Noch rechtzeitig vor Weihnachten wurde die neu errichtete Dalln-Kapelle in der Wildschönauer Straße in Wörgl fertiggestellt und am 20. Dezember 2024 mit einem kleinen Festakt feierlich eröffnet. Während das Gebäude ein Nachbau der 1889/1890 errichteten und im Zuge eines Wohnbauprojektes abgerissene Kapelle ist, erhielt der Innenraum als Gedenkstätte an den Wörgler Krippenvater Johann Seisl eine neue Ausstattung, zu der auch die Wörgler „Seisl-Museumskrippe“ zählt.
Die Ausschmückung der neuen Kapelle, die vom Straßenrand weg etwas weiter südlich im 90 Grad-Winkel versetzt nach den ursprünglichen Maßen von Markus Grud´s Wohnbauunternehmen „Wealth & Living“ gebaut wurde, übernahm Hans-Peter Gruber vom Verein der Wörgler Krippeler. Seine Verehrung für den Volkskünstler, Schnitzer und Krippenbauer Johann Seisl brachte er bereits 1993 bei der Organisation einer großen Gedenkausstellung samt Publikation über Seisls Biografie sowie in der jahrzehntelangen Betreuung der drei Wörgler Seisl-Krippen gemeinsam mit dem Krippenverein zum Ausdruck.
Johann Seisls Lebensgeschichte findet sich jetzt auf den Kapellenwänden. Er kam 1861 als eines von 13 Kindern der „Dallnbauern-Familie“ zur Welt, erlernte den Gärtner-Beruf und war dann jahrelang Leiter des Wörgler E-Werkes. Seisl engagierte sich vielfach im Dorfleben, war Gründungsmitglied der Wörgler Feuerwehr, 26 Jahre Obmann des katholischen Arbeitervereines und leidenschaftlicher Schnitzer. Als klar war, dass sein jüngerer Bruder den elterlichen Bauernhof übernahm, errichtete Vater Seisl für Johann dessen später als „Künstlerheim“ bekanntes Wohnhaus und daneben 1889 die Dalln-Kapelle, die Sohn Johann als Lourdes-Kapelle ausstattete.
Johann Seisl unternahm 1901 und 1906 Reisen ins Heilige Land, die seine künstlerische Arbeit wesentlich prägten – er spezialisierte sich auf die Anfertigung orientalischer Krippen und war 1909 das 1. Gründungsmitglied des landesweiten Vereines der Krippenfreunde. Seisl engagierte sich in der Gemeinde ebenso wie in der Pfarre, entwarf das Wörgler Wappen, war Ehrenbürger, erhielt eine hohe päpstliche Auszeichnung und einen Straßennamen in Wörgl. „Ich habe Seisls Kreativität, sein Können und seine soziale Einstellung immer bewundert“, betonte Gruber, der sich eingehend mit Seisls Leben und Werk beschäftigt und viele seiner Krippen restauriert hat.
So auch die jetzt in der neuen Dalln-Kapelle aufgestellte Weihnachtskrippe, die Johann Seisl 1931 als eine der letzten seiner Krippen für die Wörgler Spitalskirche geschaffen hat. Bei der Schließung des Wörgler Krankenhauses erreichte der Krippenverein in zähen Verhandlungen, dass die Krippe in Wörgl blieb. Bis 2021 war das kunsthandwerkliche Kleinod im Heimatmuseum ausgestellt. Jetzt dominiert sie im Altarraum der Dalln-Kapelle den Raum, der mit weiteren Erinnerungs-Stücken an Seisl sowie einer vom Ebbser Pfarrer Hans Kurz gestifteten Holzfigur ausgekleidet wurde.
Zur Realisierung des Kapellenprojektes trugen private Sponsoren wie Gertrude und Ernst Hofmann, Burkhard Brunner und die SpenderInnen der Dachbalken des Dalln-Hofes Maria Steiner, Christine Wiesinger und Johann Strasser sowie die Stadtgemeinde u.a. mit der Vorplatz-Gestaltung, mit Stadtwerke- und Bauhofleistungen bei. Bürgermeister Michael Riedhart dankte allen an der Umsetzung Beteiligten und damit auch den bauausführenden Firmen – Architekt DI Kurt Schlierenzauer, Riederbau, Farthofer, Elektro Zobl und Haaser & Haaser für die Folierung.
Durch eine Leitungs-Beschädigung bei der Zufahrt zum Wörgler Bach, die für die Wildbachverbauung samt Fahrweg entlang des Ufers freizuhalten ist, verzögerten sich die Bauarbeiten – die Arbeiten zur Vorplatzgestaltung sind erst teilweise abgeschlossen, Ruhebänke folgen noch.
Und so ist auch die Kapellen-Einweihung noch nicht ganz abgeschlossen, denn Pfarrprovisor Christian Hauser segnete lediglich die Krippe und die Holzskulptur von Jesus am Kreuz, nicht aber die ganze Kapelle. „Die Einweihung findet am 28. März 2025 ab 16:00 Uhr durch den Erzbischof statt“, kündigte Hauser an und erinnerte an die Bedeutung des Wortes Kapelle, das aus dem Lateinischen stammt: „Es bedeutet Mantel, Umhang. Kapellen sind besondere Orte des Schutzes, der Nächstenliebe und Hoffnung“, so Hauser, der in seinen Segen alle Anwesenden einschloss.
Mit der neuen Dalln-Kapelle, die der Stadtgemeinde Wörgl gehört, besteht nun „ein Ruheplatz, den Seisl sich verdient hat“ – wie Hans-Peter Gruber betonte. Und Bürgermeister Riedhart freut sich, dass die Kapelle als offener, gut erreichbarer Ort nicht nur an Feiertagen zur Einkehr Raum und mit der reparierten Sitzbank aus der alten Kapelle auch Platz zum Ausruhen bietet. Nach dem Vorbild der alten wurde die neue Holztüre gefertigt und die restaurierten Lourdes-Figuren stellt die Stadtgemeinde der Pfarre als Leihgabe zur Verfügung.