritik bei anderen Gemeinderatsfraktionen. In Pressekonferenzen teilten die Liste „Wir für Wörgl – Roland Ponholzer“ sowie die Wörgler Grünen ihre Vorstellungen zur Wörgler Schwimmbadzukunft vor.
„Unsere Stadtführung wählte leider von Beginn an die falsche Strategie und eine katastrophale Kommunikationspolitik. Mitglieder der Landesregierung oder des Bäderbeirates öffentlich anzupatzen bringt niemanden weiter“, erklärt Vizebgm. Roland Ponholzer am 29. Jänner 2025 bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit den WfW-Gemeinderätinnen Patricia Kofler und Astrid Rieser sowie Gemeinderat Walter Altmann, der bei dieser Gelegenheit ankündigte, künftig der WfW-Fraktion angehören zu wollen.
Riedhart halte seit 2023 eine „teuer bezahlte Studie in Händen, die er uns Gemeinderäten nie offiziell vorgestellt hat“, so Ponholzer. Die bisherigen Ankündigungen des Bürgermeisters würden sich nun als „reine Politshow“ herausstellen. Ponholzer kritisiert die „unprofessionelle Projektleitung“ durch Bgm. Riedhart ebenso wie die teuren Auslandsreisen für Schwimmbadbesichtigungen und den bereits abgeschlossenen Baurechtsvertrag, der Wörgls Budget beim Schwimmbadbau mit 25.000 Euro monatlich und wertgesichert über 100 Jahre ab Erteilung einer Baubewilligung am Scheiberfeld (dem anvisierten neuen Schwimmbad-Standort) belasten wird.
„Nicht einmal eine offizielle Projekteinreichung seitens der Stadt Wörgl beim Land Tirol hat es gegeben“, sieht Ponholzer als Manko gegenüber Mitbewerbern um die Mittel aus dem Tiroler Bädertopf und nennt Axams als Vorbild: „In Axams wurde ein Projekt um 30 Millionen Euro für Neubau und Adaption im November 2024 beschlossen und die Umlandgemeinden bei der Finanzierung eingebunden.“ In Wörgl müsse eine ganzjährige Bäderlösung auch in diesem Kostenrahmen möglich sein. Ponholzer könne sich eine Zusammenarbeit mit den Planern des dortigen Projektes sowie darüber hinaus auch beim Bäderbetrieb vorstellen.
„In Wörgl wäre die bestehende Substanz beim Wave nutzbar“, so Ponholzer, der dafür eine neuerliche „sachverständige Bewertung“ vorschlägt, die klären soll, welche Bau- und Anlagenteile vom WAVE (insgesamt rund 30.000 Quadratmeter Fläche) noch verwertbar sind. Etwa der bereits vorhandene Parkplatz, aber auch Gebäude. Ponholzer: „Beton wird nicht kaputt. Es ist intakte Bausubstanz in Millionenhöhe vorhanden.“ Nach Festlegung, was noch nutzbar ist, sollen die tatsächlichen Kosten von Bauteilsanierungen durch neutrale, objektive Sachverständige, die in Zusammenarbeit mit dem Land Tirol namhaft gemacht werden, erhoben werden.
Der WfW-Vorschlag beinhaltet ein Sport-Innenbecken mit 6 25-Meter-Bahnen, eine Sauna im Bathai, ein Freibad und ev. ein kleineres Becken für Therapie-Anwendungen. Weitere bestehende Gebäudeteile könnten andere Nachnutzungen erfahren. Die kolportierten Baukosten von 45 bis 70 Millionen seien dafür nicht nötig. Sollte eine Wave-Nachnutzung nach erfolgter Prüfung nicht möglich sein, solle alternativ mit dem Bund über eine Hallenbad-Lösung beim Bundesschulzentrum verhandelt werden.
„Ein Freibad ist keine alternative Lösung!“ so Ponholzer, der sich zum Thema „eine Volksbefragung vorstellen kann.“ Wörgl brauche ein ganzjähriges Schwimmbad. Was den nun anvisierten neuen Standort an der Federer Straße betrifft, zweifelt Ponholzer an, dass dieser aufgrund seiner Lage im Wohngebiet und der mit einem Freibad einhergehenden Lärmbelastung überhaupt die erforderliche Genehmigung erhalte. Beim Wave-Standort hingegen würden bereits alle Genehmigungen vorliegen.
