Stadt will Alte Musikschule veräußern

Geteilt sind die Meinungen im Wörgler Gemeinderat, wenn es um die Nachnutzung des alten, denkmalgeschützten Musikschulgebäudes neben der Stadtpfarrkirche geht. Ein Vorschlag der Wörgler Grünen, das Haus im Eigentum der Stadt zu belassen und Kulturvereinen als „Haus der Kultur“ zur Verfügung zu stellen, stieß bereits im September auf breite Ablehnung. Am 5. November 2020 wollte die Stadtführung die Nachnutzung im vertraulichen Teil der Gemeinderatsitzung besprechen, erhielt dafür aber nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit – und damit wurde öffentlich, allerdings ohne Nennung von Zahlen, über die Zukunft des historischen Gebäudes verhandelt.

Mit Übersiedelung der Musikschule steht ein Großteil des Gebäudes nun leer. Als Vorgaben für eine Nachnutzung nannte Bgm. Hedi Wechner eine mögliche Nutzung des angrenzenden Stadtplatzes und eine geringe Budgetbelastung. Der Aufwand für die Sanierung sei gutachterlich mit „mehreren Millionen Euro“ angegeben worden.

Das nun ausgearbeitete Nachnutzungskonzept sehe „einen Verkauf und ein grundbücherlich eingetragenes Fruchtgenussrecht für die Gemeinde für eine öffentliche Fläche von 500 Quadratmetern plus/minus 5 %“ vor. Die öffentlichen Flächen sollen das Heimatmuseum, das Stadtarchiv, einen Mehrzweckraum, einen Raum für Gesang & Orchester umfassen, bestehen bleiben soll auch die Traffo-Station der Stadtwerke. Der größere Anteil der nutzbaren Fläche im Ausmaß von rund 58 % soll als Kirchenwirt mit Gastronomiebetrieb genützt werden, da durch das geplante Investorenprojekt nördlich der Kirche Gasthäuser verschwinden. Der vorgelegte Vorschlag sieht vor, dass die Sanierung 12 bis maximal 24 Monate dauern soll und die Flächen danach der Stadt zur Verfügung gestellt werden. Die Instandhaltung der Flächen solle künftig gemeinsam von Stadt und privatem Eigentümer getragen werden. Der Beschlussvorschlag für den Gemeinderat sah eine „Veräußerung“ mit „öffentlicher Kundmachung“ vor, dass „Kaufangebote bis 29. November 2020“ vorgelegt werden können.

Grün-GR Richard Götz warf der Stadtführung Intransparenz vor und erinnerte an diverse Anfragen der Grünen betreffend Verkauf, die wiederholt „dezidiert verneint wurden, während ein Investor schon  komplette Pläne vorlegte“. Götz erinnerte daran, dass ursprünglich auch das Unterguggenberger Institut im Gebäude vorgesehen war und dieses nicht vom Heimatmuseum getrennt werden sollte. Bgm. Hedi Wechner räumte ein, dass das Unterguggenberger Institut ursprünglich eingeplant war, sich dafür „mittlerweile unter Umständen etwas anderes ergeben“ könne.

Götz kritisierte, dass dem Antrag keine Gutachten beigefügt wurden und bezeichnete die Frist von 3 Wochen für Angebotslegung als „absolut unseriös. Das Angebot ist auf einen Käufer zugeschnitten! Wer kann in drei Wochen sonst begutachten und planen, was man mit dem Gebäude machen kann?“ Beim Verkauf einer stadteigenen Liegenschaft „wäre es das Mindeste, dass ein Ausschuss damit befasst wird. Das ist nicht seriös“, so Götz.

Gemeinderat Andreas Schmidt befasst sich seit 2018 mit dem Nachnutzungskonzept und gab Auskunft über die Gutachter und Grundlagen zur Kostenermittlung, die sich u.a. aus Umbau-Plänen von 2014 stützen. Zur „Erhaltung des Gebäudes mit erträglicher Budgetbelastung“ sei ein „möglicher Projektpartner“ einbezogen worden. Für weitere Schritte müsse der Gemeinderat mit einem Grundsatzbeschluss entscheiden, ob „die Stadt das Gebäude mit Nutzungsrecht veräußern will“.