„Das jetzt gescheiterte Regionalbad war schon immer ein Luftschloss“, meint GR Patricia Kofler, die dafür plädiert, die Nachnutzung des WAVE-Areals „endlich anzugehen! Das brach liegen zu lassen ist Steuergeld-Vernichtung.“ Was die Nachnutzung angeht, „war unser Wunsch schon einmal ein multifunktionaler Veranstaltungssaal.“ „Jetzt haben wir schon fünf Jahre kein Schwimmbad mehr“, meint WfW-GR Astrid Rieser und bedauert, dass damit keine Kurse mehr für Kinder und Senioren stattfinden.
„Bei der Liste Riedhart war im Wahlkampf die Wiedereröffnung des Wave ein zentrales Thema. Ich bin froh, dass ich nicht mehr zu dieser Fraktion gehöre“, erklärt Gemeinderat Walter Altmann, der nun „ein Kartenhaus der Unwahrheiten“ einstürzen sieht und künftig mit der Liste Wir für Wörgl – Roland Ponholzer zusammenarbeiten will.
Riedhart wird „ein Alleingang“ vorgeworfen. „Zwei Jahre war alles kein Problem – und jetzt sind andere schuld“, sagt Ponholzer und stellt hinsichtlich der möglichen Landesförderung klar: „Für den Neubau von Freibädern gibt es kein Geld vom Land.“ Und was der Tourismusverband beisteuere, sei ebenfalls noch unklar. Als „Vorschlag zur Güte“ biete man dem Bürgermeister an, „fraktionsübergreifend, mit Axams und mit dem Land Tirol zusammenzuarbeiten, um die Kuh vom Eis zu bringen. Es wäre schade um die Substanz beim Wave“, so Ponholzer. Das WAVE belastet Wörgls Stadtbudget noch über das Jahrzehnt hinaus bis 2032 mit jährlichen Kosten von rund 1,5 Millionen Euro.
Grüne beharren auf ganzjähriger Hallenbad-Lösung
Ideen für ein Modell zur Rettung der Tiroler Schwimmbäder und zur Lage in Wörgl präsentierten die Grüne Landtagsabgeordnete und Gesundheitssprecherin Petra Wohlfahrtstätter und Wörgls Grün-Gemeinderätin Iris Kahn am 30. Jänner 2024 im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz.
„Schwimmenlernen ist kein Luxus, sondern Daseinsvorsorge – und diese sollte sich ein reiches Land wie Tirol leisten können“, betont Petra Wohlfahrtstätter, die die Bedeutung des Schwimmsportes aus der therapeutischen Arbeit mit Kindern kennt. Schulschwimmen stehe aus gutem Grund ganzjährig am Lehrplan und solle nicht durch zu lange Anfahrtswege zu Bädern unter die Räder kommen. Hallenbäder seien „Basisinfrastruktur“, die durch die Nutzung erneuerbarer Energie künftig kostengünstiger sei. „Ertrinken ist eine der häufigsten Ursachen bei Kleinkindern“, weist auch Kahn auf die Bedeutung des Schwimmens hin.
Um diese Basisinfrastruktur nachhaltig zu schaffen und zu erhalten, schlugen die Grünen die „Erstellung einer Bäder-Raumordnung anhand von Einwohnerzahlen und Schulstandorten“ vor. Wohlfahrtstätter: „Die Bäderstudie des Landes hat sich an diesen Vorschlag angelehnt.“ Ziel sei die Festlegung von Standorten ebenso wie Festlegungen zur interkommunalen Finanzierung. „Beim Projekt in Axams haben sechs Gemeinden beschlossen, nach einem Einwohnerschlüssel 25 Jahre lang zur Finanzierung beizutragen.“
Dabei gehe es nicht um Wellness-Tempel in Tourismusregionen und Seitentälern, sondern um funktionale Hallenbäder für Kinder und Senioren im Zentralraum, wobei die Bäderstudie bereits drei Standorte ausgemacht habe – neben Axams im Oberland den Raum Imst/Landeck und im Unterland den Raum Wörgl/Kufstein. „Im Bezirk Kufstein erreichen zwei Drittel der Schulen kein Schwimmbad unter 20 Minuten Fahrzeit“, so Wohlfahrtstätter, die für eine Verdoppelung der jetzt im Bäderfonds in Aussicht gestellten 75 Millionen bis 2030 eintritt – es wäre „Aufgabe des Bäderbeirates, weitere Mittel für die drei favorisierten Standorte aufzutreiben. Mit den jetzt zugesagten Mitteln ist es nicht getan.“
Die interkommunale Förderung solle mittels „Schwimmbad-Euro“ sichergestellt werden. Darunter verstehe man eine verpflichtende Gemeinde übergreifende Finanzierung, die vom Land festgesetzt werden soll. Bei Struktur-schwachen Kleingemeinden solle das Land unterstützen. Wohlfahrtstätter lässt die Weigerung der Touristiker zum Bäderfonds beizutragen nicht gelten: „Tirol hat die höchsten Lebenshaltungskosten. Und da wurde der Bevölkerung immer versprochen, sie könne von der Infrastruktur profitieren – aber die Hallenbäder verschwinden. 15 Millionen pro Jahr aus dem Bädertopf sind ein Tropfen auf den heißen Stein – damit ist kein einziges Projekt abgesichert.“ Wohlfahrtstätter sieht Hallenbäder als Basis für ganzjährigen Gesundheitssport und sozialen Treffpunkt. Mit den 120 Millionen Euro im Tourismusförderungsfonds soll auch dort mitfinanziert werden, wo weniger Gäste sind.
„Wörgl braucht eine ganzjährige Schwimmbadlösung“, ist Grün-GR Iris Kahn überzeugt und erinnert daran, dass auch Bgm. Riedhart das im Wahlkampf noch versprochen habe. Kahn ärgern „die hohen, nicht zu rechtfertigenden Kosten im Vorfeld durch Bäderbesichtigungstouren quer durch Europa und die Beauftragung mehrerer Planungsbüros für verschiedene Schwimmbadvarianten“ ebenso wie die „unprofessionelle Herangehensweise des Bürgermeisters, die zum Scheitern des Regionalbad-Projektes in Wörgl beiträgt – sowohl in Bezug auf die Kontakte zum Landeshauptmann als auch zu Nachbargemeinden.“
„Schon vor der Bäderstudie war klar, dass wir nicht so viel Geld vom Land bekommen, dass sich der Neubau ausgeht“, so Kahn, die ebenfalls bemängelt, dass dem Landeshauptmann eine „Varianten-Mappe vorgelegt wurde, die der Gemeinderat nicht hat.“ Kahn wirft der Stadtführung eigenmächtiges Handeln vor, indem nun der Bau eines Freibades angekündigt wird. „Ohne finanzielle Unterstützung des Landes würde das der Stadt Wörgl den Ruin bescheren“, ist Kahn überzeugt und meint: „Freibäder haben wir in der Umgebung schon genug.“
Kahn weist auf den Prüfbericht des Landes Tirol vom Juni 2024 hin, der einen sofortigen Investitionsstopp fordert. Kritisch sieht sie auch die 2,55 Millionen Euro Haftung für das Bäderprojekt, die der Gemeinderat im Budget 2025 mehrheitlich beschlossen hat: „Das muss vom Land freigegeben werden, was angesichts des Prüfberichtes wohl nicht passieren wird.“
Was den Schwimmbadneubau angeht, seien 13,5 Millionen Euro Landessubvention bei Schwimmbad-Baukosten von rund 50 Millionen Euro zu wenig. Zu den Kreditrückzahlungen seien die jährlichen Baurechtskosten von 250.000 Euro sowie Betriebskosten von 250.000 Euro hinzu zu rechnen – bei einem Freibad würden diese für wenige Wochen im Jahr fällig. Kahn: „Jetzt stehen wir vor einem Scherbenhaufen – zu wenig Geld vom Land und ein unprofessioneller Bürgermeister. Wenn dieser es nicht schafft, eine Struktur mit Einbeziehung der Umlandgemeinden zu schaffen, dann soll das vom Land übernommen werden.“ Mit den hohen Freibadkosten könne man „100.000 Taxifahrten ins Strandbad Kirchbichl bezahlen.“ Da wäre ein Bäderbus noch vernünftiger als ein Freibad-Neubau.
Ein Freibad ist für die Wörgler Grünen keine Option. Und was den vom Bürgermeister angestrebten Standort am Scheiberfeld betrifft, hegt Kahn auch Bedenken: „Bei ersten archäologischen Grabungen wurden Kohlenstoffablagerungen entdeckt. Wenn Ausgrabungen am gesamten Areal erforderlich werden, ist das teuer und dauert lange.“
Die Wörgler Bevölkerung wird wohl noch jahrelang auf ein öffentliches Schwimmbad warten. Senioren-, Kinder- und Babyschwimmkurse könnten eventuell auch in Absprache mit touristischen Hallenbädern in Nachbargemeinden durchgeführt werden. „Das könnte ja der Bürgermeister organisieren“, meint Petra Wohlfahrtstätter.