FWL-Gemeinderat Christian Huter wollte, dass bei der Ausschreibung „nicht der Meistbieter, sondern der Bestbieter“ zum Zug kommen soll und wollte wissen, ob im Fall einer Ausschreibung der Verkauf dann zwingend sei. Was Bgm. Hedi Wechner verneinte.

„Die Ausschreibungsfrist ist nicht angemessen aufgrund des Umfanges“, stellte GR Michael Riedhart von der Jungen Wörgler Liste fest und stellte einen Abänderungsantrag auf Ausweitung der Frist bis 28. Februar 2021, „damit Investoren die Möglichkeit haben, sich damit zu befassen“. Der Antrag erhielt aber keine Mehrheit (6 Ja- bei 15 Nein-Stimmen).

Der Antrag auf Veräußerung des Gebäudes wurde mit 13 Ja-Stimmen bei zwei Gegenstimmen und sechs Enthaltungen beschlossen.

Alte Musikschule November 2020. Foto: Veronika Spielbichler

Der Wörgler Gemeinderat beschloss am 5. November 2020 mehrheitlich die Veräußerung des alten Musikschulgebäudes, Angebote können bis 29. November 2020 gelegt werden.

Wörgler Grüne: „Stadtregierung verscherbelt Familiensilber“

Mit einer Presseaussendung melden sich am 9. November 2020 die Wörgler Grünen zum Mehrheitsbeschluss im Gemeinderat zur Veräußerung des alten Musikschulgebäudes zu Wort. „Obwohl viele Wörgler Kultureinrichtungen und -vereine erheblichen Platzbedarf hätten, haben sich die Liste der Bürgermeisterin sowie die der Wörgler FPÖ gegen die Stimmen der Opposition für einen Verkauf der ´Musikschule alt` entschieden“, kritisiert GR Richard Götz.

„Dass der Bürgermeisterin bei dieser Aktion nicht ganz wohl war, konnte man schon allein an der Tatsache erkennen, dass sie den Verkauf im vertraulichen Teil der Gemeinderatssitzung, also hinter verschlossen Türen, abwickeln wollte. Nicht ganz wohl deshalb, weil die Gemeindeführung schon seit 2018 mit einem Investor Gespräche führte und auf dessen Angebot hin die Ausschreibung zum Verkauf nun offensichtlich zugeschnitten wurde. Diese Vorgehensweise ist ein Lehrbeispiel für Intransparenz und Entscheidungen ohne Fachexpertise. Keines der von der Stadtregierung zugesagten Gutachten und Konzepte für eine anderweitige Nutzung konnten vorgelegt werden. Ein weiterer Skandal zum Schaden von uns Bürgerinnen und Bürger“, erklärt   Götz. Hinzu komme, „dass die Anbotslegung mit nur drei Wochen festgelegt wurde. Das ist mehr als unseriös und zeigt, dass die Bürgermeisterin gar nicht an einer Debatte über die Nutzung des denkmalgeschützten Hauses für die Wörgler Kulturvereine interessiert ist.“

Durch diesen Beschluss werde die einmalige Chance, viele wichtige Wörgler Kultureinrichtungen an einem gemeinsamen, zentralen Ort unterzubringen, für immer vertan. Was aber vielleicht noch schwerer wiege, sei die Intransparenz, die die Bürgermeisterin in dieser Causa an den Tag gelegt habe und die vermutliche Absprache mit dem Investor, die noch vor wenigen Wochen dementiert wurde. „Anstatt, wie es andere Gemeinden und Städte vorzeigen, Grund und Liegenschaften für zukünftige Aufgaben zu kaufen, geht Wörgl den verkehrten, sehr kurzsichtig gedachten Weg des Verscherbelns der wenigen noch vorhandenen, städtischen Immobilien“, kritisieren die Wörgler Grünen.